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Freier Personenverkehr
«Endlich dürfen die Kroatinnen und Kroaten mitspielen»

Die Schweiz behandelt Kroatinnen und Kroaten nun wie andere EU-Bürger.
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«Die Kroaten fühlen sich gegenüber anderen EU-Bürgern ungerecht behandelt»: Das sagte Slobodan Mikac, der kroatische Generalkonsul in Zürich, im Jahr 2016. Die Kroatinnen und Kroaten seien praktisch Geiseln eines Problems, das sie weder verursacht hätten noch lösen könnten.

Kroatien war damals seit drei Jahren Mitglied der Europäischen Union. Die Personenfreizügigkeit galt für sie aber nicht: Nach dem Ja zur Masseneinwanderungsinitiative weigerte sich die Schweiz zunächst, das entsprechende Protokoll zu ratifizieren. Für kroatische Staatsbürger standen nur gerade 50 Jahresbewilligungen zur Verfügung. Später gab es in einer Übergangsphase höhere Kontingente.

Seit Anfang 2022 gilt für kroatische Staatsangehörige und Unternehmen nun die volle Personenfreizügigkeit. Slobodan Mikac ist froh darüber: «Endlich dürfen die Kroatinnen und Kroaten mitspielen», sagt er. Aber wollen sie das auch?

Mehr Bewilligungen erteilt

Zurzeit ist das Interesse gross: In der ersten Januarwoche wurden mehr Aufenthaltsbewilligungen B erteilt, als im Vorjahr in einem Quartal zur Verfügung standen, wie das Staatssekretariat für Migration (SEM) auf Anfrage schreibt. Im vergangenen Jahr standen insgesamt 250 B-Bewilligungen zur Verfügung, also etwa 60 pro Quartal.

Und trotzdem: Mit einem über Jahre anhaltenden riesigen Interesse ist nicht zu rechnen. Bei anderen Ländern ist die Zahl der Bewilligungen nach der Aufhebung der Kontingente jeweils vor allem im ersten Jahr gestiegen. Das sei auch bei Kroatien zu erwarten, schreibt das SEM.

Sollte die Zuwanderung kroatischer Arbeitskräfte einen bestimmten Schwellenwert überschreiten, könnte die Schweiz die Zahl der Bewilligungen zudem erneut begrenzen, und zwar bis Ende 2026. Da die Bevölkerungszahl Kroatiens relativ klein ist, macht der Anteil der kroatischen Zuwanderung in die Schweiz nur einen sehr kleinen Teil der Zuwanderung aus der EU aus.

«Wer wegwollte, ist bereits gegangen»

Der Generalkonsul rechnet nicht damit, dass in den nächsten Jahren sehr viele Kroatinnen und Kroaten in die Schweiz kommen wollen. «Wer wegwollte, ist bereits gegangen», sagt Mikac. Über eine halbe Million kroatische Staatsbürger leben heute in einem anderen EU-Land, ein grosser Teil davon in Deutschland. In der Schweiz leben rund 28’000 Kroatinnen und Kroaten – mit den Doppelbürgern sind es laut dem Generalkonsul rund 70’000.

Slobodan Mikac, der Generalkonsul Kroatiens in Zürich, freut sich über die Neuerung.

Hinzu komme, dass sich die Lebensqualität in Kroatien verbessert habe, sagt Mikac. Seit kurzem unterstützt das Land ausserdem Rückkehrer, etwa mit finanziellen Zuschüssen für Selbstständigerwerbende. Die erste Generation der Auswanderer kehrt ohnehin zurück. «Viele möchten nach der Pensionierung lieber an der Adria leben, zumal das Leben in Kroatien günstiger ist als in der Schweiz», sagt Mikac.

Das teure Leben in der Schweiz könnte auch kroatische Staatsbürger, die in Deutschland leben, von einem Wechsel in die Schweiz abhalten. Während in früheren Jahren auch viele Ingenieure und Techniker in die Schweiz zogen, sind es heute laut dem Generalkonsul neben Studierenden oft Arbeiterinnen und Arbeiter. Für sie sei es zuweilen schwierig, eine günstige Wohnung zu finden. «In Zürich sind Wohnungen fast zehnmal so teuer wie in Zagreb», sagt Mikac. Zuwandern würden wohl vor allem Menschen, die bereits Verwandte in der Schweiz hätten.

Wichtig ist aus Sicht des Generalkonsuls, dass es kroatischen Firmen nun möglich ist, Arbeitnehmende für die Montage in die Schweiz zu entsenden. Mit einer Voranmeldefrist von acht Tagen dürfen die Entsandten für drei Monate in der Schweiz arbeiten. Bisher konnten kroatische Firmen zwar in der Schweiz Waren verkaufen, aber nicht ohne weiteres Montagen durchführen. Busfahrer zwischen Zagreb und Zürich mussten Arbeitsbewilligungen einholen.

«Die Schweiz hat einen sehr guten Ruf»

Dass solche Probleme wegfallen, freut auch Jozo Dalic, Mitglied des Rates der Regierung Kroatiens für Kroaten ausserhalb des Landes. «Wir haben mit grosser Freude die Nachricht von der Öffnung der Schweizer Grenze für kroatische Staatsbürger erhalten», sagt er. Die kroatische Gemeinschaft begrüsse den Schritt – auch wenn sie sich gewünscht hätte, er wäre früher erfolgt.

Jozo Dalic hat selber keine Verwandten, die nun in die Schweiz kommen wollen. Er wisse aber von Bekannten, die sich informiert hätten. «Die Schweiz hat einen sehr guten Ruf in der kroatischen Öffentlichkeit.»

Ein grosser Teil der kroatischen Gemeinschaft in der Schweiz lebt in der Deutschschweiz, vor allem im Kanton Zürich. Die Gemeinschaft sei gut integriert, bemühe sich aber auch, die eigene Identität und Muttersprache zu bewahren, sagt Dalic. Viele besuchten Kultur-, Folklore- und Sportvereine sowie kroatische katholische Missionen.