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Todesgefahr im Kopf
Er fühlte sich wie ein Geisterfahrer – bei über 300 km/h

«Verdammt, was ist los?!» Raul Fernandez fürchtete auf der Rennstrecke um sein Leben.
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Auf einmal war er überfordert. In jeder Kurve lauerte die Gefahr. «Ich hatte plötzlich kein Gefühl mehr für die Geschwindigkeit und bremste immer falsch. Ich überschoss dauernd, ich konnte nicht mehr fahren. ‹Verdammt, was ist los?›, schrie ich in meinen Helm.»

Raul Fernandez ist ein Neuling in der Motorrad-Königsklasse MotoGP, und er erlebte diesen Schockmoment bei Testfahrten vor der laufenden Saison in Indonesien. Tags zuvor war der 21-jährige Spanier gestürzt, er erlitt eine Gehirnerschütterung. Aber für einen Rookie sind die Testfahrten wichtig: Es geht darum, sich nach dem Aufstieg aus der Moto2-Klasse an die schwerere Maschine und die höheren Tempi zu gewöhnen. Also stieg Fernandez nach einer unruhigen Nacht doch wieder aufs Motorrad.

Doch ihm fehlte nach dem Sturz jegliches Gespür. «Ich fühlte mich zwar gut und dachte, ich bremse genau am richtigen Ort. Tatsächlich bremste ich aber 20 Meter zu spät.» Prompt stürzte er erneut, und im Gespräch mit Journalisten hinterher machte er seine Gehirnerschütterung dafür verantwortlich. «Ich fürchtete um mein Leben», sagte er. Zur Einordnung: MotoGP-Maschinen sind über 350 km/h schnell. «Aber es fühlte sich an wie 600», berichtete Fernandez.

Grosser Druck auf die Rennärzte

Wie in vielen anderen Sportarten wird auch in der Motorrad-WM ein sogenanntes «concussion protocol» angewandt, ein Prozedere nach der Gehirnerschütterung eines Fahrers. Es regelt, unter welchen Umständen dieser zurück auf die Piste geschickt werden darf. Das letzte Wort haben die Ärzte in der mobilen Rennklinik. Sie gaben auch nach Fernandez’ erstem Sturz grünes Licht.

Die Checkliste in der MotoGP trägt den Namen «Scat5». Der britische Fachjournalist Simon Patterson, der die WM eng begleitet, schreibt in seinem Blog jedoch ohne Illusionen: «Es ist viel zu leicht, ‹Scat5› zu umgehen. Man kann einfach sagen, man fühle sich gut. Kommt dazu, dass alle möglichen Parteien Druck ausüben und natürlich auch die Fahrer so schnell wie möglich auf den Sattel zurückkehren wollen. 99 Prozent nehmen in Kauf, auch verletzt zu fahren.»

Patterson hat sich in der Szene einen Namen geschaffen, Gehirnerschütterungen hartnäckig zu thematisieren – und macht sich damit nicht überall Freunde. Er verlangt: Die MotoGP muss ihren Umgang mit Gehirnerschütterungen und deren Folgen ändern.

Auch Kubo kehrte zu schnell zurück

Am vergangenen Wochenende kam es im Rahmen des GP von Portugal zu einem vergleichbaren Fall. Der thailändische Moto2-Pilot Keminth Kubo zog sich bei einem Sturz am Samstag eine Gehirnerschütterung zu und erhielt von den Rennärzten eine Zwangspause verordnet. Tags darauf durfte er im Rennen jedoch bereits wieder starten, obschon er sich – dies machte er anschliessend in einer Medienmitteilung seines Teams auch noch öffentlich – nicht wohlgefühlt habe.

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Dass die MotoGP die Problematik von Kopfverletzungen nicht ernster zu nehmen scheint, erstaunt. Während das Fahren dank neuer Strecken mit grösseren Auslaufzonen und besserem Equipment wie den Kombi-Airbags immer sicherer wird, lauert im Kopfbereich unverändert die Lebensgefahr. Vor knapp einem Jahr verstarb das Schweizer Talent Jason Dupasquier auf der Strecke, als ihm nach einem Sturz der nachfolgende Fahrer in den Kopfbereich fuhr.

Die Entwicklung und die Einführung von Helm-Airbags werden seither diskutiert, aber noch ist es längst nicht so weit. Dabei könnte diese Massnahme die Gefahr eines Polytraumas mindern. Doch nicht einmal Sensoren an den Ohrstöpseln der Fahrer, wie sie die Formel 1 und andere Autoserien kennen, sind in der Motorrad-WM mehrheitsfähig. Mit solchen Sensoren wird die Belastung gemessen, die auf Kopf und Nacken wirkt. Im Falle von zu grossen Kräften könnte der Fahrer aus dem Rennen genommen werden. 

«Das würde es erlauben, die Folgen von Gehirnerschütterungen zu überwachen», sagt der australische MotoGP-Fahrer Jack Miller gegenüber dem Fachmagazin «The Race». Unumwunden gibt er aber zu: «Dann würden sie unseren Sport wohl verbieten. Ich bin gegen ein solches Instrument.»

Dieser Text stammt aus der aktuellen Ausgabe. Jetzt alle Artikel im E-Paper der SonntagsZeitung lesen: App für iOS – App für Android – Web-App

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