Freitag, der 13. April 2029Asteroid Apophis verpasst Erde knapp, Mission Ramses läuft die Zeit davon
Der 375 Meter grosse Brocken wird in 32’000 Kilometern Höhe an unserem Planeten vorbeirauschen. Lässt sich ein Asteroid dieser Grösse im Ernstfall ablenken?
- Der Asteroid Apophis wird am 13. April 2029 in 32’000 Kilometern Abstand die Erde passieren.
- Die ESA plant die Raumsonde Ramses, um den Vorbeiflug von Apophis zu beobachten.
- Ramses soll wertvolle Daten zur Beschaffenheit von Asteroiden liefern.
- Die Daten sind wichtig für die künftige Ablenkung bedrohlicher Asteroiden.
- Die Finanzierung und die rechtzeitige Fertigstellung von Ramses stellen eine grosse Herausforderung dar.
Ein Asteroid, der sich der Erde an einem Freitag, dem 13., nähert? Für einmal ist das sogar ein doppelter Glücksfall. Erstens wird der Asteroid Apophis die Erde am Freitag, dem 13. April 2029, nicht treffen, sondern nur unglaublich knapp an ihr vorbeirauschen: in einer Entfernung von 32’000 Kilometern über der Erdoberfläche, näher als die geostationären Satelliten. Rund zwei Milliarden Menschen auf der Erde werden ihn für kurze Zeit mit blossem Auge sehen können, auch von Europa aus.
Ein Glücksfall ist der Vorbeiflug des rund 375 Meter grossen Apophis auch für die Astronomie. Denn die Schwerkraft der Erde wird den Asteroiden leicht verformen, was Rückschlüsse auf seine Beschaffenheit zulässt – wichtige Informationen für den Fall, dass ein ähnlicher Asteroid tatsächlich einmal auf die Erde zusteuert und abgelenkt werden muss.
Der nahe Vorbeiflug von Apophis ist ein auf menschlichen Zeitskalen äusserst seltenes Ereignis. Die Forschenden gehen davon aus, dass ein Objekt von der Grösse von Apophis der Erde nur alle 5000 bis 10’000 Jahre so nahe kommt.
Daher möchte sich die Europäische Raumfahrtorganisation (ESA) den Besuch des Asteroiden nicht entgehen lassen und plant in aller Eile die Raumsonde Ramses (Rapid Apophis Mission for Space Safety). Ramses soll Apophis während des Vorbeiflugs begleiten und beobachten.
In verschiedener Hinsicht bedeutende Mission
«Die Ramses-Mission ist in verschiedener Hinsicht bedeutend», sagt Martin Jutzi von der Abteilung für Weltraumforschung und Planetologie der Universität Bern, der unter anderem die Eigenschaften von Asteroiden erforscht, etwa in Zusammenhang mit dem gezielten Einschlag von Raumsonden. «Der Vorbeiflug von Apophis so nahe an der Erde präsentiert eine einmalige Gelegenheit, mögliche Effekte auf der Oberfläche des Asteroiden als Folge der gravitationellen Wechselwirkung mit der Erde, also der Gezeitenkräfte, zu studieren. Dies ermöglicht wertvolle Rückschlüsse auf die mechanischen Eigenschaften solcher Objekte.»
Denn die starken Gezeitenkräfte der Erde werden Apophis dehnen und quetschen. Das dürfte Erdrutsche, Beben und andere Veränderungen auslösen und wohl auch Material zum Vorschein bringen, das derzeit unter der Oberfläche verborgen ist.
«Dies zu beobachten, ist wichtig, weil wir eine bessere Statistik von den Eigenschaften solcher Körper benötigen», sagt Jutzi. Denn die mechanischen Eigenschaften, zum Beispiel der innere Zusammenhalt des Asteroiden, dessen Struktur und Porosität haben einen grossen Einfluss darauf, wie solche Himmelskörper effizient durch einen Einschlag abgelenkt werden können. «Die Informationen, die Ramses liefern soll, sind auch wertvoll, um die Entstehung und Entwicklung von Asteroiden zu verstehen», sagt Jutzi. Denn Asteroiden sind quasi Zeitkapseln mit Informationen aus der Frühgeschichte des Sonnensystems.
