Englisches MärchenKein anderer Fussballer hat einen solchen Aufstieg erlebt
Als Pelly Ruddock Mpanzu nach Luton wechselte, gehörte der Verein der fünfthöchsten Liga Englands an. Nun spielt der 29-Jährige mit dem Club in der Premier League.
Jetzt, da er angekommen ist in der besten Liga der Welt, kann Pelly Ruddock Mpanzu darüber lachen. «Wollte ich hierherkommen?», fragt er in «The Athletic», um dann gleich selbst die Antwort zu liefern: «Auf keinen Fall!»
Hier, das ist der Luton Town F.C. Der Verein, jahrzehntelang in den Niederungen der englischen Knochenbrecher-Ligen verschwunden, hat einen beachtlichen Aufstieg hinter sich. Und keiner verkörpert diesen wie der 29-Jährige.
Als Mpanzu 2013 nach Luton kam, mussten er und seine Mitspieler während des Trainings manchmal Hündeler fortscheuchen, weil diese ebenfalls die Erlaubnis hatten, das Feld zu betreten. So erzählt er das.
Der Club spielte damals in der National League, der fünfthöchsten Liga. Der Mittelfeldspieler hatte nicht vor, lange zu bleiben, schliesslich hatte er bei West Ham der U-21 angehört, für die Profiequipe war er zu einem Einsatz gekommen. Er sah Luton als Umweg an – als nervigen zwar, aber auch als notwendigen. Er habe sich gedacht, er sei andere Ansprüche gewohnt, sagt Mpanzu. «Aber manchmal muss man das Risiko eingehen.» Von West Ham her kannte er piekfeine Plätze, mit Rasen, die so akribisch gepflegt wurden, dass der Platzwart einen Herzinfarkt erlitten hätte, wären Hündeler darauf herumgelaufen.
Bei Mpanzus Debüt für Luton in der FA Trophy waren 621 Leute vor Ort, kürzlich gastierte er bei Chelsea vor knapp 40'000 Zuschauern. Der Club hatte damals 50'000 Pfund für ihn bezahlt, nun beläuft sich sein Marktwert auf 1 Million Euro. Aber Zahlen werden seiner Geschichte nicht gerecht. Sie lebt vielmehr von den unbezahlbaren Emotionen. Sie erzählt von Vereinstreue, einer Tugend, die es immer seltener gibt.
Ein paarmal stand der Engländer mit Wurzeln in der Demokratischen Republik Kongo vor dem Wechsel, irgendetwas kam immer dazwischen. Vor allem aber spürte er, dass es vorwärtsging. 2014 Aufstieg in die League Two, die vierthöchste Liga, 2018 Aufstieg in die League One, ein Jahr später direkt weiter in die Championship, die zweithöchste Stufe.
Die Geschichte wäre schon gut gewesen. Aber auf diese Saison hin gelang Luton auch noch der Aufstieg in die Premier League – natürlich mit Mpanzu im Mittelfeld. Er ist damit der erste Spieler in England überhaupt, der mit einem Verein jeden einzelnen Schritt von der fünfthöchsten in die höchste Liga vollzogen hat. Für Luton hat er bald 400 Partien bestritten.
Europaweit gibt es zwar vergleichbare Fälle. Etwa Dominik Kaiser, der mit Leipzig von der Regionalliga Nordost bis in die Bundesliga aufgestiegen ist. Oder Christian Fassnacht, der von Thalwil bis YB, von der 2. Liga inter bis in die Super League, alle fünf Stufen durchschritten hat. Aber Kaiser war schon Bundesligaspieler gewesen, bevor er den Transfer zum Red-Bull-Projekt vollzog. Und Fassnacht hatte Jahr für Jahr den Verein gewechselt, ehe er in Bern unterschrieb.
Das macht Mpanzus Aufstieg einzigartig. Der Luton Town F.C. habe sich in dieser Zeit verändert, sagt er. «Alles ist nun professioneller. Aber», fügt er an, «ich glaube, ich bin immer noch derselbe.»
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