English first verbreitet sichOh my goodness – in Zürich ist jede achte Person englischsprachig
Die Kellnerin versteht nur noch Englisch? Am Elternabend der Schule muss simultan übersetzt werden? Das ist in der Stadt Zürich gelebte Realität, aber nicht nur da. Jetzt gibt es neue Zahlen des Bundes.
Wer in Zürich oder am Zürichseeufer lebt, hat es längst bemerkt: Man spricht Englisch. Die Weltsprache hat auch den Schweizer Alltag erobert.
Im In-Lokal gibt es den Flat White, also den Milchkaffee, zum Teil nur noch, wenn man ihn auf Englisch bestellt. Wer eine Schale will, muss umdenken. Die Menükarte ist ohnehin nur in der «fünften Landessprache» geschrieben, welche eigentlich die zweite ist.
Am Elternabend in der Primarschule? Da müssen oft Einheimische als Simultanübersetzerinnen einspringen. Auch in der S-Bahn ist Englisch auf manchen Strecken dem See entlang vorherrschende Umgangssprache. Nicht unbedingt, weil nur Briten oder US-Amerikaner Zug fahren, sondern weil auch viele Anderssprachige sich in Englisch unterhalten – und hier Geborene.
Jugendliche, aufgewachsen mit Social Media, Gaming und Youtube, sprechen auch dann Englisch miteinander, wenn sie zu Hause Schwiizertüütsch reden. «Ob ich Deutsch oder Englisch spreche, merke ich nicht mehr», sagten junge Leute in einer Reportage dieser Redaktion.
Neue Zahlen des Bundesamts für Statistik, über welche die NZZ als erste berichtet hat, bestätigen nun diesen Trend.
Siebenmal mehr Englischsprachige
Im Landesvergleich ist Englisch im Kanton Zug am wichtigsten. In der schön am Zugersee gelegenen und gut situierten Gemeinde Walchwil, einem ehemaligen Bauern- und Fischerdorf, leben besonders viele Expats. Dort gaben nicht weniger als 27,5 Prozent der Einwohnerinnen und Einwohner über 15 Jahre Englisch als Hauptsprache an. Im Kanton Zug hat sich die Zahl der Englischsprachigen seit dem Jahr 2000 auf 14,1 Prozent versiebenfacht.
Aber nicht nur das Zugerland hat sich sprachlich umorientiert. Im Kanton Zürich geben 10,8 Prozent Englisch als Hauptsprache an. In der Stadt Zürich sprechen 12,5 Prozent Englisch, jede achte Person also. In Küsnacht ist es gar jede sechste. Und zieht man die ältere Generation ab, welche noch Französisch als Zweitsprache hatte, sind es mit Sicherheit bedeutend mehr.
Junge nutzen Englisch regelmässig
Denn in der Gruppe der 15- bis 24-Jährigen sprechen, schreiben, lesen oder hören fast 75 Prozent mindestens einmal pro Woche Englisch. 2014 waren es noch 62 Prozent gewesen. Bei den Ü-75 beträgt die entsprechende Zahl 15 Prozent, sagt die Statistik.
Zum Vergleich: Im Jahr 2016 gaben in der Stadt Zürich noch 9 Prozent der Bevölkerung Englisch als Hauptsprache an, also 3,5 Prozent weniger als jetzt. Italienisch nannten 6 Prozent der befragten Personen, Französisch 5 Prozent. Bereits damals war Englisch aber die Arbeitssprache von 37 Prozent der Werktätigen.
Gebräuchlichste Zweitsprache
Zurück zur aktuellen Erhebung. Englisch ist neu in allen Altersgruppen und Schweizer Sprachregionen die gebräuchlichste Sprache neben dem lokalen Idiom. Bei 45 Prozent der Bevölkerung kommt Englisch regelmässig zum Einsatz. Aber nur 39 Prozent sprechen regelmässig Französisch und 15 Prozent Italienisch.
Auch eine erst kürzlich von der Universität Genf veröffentlichte Studie bestätigt gemäss NZZ, dass Englisch zumindest an den Gymnasien dominierend ist. «Der Zug für die Landessprachen an den Schulen ist mehr oder weniger abgefahren», sagt Studienautor Daniel Elmiger.
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