Abstimmung Kanton Zürich: PrämieninitiativeSogar die Stadt Zürich sagt Nein zu mehr Prämienvergünstigungen
Die Prämieninitiative wird überraschend deutlich abgelehnt. Es wird nicht mehr Geld für die Verbilligung der Krankenkassenprämien ausgeschüttet. Wir berichteten live.
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Das Wichtigste in Kürze:
Die Initiative «Raus aus der Prämienfalle» wird abgelehnt.
Wenigverdiener erhalten also nicht mehr Prämienverbilligungen.
Für ein Ja waren SP, Grüne, Mitte, EVP und AL.
Nein empfahlen SVP, FDP, GLP und EDU.
Im Kanton Zürich kommen zwei weitere Vorlagen zur Abstimmung: Die Initiative «Mehr Geld für Familien» (hier gehts zum Ticker) und das Geldspielgesetz (hier gehts zum Artikel).
Schlussresultat ist da
182'464 Zürcher Stimmende sagen Ja zur Mitte-Volksinitiative «Raus aus der Prämienfalle», 323'705 lehnen sie ab. Das ergibt einen Nein-Anteil von 64 Prozent.
Die Wenigverdiener im Kanton Zürich werden also nicht mehr Prämienverbilligungen erhalten.
Die Stimmbeteiligung lag bei hohen 56,5 Prozent, wobei die 60 Prozent nicht erreicht wurden, welche sich an den nationalen Abstimmungen beteiligt haben.
Keine Stadt oder Gemeinde hat der Initiative zugestimmt.
In der Stadt Zürich erreichte sie mit 49 Prozent Ja-Anteil die höchste Zustimmung. Einzig die Stadtkreise 4+5, 3 sowie 12 haben die Initiative mit 58,2, 56,1 respektive 50,3 Prozent angenommen.
Den grössten Nein-Anteil gab es in Volken im Weinland mit 82,3 Prozent Nein. Auf Bezirksebene war die Ablehnung in Meilen mit 72,80 Prozent am höchsten, dicht gefolgt vom Bezirk Andelfingen (70,76 Prozent).
Rickli freut sich
Gesundheitsdirektorin Natalie Rickli (SVP) sagte, sie freue sich vor allem über die Deutlichkeit der Ablehnung der Initiative «Raus aus der Prämienfalle». Die Bevölkerung habe gesehen, dass die Regierung den Prozentsatz des Zürcher Beitrags an die Prämienverbilligungen bereits von sich aus von 80 auf 92 Prozent des Bundesbeitrags erhöht hat und wollte nicht noch zusätzliche 40 Millionen Franken sprechen, um auf 100 Prozent zu kommen.
Rickli rechnet mit einem weiteren Anstieg der Prämienlast und will lieber die Ursachen dafür bekämpfen als die Symptome.
GLP: Problem an der Wurzel packen
Für GLP-Kantonsrätin Claudia Hollenstein ist erfreulich, dass die Stimmbevölkerung keine Symptombekämpfung machen will. Jetzt müsse man das Problem bei der Wurzen, also den hohen Gesundheitskosten, packen. Für Hollenstein bedeutet dies vor allem: Förderung des Prinzips ambulant vor stationär.
SVP: «Fiasko für die Linke»
Die kantonale SVP bejubelt in ihrer Medienmitteilung «ein Fiasko für die Linke und die Mitte». «Freude herrscht», sagt Parteipräsident Benjamin Fischer und analysiert, die Zürcher Bevölkerung habe «die Notbremse gezogen und eine weitere Bevormundung und Umverteilung verhindert».
Die Menschen seien auch schlicht vorsichtig geworden mit dem Geldverteilen.
Drei weitere Zürcher Stadtkreise ausgezählt
Der Kreis 4+5 sagt mit 58,2 Prozent Ja zur Initiative, drei weitere aber Nein: Im Kreis 9 kommt die Prämieninitiative auf 47,5 Prozent, im Kreis 10 auf 49,5 und im Kreis 11 auf 45,6 Prozent Ja-Anteil.
