NFL-Quarterback Ben RoethlisbergerErst das Alter brachte ihn zu Fall
Er war der «Schweizer» in der NFL. Mit dem Rücktritt des Quarterbacks endet eine Karriere, die geprägt wurde von grossen Erfolgen, aber auch einigen Kontroversen.
Als Ben Roethlisberger das Feld in der Verlängerung betrat, hätte es das letzte Mal sein können. Um dies zu verhindern, musste er seine Pittsburgh Steelers noch einmal über das ganze Feld führen. Mehrmals wurde es knapp, doch Roethlisberger schaffte es immer wieder den Pass anzubringen. So gewann Pittsburgh gegen den ewigen Rivalen Baltimore und qualifizierte sich tatsächlich für die Playoffs. Es sind die 12. Playoffs für die Steelers in 18 Jahren mit Roethlisberger.
Grund dafür waren die Las Vegas Raiders. In einer am Ende unerwartet engen Partie stand das 35:32 gegen die Los Angeles Chargers erst nach der Verlängerung fest. Bei einem Unentschieden wären beide Mannschaften in den Playoffs dabei gewesen, aber die Raiders entschieden sich in letzter Sekunde noch für einen Field-Goal-Versuch und gewannen die Partie dadurch. Deshalb rutschten die Steelers nach. In der ersten Runde des Playoff hatte Pittsburgh gegen die favorisierten Kansas City Chiefs beim 21:42 keine Chance.
Nun ist das Karriereende des Quarterbacks Tatsache. Die Fans werden im Rückblick gemischte Gefühle haben. Sie werden traurig sein, denn mit Roethlisberger geht eine Legende. Er spielte für nur ein Team, feierte grosse Erfolge und geht als bester Quarterback in Pittsburghs Geschichte ein. Ein Gegenspieler sagte einmal über ihn: «Einer allein konnte ihn nie zu Fall bringen.»
In den letzten beiden Saisons allerdings gelang dem Mann mit weit entfernten Emmentaler Wurzeln aber nicht mehr, was ihn früher ausmachte. Der aufgrund seiner Statur lange unerschütterlich wirkende «Big Ben» ist alt geworden – auch weil der 39-Jährige nie besonders auf seinen Körper geachtet hat. Deshalb stand er vor dem Karriereende, während andere Quarterbacks wie Aaron Rodgers (38, Green Bay) oder Tom Brady (44, Tampa Bay) noch immer zu den Besten gehören.
Seine Karriere war wie kaum eine andere von Höhen und Tiefen geprägt.
Die gemischten Gefühle zum Abschluss werden Roethlisbergers Karriere auch im Rückblick begleiten. Denn die war geprägt von Höhen und Tiefen wie kaum eine andere. 2004 wurde er an elfter Stelle im Draft von Pittsburgh ausgewählt, und der Beginn hätte kaum besser sein können: Seine ersten 13 Spiele als Starter gewann er, im Jahr darauf holte er mit 23 Jahren die Superbowl. Doch der frühe Erfolg stieg ihm zu Kopf. Roethlisberger sei kein guter Teamkollege gewesen, sagte der ehemalige Mitspieler Jerome Bettis. Im Sommer nach dem Gewinn des Titels verunfallte Roethlisberger mit seinem Motorrad schwer. Er war ohne Helm unterwegs gewesen.
Vielleicht fehlte ihm auch die Familie als Rückzugsort. Seine Eltern liessen sich scheiden, als er zwei Jahre alt war. Seine Mutter starb, als er acht war. Erst später begriff Roethlisberger, dass er als Quarterback auch neben dem Feld ein Leader sein und den Mitspielern mit Respekt begegnen muss. Sein Ersatz Charlie Batch half ihm wesentlich dabei, sich als Persönlichkeit zu entwickeln. Als Folge davon wurde Roethlisberger 2008 zum ersten Mal zu einem der Captains seines Teams bestimmt. Er schien in der NFL endgültig angekommen zu sein. Und in der folgenden Saison lieferte er die wohl beeindruckendste Leistung seiner Karriere ab.
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Beim Stand von 20:23 in der Superbowl gegen die Arizona Cardinals hatte Roethlisberger kurz vor Spielende noch fast das ganze Feld vor sich. Doch zuerst gelang es ihm, sein Team nahe an die gegnerische Endzone zu führen. Und dann folgte eines der grössten Highlights in der Geschichte des American Football. Obwohl Roethlisberger keinen freien Passempfänger fand, behielt er die Ruhe und warf den Ball über drei Verteidiger hinweg in die hintere Ecke der Endzone, wo Santonio Holmes spektakulär fangen konnte. Wenig später war Roethlisberger zum zweiten Mal Superbowl-Champion. Nur: Darauf folgte das dunkelste Kapitel seiner Karriere.
Schwere Vorwürfe neben dem Sport
Im Juli 2009 warf ihm eine Angestellte eines Casino-Hotels vor, er habe sie unter dem Vorwand eines defekten Fernsehers in sein Zimmer gelockt und sie dann vergewaltigt. Roethlisberger reagierte mit einer Gegenklage, der Sex sei einvernehmlich gewesen, 2012 einigten sich die beiden Parteien, die Bedingungen der Einigung wurden nie öffentlich. Ein Jahr später folgte ein weiterer Vorwurf. Eine 20-jährige Studentin behauptete, dass Roethlisberger ihr gegenüber auf der Toilette eines Nachtclubs übergriffig geworden sei. Aufgrund der mangelhaften Beweislage wurde der Quarterback juristisch nicht verfolgt, die NFL sperrte ihn dennoch für sechs Spiele. Sein Ruf litt, obwohl er nie verurteilt wurde.
Roethlisberger versuchte später, seinen Ruf zu schönen. Er, verheiratet und dreifacher Vater, gab mehr von sich und seiner Familie preis. Vergessen machen konnte er die Episoden nicht. Und an seine früheren sportlichen Erfolge konnte er auch nicht mehr anknüpfen. 2011 stand er zwar noch einmal in der Superbowl, Pittsburgh unterlag aber Green Bay.
Doch obwohl die besten sportlichen Momente seiner Karriere weiter zurückliegen: Ben Roethlisberger ist einer der besten Quarterbacks der NFL-Geschichte. Nur vier Spieler warfen mehr Yards als der Mann mit der Nummer 7, auch bei den geworfenen Touchdowns steht er in den Top Ten. Und mit zwei Superbowl-Ringen gehört er zu den wenigen Quarterbacks, die mehrere Titel gewinnen konnten. Bei einem Besuch der Eidgenossenschaft sagte er einst, in der Heimat seines Ururgrossvaters sei es «wie in einem Traum». 16 Jahre später tritt nun der einzige «Schweizer» in der NFL zurück.
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