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Im Vorstand von Viktoria Pilsen
In Genf könnte Martin Dellenbach der grösste Erfolg gelingen

Mit seinen Waschstrassen hat Martin Dellenbach viel Geld verdient – inzwischen ist er in unterschiedlichen Funktionen bei drei Fussballclubs in der Verantwortung.
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Martin Dellenbach hat keine Zeit. «Dienstag?», ruft er in sein Telefon, «dann bin ich in Oberwil.» Aber nur kurz, denn am Mittwoch geht es wieder los: mit dem Flugzeug nach Wien und von dort nach Hartberg. In Lafnitz muss er auch noch vorbei und dann weiter nach Tschechien. Jede Woche das gleiche Programm: zwei Tage in Österreich, zwei Tage in Tschechien – und dann wieder zurück in die Schweiz. Aber so ist das halt, wenn man verantwortungsvolle Positionen bei drei Fussballclubs in zwei Ländern hat.

Martin Dellenbach, 1966 geboren, kennt man in Basel für seine Autogarage und die Waschstrassen mit dem gelb-weissen Logo. Doch zuletzt sind noch ein paar Betätigungsfelder im Fussball dazugekommen: Dellenbach ist Geschäftsführer der Akademie des TSV Hartberg sowie Vorstandsmitglied des österreichischen Bundesligisten. Er ist Besitzer des Zweitligisten mit dem herrlichen Namen SV Licht-Loidl Lafnitz. Und seit kurzem sitzt er im Vorstand des tschechischen Clubs Viktoria Pilsen. Jener Club, der in der Europa League auf den FC Servette trifft.

«Die letzten Monate waren krass», sagt der 57-Jährige im August 2023, «es war nicht geplant, dass es so schnell geht. Aber jetzt haben wir alles, was wir für unser Projekt brauchen.» Er sagt es zwar nicht, aber man muss es so schreiben: Dellenbach hat sich in Österreich und Tschechien ein Fussball-Universum aufgebaut. Dabei wollte er damals eigentlich nur dem FC Basel helfen.

Die Geschichte von Martin Dellenbach ist auch die Geschichte des FCB – oder zumindest jenes FCB, wie es ihn unter Präsident Bernhard Burgener gibt. Wo neue Mitarbeitende auftauchen, die kaum einer kennt und von denen man nicht immer weiss, was sie befähigt. Martin Dellenbach zum Beispiel wird «Leiter Operations» auf dem Campus, weil er Burgener eine Mail schreibt.

Seit der Eröffnung des Stadions hatte der Unternehmer Dellenbach im St.-Jakob-Park Plätze in der VIP-Loge, von denen er sich inzwoschen getrennt hat. Und dort sitzt er irgendwann im Jahr 2019, sieht auf die Spieler herab, die gerade mal wieder eine Partie verlieren, und sagt zu seinen Freunden, dass mit dem Club etwas nicht stimme. «Dann mach doch was, Martin», antworten sie ihm – und Dellenbach macht etwas.

Er schreibt eine Mail und bietet Burgener seine Hilfe an. Früher hat Dellenbach alle Trainerscheine bis zum B-Diplom gemacht und war Assistenztrainer auf Juniorenstufe. In die Sichtungstrainings des Fussballverbandes Nordwestschweiz war er ebenfalls involviert. Es gibt also einen gewissen Fundus, auf den Dellenbach zurückgreifen kann. Aber in erster Linie hat er Erfahrungen als Unternehmer.

Percy van Lierop ist weiterhin an seiner Seite

Er wird von Burgener eingeladen und bekommt prompt die Aufgabe, die Abläufe auf dem Campus «aus unternehmerischer Sicht zu durchleuchten». Dellenbach führt etliche Gespräche, macht sich Gedanken und ist plötzlich mittendrin. So sehr, dass während der Pandemie in seinen Räumlichkeiten in Oberwil die Zentrale des Campus eingerichtet wird. An einem Tag werden dort mehrere Nachwuchstrainer entlassen, und in gewissen Medien steht nachher: «Rauswurf in der Garage».

Für Dellenbach – so sagt er das – ist seine Arbeit im Fussball beendet, als er von Burgeners Nachfolger David Degen die Nachricht erhält, dass der FCB seinen Vertrag kündigt. Aber Dellenbach hat in Nachwuchschef Percy van Lierop und Ausbildungsleiter Michael Steiner zwei Mitstreiter gefunden, die ihn ermuntern, dass ihr Aufwand nicht ungenutzt bleiben dürfe. Sie suchen nach einem Club im Ausland, um ihre Ideen dorthin zu verpflanzen.

130 Kilometer südlich von Wien werden sie fündig. Dort steht heute die DSM-Fussball-Akademie Hartberg – DSM steht für «Delli Sport Management». Doch das ist erst der Anfang.

Der ehemalige Basler Nachwuchschef Percy van Lierop ist heute «Direktor der Fussballentwicklung» in der Akademie des TSV Hartberg.

Martin Dellenbach kommt aus der Automobil-Branche. Er hat eine Mechanikerlehre abgeschlossen und war viele Jahre im Motorsport aktiv. 1997 hat er das Geschäft seines Vaters übernommen und verdiente viel Geld damit. Die Waschstrassen der Soft Car Wash AG, aus der Dellenbach im August 2020 ausgeschieden ist, findet man in Oberwil, Liestal oder Muttenz. In Genf, Lugano oder Winterthur. Oder in Gelsenkirchen, Düsseldorf oder Mönchengladbach.

Vielleicht hört es sich auch darum immer ein bisschen nach Waschstrasse an, wenn Dellenbach von seinen Plänen im Fussball spricht.