Erster Zürcher Kreis sagt Ja
Jetzt liegt das erste Resultat aus der Stadt Zürich vor: Der Kreis 12 stimmt der Initiative mit 50,3 Prozent zu. Das könnte auf ein Ja der Stadt hindeuten, da Schwamendingen als verhältnismässig konservativ gilt. Es sind inzwischen 164 von 178 Gebieten ausgezählt.
SP: Fokus auf nationale Initiative
SP-Co-Parteipräsident Andreas Daurù ist ebenfalls enttäuscht, dass die Prämienverbilligungen nicht erhöht werden. «Die Bevölkerung scheint wegen Corona vorsichtig mit zusätzlichen Ausgaben zu sein», analysiert er.
Er setzt nun auf die nationale SP-Initiative, welche fordert, dass nicht mehr als 10 Prozent des verfügbaren Einkommens in die Krankenkassenprämien fliessen dürfen.
Initiant: «Solidarität fehlte»
Initiant Lorenz Schmid (Mitte) ist natürlich enttäuscht vom klaren Nein. «Es ist uns nicht gelungen, die Solidarität der Besserverdienenden mit den Wenigverdienenden abzurufen», sagt er. Das Problem, der starken Prämienbelastung für Menschen die niedrigen Einkommen leibe aber bestehen.
Insbesondere ist Schmid enttäuscht vom Regierungsrat, da die befürwortenden Parteien SP, Grüne und Mitte im Gremium die Mehrheit haben, aber eine Nein-Parole resultierte. «Ich weiss nicht, was dort schieflief», sagt Schmid. Wer scherte aus? Jemand von der SP?
Beim Thema einkommensabhängige Prämien winkt Schmid ab. Das Thema seien nun die steigenden Gesundheitskosten. Und bereits am Montag könnten SVP, FDP und GLP zeigen, dass ihnen ernst ist damit, so Schmid. Im Kantonsrat wird das Spitalfinanzierungsgesetz revidiert.
Winterthur ist gnädiger
Die neuste Hochrechnung bringt eine Stabilisierung des Nein-Anteils um 64 bis 65 Prozent. Jetzt sind 110 von 178 Wahlgebiete ausgezählt, wobei die Stadt Winterthur sechs Gebiete hat und die Stadt Zürich neun. Alle Gebiete sagen Nein. In Winterthur-Mattenbach wäre die Initiative mit 48,1 Prozent Ja aber schier angenommen worden. In den beiden anderen bereits ausgezählten Winterthurer Kreisen Altstadt und Oberwinterthur erreicht die Initiative 43,3 respektive 40,9 Ja-Stimmenanteil. In Zürich ist noch kein Kreis ausgezählt.
FDP: Leistungskatalog abspecken
Beatrix Frey-Eigenmann wiederum ist froh um die Ablehnung der Initiative. Die FDP-Kantonsrätin ist überrascht übers deutliche Resultat. «Die Rechnung von steigenden Ansprüchen und mehr Geld vom Staat zur Abfederung geht nicht auf», sagt sie. Ihre Meinung, wie es weitergehen soll: Man sollte den Grundleistungskatalog abspecken und im Gegenzug mehr Versicherungsmodelle zulassen. Heute hätten alle quasi ein 1.-Klasse-Billett, lautet ihre Analyse. Sie regt an, künftig eine höhere Kostenbeteiligung pro Fall einzuführen und eine Obergrenze festzulegen. Das würde folgendes Phänomen abdämpfen, das Spitäler festgestellt hätten: Im vierten Quartal steigt die Zahl der Eintritte, weil die Versicherten ihre Franchisen «aufgebraucht haben» und alle Gesundheitsleistungen für sie quasi gratis sind.
Grüne: Systemwechsel auf nationaler Ebene
Jeannette Büsser ist enttäuscht vom Resultat. Die Grünen-Kantonsrätin fordert nun einen Systemwechsel auf nationaler Ebene. Die Prämien sollen einkommensabhängig berechnet werden. «Die Kopfprämie ist unsolidarisch», sagt sie. Gewisse Familien zahlten bis zu 20 Prozent des Einkommens für die Prämien. Büsser hofft, dass die Mitte, welche die Initiative «Raus aus der Prämienfalle» lanciert hatte, bei einem Systemwechsel mitmacht.
