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Lindsey Grahams erstaunliche Wandlung
Er nannte Trump einen Spinner und ist nun sein eifrigster Verteidiger

Opportunist und gewiefter Politiker: Lindsey Graham 
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Wenn Lindsey Graham auf Wahlkampfveranstaltungen spricht, beginnt er seine jeweilige Rede gern mit den Worten: «Ich komme von der Bundesregierung. Ich bin hier, um zu helfen.» Er hat sich diesen kleinen Witz vom ehemaligen Präsidenten Ronald Reagan geborgt, und er macht ihn schon eine ganze Weile: Der 65 Jahre alte Graham sitzt seit 2003 für den Staat South Carolina im US-Senat. Lange galt er als moderater Politiker, der mit den Demokraten zusammenarbeitet. Er wurde auf beiden Seiten des politischen Spektrums geachtet. Seit Donald Trump zum Präsidenten gewählt wurde, hat er jedoch eine erstaunliche Wandlung durchgemacht. Graham ist Trumps eifrigster und eilfertigster Verteidiger, was dazu geführt hat, dass die Demokraten ihn heute fast so verachten wie den Präsidenten selbst.

Von diesem Montag an wird Graham besonders im Fokus des demokratischen Furors stehen, denn als Vorsitzender des Justizausschusses im Senat leitet er die Anhörung von Amy Coney Barrett, die nach dem Willen der Republikaner den durch den Tod der liberalen Ruth Bader Ginsburg frei gewordenen Platz am Supreme Court einnehmen soll. Graham will das Verfahren noch vor der Wahl am 3. November durchbringen. Wenn alles nach seinem Plan läuft, werden die Republikaner Barrett in der letzten Oktoberwoche als neue Richterin auf Lebenszeit am Obersten Gerichtshof bestätigen.

Die designierte Bundesrichterin Amy Coney Barrett und Lindsey Graham bei einer Besprechung



Der ganze Vorgang erfüllt die Demokraten mit Wut, doch auf Graham sind sie besonders sauer. Das liegt daran, dass dieser im Oktober 2018 gesagt hatte, falls im letzten Jahr von Trumps erster Amtszeit ein Posten am Supreme Court frei werde, dann werde man bis nach der Wahl mit der Besetzung warten. Man könne ihn beim Wort nehmen. Diese Aussage interessiert ihn nun nicht mehr im Mindesten.

Dass er so offenkundig wortbrüchig geworden ist, hätte die Demokraten nicht überraschen sollen. Vor den Wahlen von 2016 hatte Graham mehrmals verlauten lassen, was er von Donald Trump hielt. Er bezeichnete ihn als Rassenhetzer, beschrieb ihn als «fremdenfeindlich» und «bigott». Er nannte ihn einen «Spinner», er sagte, Trump sei «ungeeignet für das Amt». Das hielt ihn nicht davon ab, Trump nach der Wahl in höchsten Tönen zu preisen. Besonders geht den Demokraten auf die Nerven, dass er Trumps Golfspiel so gerne lobt.

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«Verabscheuungswürdigster Vorgang»

Allerdings ist Graham nicht nur ein schamloser Opportunist, er ist auch ein gewiefter Politiker. Das hat er unter anderem bewiesen, als die Republikaner zuletzt einen Sitz am Supreme Court besetzten. Deren Kandidat Brett Kavanaugh wurde von Christine Blasey Ford beschuldigt, sie als Teenagerin sexuell belästigt zu haben. Ford sagte im Senat aus, sie wirkte glaubwürdig, während Kavanaugh keine gute Figur machte. Graham sah, dass den Republikanern die Angelegenheit zu entgleiten drohte. Er hielt eine krachende, fünf Minuten dauernde Rede, in der er den Demokraten vorwarf, Kavanaughs Leben zerstören zu wollen, um politisch zu punkten. Seinen republikanischen Kollegen rief er zu, falls sie nicht für Kavanaugh stimmten, legimitierten sie den «verabscheuungswürdigsten Vorgang», den er je in seinem politischen Leben gesehen habe. Das wirkte auf die Republikaner wie ein Weckruf. Sie wählten Kavanaugh, der ohne Grahams Rede des Zorns heute vermutlich nicht am Supreme Court sässe.

Damals schnellten Grahams Umfragewerte in die Höhe, nachdem sie zuvor gesunken waren – womöglich, weil die Basis nicht vergessen wollte, was er einst über Trump gesagt hatte. Einen ähnlichen Effekt erhofft sich Graham jetzt erneut: dass die republikanische Basis es ihm hoch anrechnet, wenn er als Chef des Justizausschusses dafür sorgt, dass die Richterstelle rasch besetzt wird. Er kann alle Unterstützung gebrauchen: Graham stellt sich im November zur Wiederwahl als Senator, und sein demokratischer Konkurrent Jaime Harrison hat zuletzt dramatisch aufgeholt.

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Podium: Donald Trump ist der umstrittenste Politiker der Gegenwart. Im November stellt er sich der Wiederwahl. Wie sind seine Chancen? Wie ist seine Bilanz? Wird ihn Joe Biden schlagen? Und vor allem: Was bedeutet es für die USA und die Welt, wenn Trump vier weitere Jahre regiert? Darüber debattieren: Elisabeth Bronfen, Anglistikprofessorin an der Universität Zürich, Christof Münger, Ressortleiter International beim Tages-Anzeiger, Markus Somm, Publizist. Sonntag, 18. Oktober 2020, Kaufleuten, Pelikanplatz, Zürich. Türöffnung 19.00 Uhr, Beginn 20.00 Uhr. Ermässigter Eintritt mit Carte blanche.