Der Plan sieht – stark heruntergebrochen – so aus: Die Talente kommen vorne in die Strasse. In der Akademie in Hartberg erlernen sie die Grundlagen, entwickelt vom Direktor der Fussballentwicklung, Percy van Lierop. Dann folgt der Schritt in den Erwachsenen-Fussball, wo das Universum verschiedene Clubs in verschiedenen Ländern bietet: 5. Liga, 4. Liga, 3. Liga, 2. Liga, 1. Liga – alles ist da. Und als letzter Schritt, als letzter Waschgang quasi, können die Spieler dann bei Viktoria Pilsen im Europacup glänzen.

«Wir können unseren Spielern den Weg aus der Jugend bis nach ganz oben bieten», sagt Dellenbach, und wenn er so redet, dann klingt seine Idee unfehlbar. Er spricht vom Spieler Ruben Providence, der im letzten Sommer von der AS Roma nach Hartberg gewechselt hat. Es sei der Anfang, weitere Spieler würden folgen, auch solche, die den Club eines Tages in die umgekehrte Richtung verlassen. Das ganz grosse Ding. Aber so einfach ist das nicht. Der Fussball ist keine Waschstrasse.

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Dellenbach hat sein Engagement in Hartberg und Lafnitz mal «Fussball-Bollwerk Oststeiermark» genannt, der Boulevard nennt es «Salzburg für Arme». Ähnlich wie die Dosenclubs, die ihre Spieler zwischen den Clubs Liefering, Salzburg und Leipzig hin- und herschieben, will auch Dellenbach zum Erfolg kommen. Mit dem Unterschied, dass die DSM-Finanzen nicht durch den Verkauf eines Energydrinks gesichert sind. Und mit dem Haken, dass Dellenbach nicht die alleinige Kontrolle über seine Vehikel hat.

In Hartberg sitzt er zwar im Vorstand des Bundesligisten, hat aber keinen Einfluss auf das Geschehen. «Die Beziehung ist abgekühlt. Wenn Vorstandsbeschlüsse getroffen werden, dann meistens gegen Dellenbachs Willen», erklärt der Journalist Harald Prantl. Von vielen werde das Projekt belächelt. Und bei Viktoria Pilsen ist Dellenbach als Teil der «FCVP GmbH» nur eine von mehreren Personen, die die Mehrheit übernommen haben.

In der Schweiz ist die Skepsis nicht kleiner, wenn es um Dellenbach geht. Natürlich haben in Basel einige Personen dessen Weg verfolgt. Und von den meisten ist zu hören, dass Dellenbach durchaus Qualitäten in der Unternehmensführung habe. Dass er Prozesse erkennen, analysieren und auf ihre Schwachstellen abklopfen könne. Dass er finanzielle Mittel habe. Aber: Fussballerisch habe er wenig bis keine Kenntnisse.

Mit seinen Waschstrassen hat Martin Dellenbach viel Geld verdient.

Das muss er auch nicht, dafür hat er Percy van Lierop oder Michael Steiner an seiner Seite, der inzwischen übrigens Trainer in Lafnitz ist. Auch andere Mitstreiter aus der Basler Zeit sind den Weg mit nach Österreich gegangen. Dellenbachs Aufgabe ist es, für Akademie oder Internat in Hartberg die beste Infrastruktur zu schaffen. Eine neue Küche für die jungen Fussballer wird benötigt? Kein Problem! Den Teambus weiterhin für viel Geld mieten? Ach was, der wird gekauft und dann für externe Fahrten angeboten!

Eines muss man Martin Dellenbach lassen: Er geht seinen Weg konsequent, sonst hätte er es nicht innerhalb von zehn Monaten relativ weit oben ins Organigramm von drei Fussballclubs geschafft, von denen einer im letzten Jahr noch in der Champions League gespielt hat. Und er investiert sein Geld, auch wenn er nicht sagen will, wie viel. Aber ob sein Ansatz und seine Ideen, sein «Bollwerk», am Ende von Erfolg geprägt ist, wird die Zukunft zeigen. Dellenbach sagt: «Ich will versuchen, eine andere Fussball-Welt zu erschaffen.»

Gelten die gleichen Regeln auch im Fussball?

Er hat bewiesen, dass er ein Unternehmen aus der Automobilbranche gross machen kann, dass er den nötigen Durchhaltewillen hat, die nötige Härte und keine unnötigen Sentimentalitäten für Fussball-Romantik. Warum wäre er sonst in die Provinz nach Lafnitz gegangen, wo es keine Fankultur und damit auch keine Gegenwehr gegen seine Pläne gibt? Dellenbach sagt: «In jeder Branche gelten die gleichen Regeln für Erfolg.» Aber gilt das auch für den Fussball?

Kann man die Idee der Spieler-Entwicklung einfach von Basel in eine andere Region verpflanzen, in ein anderes Land gar? Kann man die Regeln des Fussballs einfach so ausser Kraft setzen, wenn man die Regeln der Automobilbranche gelernt hat? Kann das alles fussen auf den Ideen eines Mannes wie Percy van Lierop, der zwar bei Ajax Amsterdam und RB Salzburg war, bei beiden Clubs aber keine Zukunft hatte?

Martin Dellenbach jedenfalls ist sich sicher, dass es klappt. «Irgendwann werden wir uns einen Ruf gemacht haben. Dann wollen die besten Spieler zu uns kommen, weil sie von unserem Plan überzeugt sind», sagt er. Für diese Vision steigt er am Mittwoch wieder ins Flugzeug, wie jede Woche: Wien, Hartberg, Lafnitz, Pilsen. Das ist jetzt seine Fussball-Welt.