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Meinung

Kommentar zum Blatter-Platini-Prozess
Es ist zum Fremdschämen

Sepp Blatter vor dem Gericht in Bellinzona. (8. Juni 2022) 
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Wo rund um dem Globus gibt es so etwas sonst noch? Diese Woche musste beim Prozess gegen Sepp Blatter und Michel Platini vor dem Bundesstrafgericht ein Richter ebendieses Gerichts als Zeuge aussagen. Zudem war dieser Richter-Zeuge jahrelang Staatsanwalt. Und jetzt ist er auch noch Beschuldigter in einem verwandten Strafverfahren.  

In der Person von Olivier Thormann zeigt die Schweizer Justiz ein Problem: die mangelnde Rollentrennung. Thormann persönlich hatte 2015 noch als Abteilungsleiter bei der Bundesanwaltschaft Strafverfahren gegen korrupte Fussball-Funktionäre und auch eines gegen den damaligen Fifa-Präsidenten Sepp Blatter eröffnet. Dann hatte er bei der Strafverfolgungsbehörde einen unrühmlichen Abgang – nach Nachtessen mit dem Fifa-Chefjuristen und Teilnahme an einem der Geheimtreffen mit Bundesanwalt Michael Lauber und Gianni Infantino. Wenig später wählte ihn die Vereinigte Bundesversammlung nichtsdestotrotz zum Bundesstrafrichter. Und nun hat man den Schlamassel: Wegen Geheimtreffen läuft gegen den Richter ein Strafverfahren. 

Die Schweizer Justiz hinterlässt in der Weltöffentlichkeit einen blamablen Eindruck.

Dass sich Sepp Blatter und sein Mitbeschuldigter Michel Platini in einem Rechtssystem, in dem so etwas möglich ist, nicht gerecht behandelt fühlen, lässt sich gut nachvollziehen. Und ebenso, dass viele Journalisten eine Verschwörung der Bundesanwaltschaft mit der aktuellen Fifa-Chefetage wittern – auch wenn sich ihre steilsten Thesen diese Woche im Gerichtssaal nicht erhärteten. 

Das Bundesstrafgericht kann im Prozess gegen Blatter und Platini noch so um Wahrheitsfindung und Fairness bemüht sein – die Schweizer Justiz hinterlässt in der Weltöffentlichkeit einen blamablen Eindruck. Damit dieser Eindruck irgendwann verschwindet, bräuchte es eins: ein Bewusstsein, dass Gerichte wirklich unabhängig sein müssen, keine Geheimtreffen und weniger Klüngelei.