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Thomas Würgler
Ein stiller Profi, der Krise kann

Thomas Würgler war bis Juni 2020 Kommandant der Kantonspolizei Zürich. In dieser Funktion leitete er den Corona-Krisenstab des Kantons.
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«Der wichtigste Polizist, den niemand kennt»: So bezeichnete der «Tages-Anzeiger» ihn vor zwei Jahren. Inzwischen ist er nicht mehr Polizist – und Thomas Würgler wird nun in der ganzen Schweiz bekannt werden. Justizministerin Karin Keller-Sutter hat ihn zum obersten Koordinator des Bundes für die Unterbringung der Ukraine-Flüchtlinge ernannt. Am Montag nimmt er diese Arbeit auf.

Würgler kann Krise – das hat er gezeigt, als er im Februar 2020 zu Beginn der Corona-Pandemie die Führung des Krisenstabs im Kanton Zürich übernahm. In der unübersichtlichen Lage behielt er einen kühlen Kopf, koordinierte mit Polizei und Gesundheitsbehörden, kümmerte sich um Spitalkapazitäten und Lockdown, brachte etwas Berechenbarkeit. Dann ging er, mit einigen Monaten Verspätung, in Pension. Er war seit elf Jahren Kommandant der Zürcher Kantonspolizei gewesen und trotzdem weitgehend unbekannt. Er hatte die Öffentlichkeit selten gesucht, sich gleichzeitig aber intern und in Fachkreisen grossen Respekt erarbeitet.

Wenn Donald Trump kommt

Würgler machte die Leitung des grössten Polizeikorps der Schweiz von 2009 bis 2020 zwar zur unspektakulären Führungsaufgabe, war aber durchaus an spektakulären Ereignissen beteiligt. Dazu gehörte jedes Jahr im Januar das WEF in Davos, dessen internationale Gäste überwiegend über den Flughafen Zürich einreisten, für den die Kantonspolizei zuständig ist. Als US-Präsident Donald Trump Anfang 2020 angeflogen kam, wurden viele Details mit dem US Secret Service abgesprochen. «Sie vertrauen auch den guten Erfahrungen, die sie mit uns gemacht haben», sagte Würgler damals vor den Medien. «Wir sind auch Profis, das spüren sie.»

Würgler selbst ist kein ausgebildeter Polizist. Der Zürcher, der drei Kinder hat und in der Stadt lebt, ist Jurist. Nach dem Jus-Studium in Zürich war er 15 Jahre lang Bezirksanwalt und Untersuchungsrichter, spezialisierte sich auf Wirtschaftsdelikte. Im Militär machte er ebenfalls Karriere, wurde Oberst und Kommandant des Artillerieregiments 6. Im Jahr 2000 wechselte er zur Kantonspolizei, anfangs als Chef der Verkehrs-, später der Flughafenpolizei. Würgler ist in der Schweiz ausgezeichnet vernetzt, war beispielsweise zwei Jahre lang Präsident der Konferenz der kantonalen Polizeipräsidenten.

An der Altersgrenze gescheitert

Nach seiner Pensionierung strebte Würgler schon Anfang 2021 ein Amt auf Bundesebene an: Er wollte als Nachfolger von Michael Lauber Bundesanwalt werden. Allerdings war er, der heute knapp 67 Jahre alt ist, schon damals eigentlich zu alt für das Amt. Versuche, mithilfe der SVP im Parlament die Altersgrenze anzuheben, scheiterten. Würgler musste sich auf seine Tätigkeit als Rechtsanwalt und Partner einer Zürcher Kanzlei mit Sitz an der Bahnhofstrasse zurückziehen. Dort berät er Unternehmen und öffentliche Institutionen in strategischen und Sicherheitsfragen. Auch Coaching von Führungskräften bietet er an. Zum «Change-Management» in grossen Organisationen hat er ein Buch verfasst, den «Werkstattbericht eines Polizeikommandanten», wie es im Untertitel heisst.

Nun also soll Würgler für die Schweiz im Zuge der Flüchtlingsströme aus der Ukraine «mittel- und langfristige Szenarien entwickeln und Handlungsoptionen formulieren zum Umgang mit den strategischen und logistischen Herausforderungen», wie das Justiz- und Polizeidepartement mitteilte. Was genau darunter zu verstehen ist, ist unklar. Für ein Gespräch stand Würgler nicht zur Verfügung.