Doku über Michael J. Fox Er stolpert aus seinem eigenen Leben
Der Schauspieler der «Back to the Future»-Trilogie leidet an Parkinson. In einem unsentimentalen Dokfilm spricht er darüber. Man muss sogar lachen.
Als er schwer verkatert in seiner Hotelsuite in Florida erwacht, fallen ihm drei Dinge auf: Erstens kann er sich an nichts erinnern von dem, was er am Vorabend gemacht hat; zweitens kommt es ihm vor, als schwirre eine Motte um seinen Kopf, die er aber nicht fassen kann, weil es sie nicht gibt; drittens zittert der kleine Finger seiner linken Hand. Es ist der 13. November 1990, und Michael J. Fox, Schauspieler, Komiker und Autor, ist 29 Jahre alt.
«Das war eine Botschaft aus der Zukunft», kommentiert er den verzitterten Morgen über dreissig Jahre später. Er tut das in «Still», dem eben erschienenen Dokumentarfilm von Davis Guggenheim über ihn.
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Der Satz von der Zukunft ist anspielungsreich. Wie Fox nämlich herausfinden wird, hat sein zitternder Finger nichts mit der durchzechten Nacht zu tun. Sondern ist das erste Symptom einer Krankheit, die ihn zerstören wird: Er leidet an Parkinson. Davon handelt auch der Dokfilm: wie einer mit dem Leben fertig wird, das ihn fertigmacht.
Ein bleckendes Amerika
Gleichzeitig verweist der Satz auf des Schauspielers berühmteste Rolle. Denn Michael J. Fox wird weltweit bekannt durch «Back to the Future» (1985–90), die geistreiche Trilogie von Robert Zemeckis. Sie erzählt von einem amerikanischen Teenager, der in einem zur Zeitmaschine frisierten Auto dreissig Jahre zurückfährt, seinen Eltern als Jugendlichen begegnet und ihr Leben verändert, um seine Zukunft zu retten. In den zwei Folgen des Films, die unterhaltsam, wenn auch schwächer geraten sind, wird es ihn in die Zukunft spicken und dann ins 19. Jahrhundert.
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«Back to the Future» wird enorm erfolgreich und macht Fox zum Star. Der Film ist als Inszenierung eines bleckend-optimistischen Kleinstadt-Amerika angelegt, in dem die Achtzigerjahre als Wiederkehr der Fünfziger gedeutet werden. Kein Wunder, gefällt der Film Ronald Reagan so gut, dem amerikanischen Präsidenten: Er ist ein Symptom dafür.
Fox spielt im Film den sorglosen Schüler Marty McFly, der einen älteren Erfinder zum Freund hat, den exzentrischen, von Christopher Lloyd gegebenen Doc Brown; ihm verdankt Marty die Zeitmaschine. Der Halbwüchsige sieht aus wie die republikanische Verkörperung des amerikanischen Jungseins. Dabei ist Fox Kanadier, Sohn eines Berufsmilitärs und einer Schauspielerin. Er ist klein gewachsen, athletisch und intelligent.
Als der Schauspieler seine Diagnose erfährt, fällt er in eine Depression und wird zum schweren Trinker.
Seine grossartig geschriebene Autobiografie erzählt davon, wie viel weniger optimistisch sein Leben verläuft als seine Filme. Denn als Fox seine Diagnose erfährt, die unheilbare, degenerative Parkinsonkrankheit, fällt er in eine Depression und wird zum Trinker. Bei den Dreharbeiten zu seinen Filmen fällt es ihm immer schwerer, die Krankheit zu verheimlichen, seine zitternden Hände zu kontrollieren, die zuckenden Ticks. Die unbeschwerten Komödien, in denen er auftritt, geraten damit zu Ablenkungsmanövern von seiner Qual.
Eine Marionette seiner selbst
Seine Frau und die vier Kinder helfen ihm, mit der Krankheit umzugehen, am meisten aber sein Humor. Der 61-Jährige mag unheilbar krank sein, seine Selbstironie bleibt intakt. Sie flackert auch durch «Still», den neuen Dokfilm. Von Anfang an macht der Kranke darin klar, dass er sich jegliche Sentimentalität verbittet. «Solltest du Mitleid mit mir haben», sagt er, «muss ich dir mitteilen, dass ich Wichtigeres zu tun habe.» Nämlich zu überleben bei immer schlimmeren Symptomen. Diese macht der Film drastisch sichtbar. Fox geht wie ein Betrunkener und redet wie ein schwer Betrunkener. Er zuckt und stolpert, zappelt und zittert, stottert und grimassiert. Dann wieder friert sein Gesicht ein. Eine Marionette seiner selbst.
Statt sich wegen der Krankheit zu bemitleiden, macht er sich über sie lustig. Einmal torkelt er über das Trottoir, schwankt, verliert den Halt, fällt um. Eine erschrockene Passantin eilt ihm zu Hilfe. Er schaut zu ihr hoch und sagt: «You knock me off my feet.» Du haust mich um.
Dann steht er wieder auf.
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