Und von der FDP und der GLP, welche stets gesagt hatten, mehr Prämienverbilligungen seien nur eine Symptombekämpfung, fordert Büsser nun konkrete Schritte, um die Gesundheitskosten zu senken.
3. Hochrechnung: 64,8 Prozent Nein
Die Sache wird immer klarer. Nachdem 70 von 162 Gemeinden ausgezählt worden sind, sagen gemäss Hochrechnung knapp zwei Drittel der Stimmenden Nein zur Prämieninitiative. Am meisten Befürworterinnen und Befürworter findet man nach jetzigem Auszählungsstand in Wallisellen mit 38,4 Prozent Ja.
2. Hochrechnung: 63,8 Prozent Nein
Die zweite Hochrechnung ist schon da, das Gewicht hat sich leicht zugunsten der Initiative verlagert. Aber die Ablehnung ist mit 63,8 Prozent immer noch deutlich.
Inzwischen sind 47 Gemeinden ausgezählt – keine hat zugestimmt. Am meisten Zustimmung gab es in Rifferswil mit 37,7 Prozent Ja, am meisten Ablehnung in Volken mit nur 17,8 Prozent Ja.
1. Hochrechnung: 64,2 Prozent Nein
Gemäss erster Hochrechnung des Statistischen Amts wird die Prämieninitiative deutlich verworfen. Sie erreicht bloss 35,8 Prozent Ja-Anteil. Bisher hat keine der 31 ausgezählten Gemeinde zugestimmt.
Ausgangslage
Bund und Kanton finanzieren die Prämienverbilligungen für Personen mit geringen Einkommen gemeinsam. Im Kanton Zürich sind das 30 Prozent der Haushalte. Der Bund zahlt stets 7,5 Prozent der Prämienkosten. 2021 sind dies 510 Millionen Franken. Der Kanton Zürich ist gesetzlich verpflichtet, mindestens 80 Prozent des Bundesbeitrags zu zahlen. Derzeit sind es 92 Prozent oder 469,2 Millionen. Die CVP-Initiative «Raus aus der Prämienfalle» will das kantonale Minimum auf 100 Prozent des Bundesbeitrags erhöhen. Das hätte in diesem Jahr also knapp 41 Millionen ausgemacht. Wenig verdienende Prämienzahler würden gemäss einem Szenario der Gesundheitsdirektion 8 Prozent mehr Verbilligung erhalten. Wer also 5000 Franken erhielt, würde neu 5400 Franken erhalten.
Für die Initiative haben sich SP, Grüne, Mitte (CVP), EVP und die AL ausgesprochen.
Dagegen sind SVP, FDP, GLP und EDU.
Die Vorlage: 9 Fragen und 9 Antworten
Wer profitiert bei einem Ja zur Initiative «Raus aus der Prämienfalle»? Wie steht der Kanton Zürich bezüglich der Prämienverbilligungen da im Vergleich zu den anderen Kantonen? Welche sind die Argumente der Befürworter, welche jene der Gegner?
Das Beispiel: Ein Vater berichtet
Der Mann arbeitet in der Pflege und hat einen tiefen Lohn, seine Frau putzt im Stundenlohn. Sie haben zusammen vier Kinder, und am Ende des Monats liegt meist kein Geld mehr auf dem Konto. Die Krankenkassenprämien drücken stark aufs Budget der sechsköpfigen Familie. Diese würde bei einem Ja zur Initiative im Jahr etwa 600 Franken zusätzliche Verbilligungen erhalten. Lesen Sie hier den Bericht und konsultieren Sie die Tabelle mit verschiedenen Beispielen. Da finden Sie auch die Stellungnahmen des Pro-Komitees und des ablehnenden Regierungsrats.
Der Leitartikel: Gezielte Hilfe
Die Löhne können nicht mit den Krankenkassenprämien mithalten. Der Kanton Zürich steht bei den Verbilligungen im nationalen Vergleich nicht sehr gut da, obwohl das Leben hier teuer ist. Er muss nachbessern.
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