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Support für Erbschaftssteuer
EU-Starökonom lobt umstrittene Juso-Initiative in den höchsten Tönen

Der französische Ökonom Gabriel Zucman posiert während einer Fotosession in Paris am 12. Juni 2024.
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In Kürze:
  • Gabriel Zucman unterstützt die Erbschaftssteuer-Initiative der Juso.
  • Er sieht eine starke Besteuerung der Milliardäre als Mittel zur Steuersenkung.
  • Der französische Ökonom schlägt eine globale Vermögenssteuer für Superreiche vor.
  • Er glaubt nicht, dass reiche Unternehmer wegen der Initiative auswandern.

Was musste sich die Juso nicht alles anhören wegen ihrer umstrittenen Erbschaftssteuer-Initiative. Sie schade dem Land, zwinge Unternehmer und beste Steuerzahler zum Auswandern, noch bevor das Volksbegehren überhaupt zur Abstimmung komme. Ausgelöst wurde die Debatte durch den Bahnunternehmer Peter Spuhler. Er drohte öffentlich, nach Österreich zu zügeln, um sicher zu sein, dass nicht grosse Teile seines Vermögens an den Staat gehen. In der Folge sagten eine Reihe bürgerlicher Politiker, darunter Christoph Blocher, die Initiative sei so problematisch, dass man sie noch vor der Abstimmung für ungültig erklären müsse.

Nun rückt mit Gabriel Zucman ein einflussreicher internationaler Wirtschaftswissenschaftler die Juso-Forderung in ein ganz anderes Licht: «Die Initiative ist sinnvoll und ich unterstütze sie», sagt der auf Vermögensverteilung spezialisierte Ökonom. Denn «der wachsende Strom grosser Erbschaften, die sich in extrem wenigen Händen befinden», sei «eine Bedrohung für unsere leistungsorientierten und demokratischen Ideale. Eine stärkere Besteuerung solcher Erbschaften würde es ermöglichen, die Steuern für die arbeitende Bevölkerung zu senken.» Zudem erlaubt die neue Steuer laut Zucman, in den Kampf gegen den Klimawandel zu investieren, was «für den Wohlstand aller in der Zukunft unerlässlich sein» werde.

Zucman, aufgewachsen in Frankreich, ist Professor in Paris und an der University of California sowie Direktor der EU-Steuerbeobachtungsstelle. Er hat letztes Jahr im Auftrag von Brasilien für die G20-Staaten einen Vorschlag für eine globale Vermögenssteuer von 2 Prozent erarbeitet. Sie hätte nur Milliardäre betroffen. Zucman argumentiert, eine solche Steuer sei gerechtfertigt, weil Milliardäre weltweit prozentual weniger Einkommens­steuern zahlen als Menschen mit kleineren Einkommen, weil bei den Superreichen die Progression nicht greife.

Zucmans Milliardärssteuer ist ähnlich angelegt

Zucmans Vorschlag für die G20-Staaten ist von der Anlage her ähnlich wie die Forderung der Juso-Initiative: Bei beiden würde das Vermögen besteuert, beide betreffen nur Superreiche. Und auch Zucmans Vorschlag sieht vor, dass zumindest ein Teil der Steuern zur Behebung von Klimaschäden verwendet wird. Die G20-Staaten haben Zucmans Vorschlag eingehend diskutiert und vorläufig stark abgespeckt, vor allem weil China und die USA sich gegen verbindliche Regeln wehrten.

Bis jetzt konnten sich die G20 bloss auf eine gemeinsame unverbindliche Erklärung einigen, wonach sich die einzelnen Länder bemühen, Superreiche gerecht zu besteuern.

Zucman sagt, dass sich die Erbschaftsteuer der Juso und sein Vorschlag für eine Milliardärssteuer ergänzen würden: «Wir brauchen einerseits Mindeststeuern für Milliardäre, um sicherzustellen, dass die Superreichen im Verhältnis zu ihrer Zahlungsfähigkeit zu unseren gemeinsamen Ausgaben beitragen, wie ich auf dem G20-Gipfel argumentiert habe», sagt er. Andererseits sei eine progressive Besteuerung grosser Erbschaften wichtig, damit Wohlstand nicht nur vererbt, sondern auch durch eigene Leistung erworben werde. «Das ideale Steuersystem enthält beide Instrumente.»

«Gefahr der Auswanderung wird übertrieben»

Die Befürchtung bürgerlicher Politiker, dass reiche Unternehmer bei einem Ja zur Erbschaftssteuer-Initiative reihenweise auswandern würden, teilt Zucman nicht. «Die Gefahr der Auswanderung wird in diesen Debatten oft übertrieben», sagt er. Alle seriösen Untersuchungen zu dieser Frage deuten laut Zucman darauf hin, «dass die Abwanderungsreaktionen auf Steuern auf hohe Vermögen sehr bescheiden sind».

Zucman ist ein Schüler des französischen Ökonomen Thomas Piketty, der 2013 mit dem Buch «Das Kapital im 21. Jahrhundert» international für Aufsehen sorgte. Piketty legte darin dar, dass in vielen entwickelten Ländern Erbschaften einen immer grösseren Anteil am Gesamtvermögen ausmachten und dass dies eine Bedrohung für Demokratien darstelle. Das Spezialgebiet der beiden ist die Ungleichheitsforschung.

Die beiden Franzosen sind nicht unumstritten. Ihnen wird vorgeworfen, dass sie zu politisch seien. Ihre Datenanalysen zur weltweiten Vermögensverteilung werden aber auch von Kritikern als solide wissenschaftliche Arbeit anerkannt.