Ablenkung eines Asteroiden ist möglich
Dass die Ablenkung eines Asteroiden möglich ist, hat der Asteroiden-Impaktor Dart (Double Asteroid Redirection Test) der US-Weltraumbehörde Nasa gezeigt. Die im November 2021 gestartete Raumsonde schlug am 26. September 2022 auf Dimorphos ein, dem kleineren Partner des Doppel-Asteroidensystems Didymos. Die am 7. Oktober gestartete Folgemission Hera der ESA soll im Dezember 2026 bei Didymos ankommen und die veränderte Bahn von Dimorphos genau vermessen. Auch den Einschlagkrater, die Oberfläche und die Zusammensetzung der beiden Asteroiden soll Hera analysieren.
Bei Apophis läuft der ESA allerdings die Zeit davon. Ramses muss bereits Anfang 2028 starten, damit die Raumsonde im Februar 2029, zwei Monate vor der Annäherung, bei dem Asteroiden eintreffen kann – es muss also schnell gehen, denn noch existiert Ramses nur auf dem Papier. «Weder die definitive Auswahl der Instrumente noch die Zusammensetzung des Teams aus Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern steht fest», sagt Jutzi. «Es ist daher auch noch nicht klar, ob ein Schweizer Team bei Ramses mitwirken wird.»
Es ist sogar noch nicht einmal entschieden, ob die Mission überhaupt in vollem Umfang durchgeführt wird. Diese Entscheidung wird erst auf der ESA-Ministerratstagung im November 2025 getroffen – zu spät, um die Mission rechtzeitig auf die Beine zu stellen.
63-Millionen-Auftrag für italienisches Raumfahrtunternehmen
Daher hat die ESA bereits im Juli Gelder für vorbereitende Arbeiten freigegeben. Und am 17. Oktober unterzeichnete Josef Aschbacher, Generaldirektor der ESA, einen 63-Millionen-Vertrag mit dem Luft- und Raumfahrtunternehmen OHB Italia. «Die Mittel werden verwendet, um den Beschaffungsprozess für bestimmte zeitkritische oder langwierige Ausrüstungsgegenstände einzuleiten und die Gesamtkonzeption des Raumfahrzeugs unter Berücksichtigung der derzeit diskutierten Möglichkeiten der internationalen Zusammenarbeit abzuschliessen», heisst es in einer Mitteilung.
Der kleine Zeitrahmen für die Konzeption und den Bau von Ramses ist allerdings auch ein willkommener Test für die ESA. «Ramses wird zeigen, dass die Menschheit in der Lage ist, innerhalb weniger Jahre eine Aufklärungsmission zum Rendez-vous mit einem eintreffenden Asteroiden zu starten», sagt Richard Moissl, Leiter des ESA-Büros für planetare Verteidigung. Auch im Ernstfall würde zunächst eine Aufklärungsmission gestartet, um die Umlaufbahn und die Struktur des eintreffenden Asteroiden zu analysieren.
Wenn es definitiv klappt mit der Finanzierung, ist laut Jutzi die grösste Herausforderung, Ramses rechtzeitig fertigzustellen. «Der Apophis-Vorbeiflug findet 2029 statt, egal ob die Raumsonde bereit ist oder nicht», sagt Jutzi. Die Raumsonde Hera habe aber gezeigt, dass es möglich sei, eine Asteroiden-Mission unter Zeitdruck und mit einem limitierten Budget erfolgreich zu starten. «Das Ziel ist es, dies mit Ramses zu wiederholen und diese Art von Mission zu etablieren.»
Apophis wird 2036 erneut an der Erde vorbeifliegen. Ursprünglich wurde befürchtet, es könnte dann sogar zu einem Einschlag kommen. Aber die Menschheit hat erneut Glück: 2021 haben neue Bahnmessungen gezeigt, dass Apophis für mindestens die nächsten 100 Jahre nicht mit unserem Planeten kollidieren wird.
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