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Dokumentarfilm auf ARD
Es brauchte ein Dutzend Anläufe, um Leonora vom IS zu befreien

Leonora Messing kam im Januar 2021 zurück in die 200-Seelen-Gemeinde Breitenbach in Sachsen-Anhalt. 
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«Islam war dann so Trend», sagt Leonora Messing über die Zeit, bevor sie Deutschland verliess, um sich der terroristischen Bewegung des Islamischen Staats anzuschliessen. Ihrem Vater Maik, der sich von seiner Ehefrau schon früh getrennt hatte, erzählte sie nichts. Nur ihrem Tagebuch vertraute sich die junge Frau an, die auf Youtube einen Kanal mit Schminktipps betrieb. «Mittlerweile bin ich Muslima. Allahu Akbar. Es gibt meinem Leben vollen Sinn.» 

Der Dokumentarfilmer Volkmar Kabisch begleitet Maik Messing jahrelang auf seiner verzweifelten Suche nach seiner Tochter. Als eines Tages die Nachricht eintrifft, dass Leonora bei einem Angriff getötet worden sei, bricht seine heile Welt im ländlichen Sachsen-Anhalt zusammen.

Der Bäcker mit familieneigenem Betrieb will ihr zum Andenken einen Baum in seinem Garten pflanzen. Doch dann erweist sich die Meldung als falsch – verbreitet von der zweiten von drei Frauen von Leonoras Ehemann, einem ostdeutschen Konvertiten, der für den «Geheimdienst» des IS arbeitet.

Bleiben ratlos: Weder Maik noch Leonora Messing können sich das, was geschehen ist, erklären. 

Gestern Nacht lief die erste Folge der ersten Staffel von «Leonora – Einmal IS-Terror und zurück» in der ARD. Für die Zuschauerinnen und Zuschauer, vor allem für Eltern von Teenagern, dürfte diese erste halbe Stunde ein Wellenbad an Gefühlen gewesen sein: Man schöpft mit Maik Messing Hoffnung auf ein Wiedersehen, wenn Leonora Sprach- oder Textnachrichten verschickt mit dem Inhalt, dass die Welt des IS doch nicht so ist, wie sie es sich erträumt hat: Gewalt und Folter sieht sie auf offener Strasse in der Stadt Raqqa – und rückt von ihrem naiven Glauben ab.  

Bloss: Wie kann sie ausreisen aus einem total überwachten Land? Wird sie bei dem Versuch ertappt, Syrien zu verlassen, droht ihr die Todesstrafe. Ihr Vater hält stets Kontakt zu ihr, nimmt jeden noch so dünnen Faden auf, um sie zu retten. Eines Tages fliegt er sogar in die Türkei, um Schleuser zu engagieren. «Wir schicken Wölfe in die Höhle des Löwen, um unser Lämmchen zu holen», sagt er seinen Bekannten.

Ein Konvoi mit Kämpfern des Islamischen Staates unweit der syrischen Stadt Raqqa im Jahr 2015. 

Mehrere geplante Treffen scheitern; die Nerven liegen blank. Maik Messing ist dauernd am Handy und wartet auf positive Nachrichten. Doch es sind ein Dutzend Anläufe nötig, um seine Tochter schliesslich aus der syrischen Hölle zu befreien. Dass er sich selbst mit der Finanzierung von Schleusern strafbar macht, kümmert ihn nicht. Wenn die Aktion gelinge, meint der besorgte Vater, gehe er dafür gerne ins Gefängnis.    

Januar 2021. Auf der Fahrt von Karlsruhe, wo Leonora Messing vom Bundesgerichtshof einvernommen wird, in ihre Heimatgemeinde sieht alles nach einem Happy End aus. Doch die Entfremdung und die Radikalisierung, wozu ihre lange Zeit beim IS geführt hat, gehen tief – und belasten den Alltag im Elternhaus.

Maik Messing zieht eine bittere Bilanz: «Wir können die schlimmsten Dinge sechs Jahre virtuell gemeinsam meistern, schaffen es aber nicht, sechs Wochen gemeinsam unter einem Dach zu wohnen.» Was genau passiert ist, werden die nächsten Folgen der Serie «Leonora – Einmal IS-Terror und zurück» vom 7.7. und 20.7. auf Tagesschau24 der ARD zeigen.