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Aufruhr in der Sportwelt
Er sperrte Ukrainer, Russen lässt er zu – Box-Präsident sorgt für Eklat

Kämpft gerne mal mit speziellen Mitteln: Der 40-jährige Umar Kremlew, Präsident der Amateurboxer.
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Er ist Russe, Putin-Freund und Präsident des internationalen Amateur-Boxverbandes IBA. Und damit stecken wir in dieser Geschichte schon mitten im Schlamassel. 

Am 15. März beginnt in Indien die Amateur-WM der Frauen, im Mai kämpfen die Männer in Usbekistan. Die Athletinnen und Athleten aus Russland und Weissrussland dürfen dabei unter ihrer Landesflagge und begleitet von der Nationalhymne starten. Das hat zum Eklat geführt. Oder besser: zum nächsten Eklat. In den vergangenen Jahren hat es den IBA immer wieder tüchtig durchgeschüttelt. 

Die zentrale Rolle spielte dabei Umar Kremlew (40). Er präsidiert den Verband seit 2020. Er hat einen direkten Draht zum russischen Kriegsführer Wladimir Putin. Und er soll Mitglied der nationalistischen russischen Rockergang Nachtwölfe sein. 

Auf einer Wellenlänge: Russlands Präsident Wladimir Putin (l.) und Umar Kremlew bei der Eröffnung eines Boxcenters im September 2022 in Moskau.

Kremlew hat im vergangenen Jahr mit einer am Vorabend verhängten Sperre verhindert, dass der Niederländer Boris van der Vorst zur Kampfwahl ums Box-Präsidium antreten konnte. Er hat den russischen Energiekonzern Gazprom als Grosssponsor des IBA gewonnen. Und er hat jetzt dafür gesorgt, dass die russischen und weissrussischen Sportlerinnen und Sportler entgegen der Weisung vom Internationalen Olympischen Komitee (IOK) uneingeschränkte Teilnahmeerlaubnis haben an den Weltmeisterschaften.

Zuerst reagierten die Amerikaner auf die Zulassung von Russen und Weissrussen. «Bestenfalls inkompetent» sei der IBA, schimpfte Mike McAtee, Geschäftsführer des US-Boxverbandes. Die Amerikaner gaben bekannt, die Titelkämpfe zu boykottieren. Über 30 Verbände schlossen sich ihnen an, darunter auch die Schweiz und die Ukraine. 

Andreas Anderegg, Präsident des Schweizerischen Boxverbandes, sagt: «Neutral zu sein, bedeutet nicht, die Augen zu verschliessen.» Für ihn ist klar, dass ein Sponsor wie Gazprom untragbar ist, weil Gazprom den Krieg der Russen mitfinanziere. Auch Kremlew sei untragbar. Anderegg befürchtet, dass Boxen wegen der aktuellen Führung ganz aus dem olympischen Programm fliegen wird. 

Das IOK reagiert und nimmt Kremlew die Sommerspiele weg

Im IBA laufen die Geschäfte schon länger aus dem Ruder. Begonnen hat das vor Kremlew. Zum Beispiel machten korrupte Punktrichter an den Olympischen Sommerspielen 2016 in Rio Verlierer zu Siegern. Und den Verband plagten Millionenschulden.  

Das IOK entzog dem IBA die Organisation der olympischen Boxkämpfe an den Spielen von Tokio 2021 und verlangte «fundamentale Veränderungen» bei Kampfrichtern, wirtschaftlicher Transparenz oder ethischen Standards. 

Nun ist unter Kremlew offenbar alles noch etwas mieser geworden. Zwar nicht auf dem Bankkonto – gemäss Medienberichten hat Gazprom nach seinem Einstieg als Hauptsponsor erst einmal die Verbandsschulden in der Höhe von rund 15 Millionen Dollar getilgt. Aber sonst. 

Einen Eklat gab es auch im vergangenen Herbst: Da schloss die Führung um Kremlew die ukrainischen Boxerinnen und Boxer zwischenzeitlich aus wegen angeblicher Einmischung des ukrainischen Staates. Nun hat sie die Weltmeisterschaften zu Qualifikations-Wettkämpfen für die Olympischen Spiele 2024 in Paris erklärt. Tatsächlich hat das IOK vor einiger Zeit schon festgehalten, dass der Amateur-Boxverband wegen anhaltender Missstände auch mit den nächsten Sommerspielen nichts zu tun haben wird. Es gehe dem IBA offenbar nur noch darum, mit Falschinformationen Verwirrung zu stiften, sagt der Amerikaner McAtee.

Er findet alles «eine Farce»: Swiss-Boxing-Präsident Andreas Anderegg.

Für einige Dutzend nationaler Boxverbände, unter anderem auch für Swiss Boxing, ist die Nähe zum landeseigenen Olympischen Komitee und damit auch zum IOK wichtig, weil sie von den Dachorganisationen wesentliche Unterstützungsbeiträge erhalten. Für viele andere, finanziell schwächere Nationalverbände und deren Präsidenten aber scheinen die Dollars entscheidend zu sein, die Kremlew dank Gazprom verteilen kann.

Die Mehrheit der 206 Mitgliedsverbände stimmte für Kremlew

Andreas Anderegg ist sicher, dass Stimmen gekauft worden sind, um Kremlew an der Macht zu halten. Dieser hatte bei Abstimmungen die grosse Mehrheit der 206 stimmberechtigten Landesverbände hinter sich. Und so kann er weiter seine Spielchen treiben.

An der WM schüttet sein Verband 100’000 Dollar für die Siegerinnen und Sieger aus, 25’000 Dollar gibt es noch für Rang 3. Daneben setzt er auf neue Wettbewerbe mit schönen Prämien. Gerade hat seine Organisation bekannt gegeben, dass gerne auch Boxerinnen und Boxer aus boykottierenden Verbänden an der WM kämpfen sollen. Und sie hat wegen angeblichen Verstosses gegen den Ethikkodex Disziplinarmassnahmen eingeleitet gegen mehrere boykottierende Verbände, wie die USA, Kanada oder Tschechien. Anderegg kann darüber nur den Kopf schütteln. Er sagt: «Es ist eine totale Farce, was sich hier abspielt – das ist eine Schande für unseren Sport.»