Fake-Song mit Drake und The Weeknd«Erschreckend gut»: Künstliche Intelligenz schafft einen ersten Hit
Nachdem ein KI-generierter Song innert Stunden Millionen Streams angehäuft hat, wird er aus dem Netz verbannt. Ist dieser Erfolg ein Wendepunkt für die Musik?
Ist dieser Song ein neuer «Napster-Moment», wie KI-Spezialist Roberto Nickson auf Twitter schreibt? Steht die Musikindustrie vor einer nächsten grossen Schlacht, wie vor 20 Jahren, als Gratis-Downloads alles veränderten?
Am 17. April geht «Heart On My Sleeve» auf Tiktok viral. Der Song soll von den kanadischen Superstars Drake und The Weeknd gesungen und von Hitproduzent Metro Boomin umgesetzt worden sein. Und so klingt er auch, die Beats wuchten, die Stimmen sind eindeutig erkennbar. Doch in Wahrheit wurde das Lied von einem User namens Ghostwriter mithilfe einer künstlichen Intelligenz erschaffen (im Video versteckt sich der Schöpfer unter einem Bettlaken und einer Sonnenbrille).
Es erscheint auf sämtlichen Streamingplattformen – Tiktok, Youtube, Spotify, Apple Music, Amazon, Soundcloud – und sammelt zusammengerechnet über 15 Millionen Streams innert Stunden. In den Kommentaren wird der Song mehrheitlich gefeiert, einige kritische Stimmen finden ihn «erschreckend gut». Er lässt sich tatsächlich nicht von einem Drake-Original unterscheiden.
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Was den Fans gefällt, versetzt die Verantwortlichen von Universal Music in Alarmbereitschaft. Sowohl Drake als auch The Weeknd sind beim weltgrössten Label unter Vertrag – die KI-Kreation macht Profit mit den Namen, dem musikalischen Gewicht und der kreativen Arbeit seiner Künstler.
Universal setzt sogleich alle Hebel in Bewegung, um den Song aus dem Internet verschwinden zu lassen. Die Streaminganbieter ziehen mit, einer nach dem anderen. Am 18. April ist «Heart On My Sleeve» weder auf Spotify noch auf Apple Music, Soundcloud, Youtube, Amazon oder Tidal auffindbar. «Dieses Video ist aufgrund einer Beschwerde wegen Urheberrechtsverletzung von Universal Music nicht mehr verfügbar», heisst es etwa auf Youtube. Geld dürfte Ghostwriter für seinen Hit erst mal keines erhalten.
«Ich bin hier, um die Industrie auf den Kopf zu stellen.»
Die Musikbranche hat dieses Problem kommen sehen: Vor gut einer Woche wurde bekannt, dass die grossen Labels ein Verbot KI-generierter Musik fordern. Die erfolgreiche Beschwerde ist nur ein kurzer Etappensieg für das Label.
Denn die Geschichte macht deutlich: Die künstlichen Intelligenzen sind inzwischen so fit, dass sie locker einen Hit nach populären Mustern generieren können. Trainiert werden sie in der Regel mit der Musik der erfolgreichsten Künstlerinnen und Künstler der letzten Jahre, die gerade im kommerziell dominanten Hip-Hop-Bereich elektronisch produziert wird – und sich leichter imitieren lässt.
Die Durchsetzungskraft von «Heart On My Sleeve» wird erst recht Nachahmer auf den Plan rufen. Ghostwriter lässt auch nicht locker. Auf Tiktok verkündet er in einem Video, dass er hier sei, «um die Industrie auf den Kopf zu stellen». Dazu lässt er 13 Sekunden seines gelöschten Hits laufen. Ein weiterer Clip mit Ausschnitten des Liedes zeigt im Bild einen staunenden Drake am Tablet, das Video hat bereits wieder weit über 2 Millionen Views.
Universal fragt in einem Statement Musikfans, Plattformbetreiber und KI-Komponisten, auf welcher Seite sie stehen wollen: «Auf jener der Künstlerinnen und Künstler und des menschlichen kreativen Ausdrucks oder auf der Seite der Fälschungen und des Betrugs»? Drake selbst hat vor einigen Tagen via Instagram wenig erfreut auf Songs reagiert, die seine Stimme verwenden und nannte sie den Tropfen, der das Fass zu überlaufen bringen wird.
KI-Experte Roberto Nickson twittert nach der ganzen Aufregung: «Nichts fährt ein wie das Original.» Egal, wie gut KI-Musik noch werde, «das menschliche Element» werde immer triumphieren.
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