Brand in Elgg «Ein Flammenmeer vor dem Fenster – schon wieder»
In der Nacht auf Dienstag ist in Elgg ein Schopf abgebrannt. Es ist der dritte Brand innert weniger Wochen. Die Polizei ermittelt. Im Dorf kommen derweil ungute Erinnerungen an die Brandstifter-Serie vor zwölf Jahren auf.
Es sind nur noch verkohlte Überreste zu sehen. Eingestürzte Balken ragen in den trüben Himmel, von einem Töffli oder kleinen Traktor ist nur noch ein in sich zusammengeschmolzenes Metallskelett übrig. Ein rot-weisses Band grenzt die Brandzone in der äusseren Hintergasse in Elgg ab. Es hat im Ortskern in der Nacht auf Dienstag gebrannt – schon wieder, denn bereits vor einem Monat sind in Elgg mehrere Gebäude abgebrannt.
Die Meldung vom aktuellen Brand ging kurz vor halb drei Uhr bei der Notrufzentrale ein. Der Schopf war nicht bewohnt gewesen, Verletzte gab es deshalb keine. Es mussten jedoch mehrere Personen aus den umliegenden Häusern kurzzeitig evakuiert werden, wie die Kantonspolizei mitteilte.
«Das brennt wie Zunder»
Beim Eintreffen der Einsatzkräfte stand das Gebäude bereits in Vollbrand. «Es war ein altes Holzgebäude. Da braucht es nicht viel, besonders wenn es dann noch so windet wie letzte Nacht», sagt Roger Bonetti von der Kantonspolizei. «Das brennt wie Zunder.» Die Rettungskräfte waren mit rund fünfzig Leuten im Einsatz und brachten den Brand unter Kontrolle, bevor er sich auf umliegende Gebäude ausweiten konnte.
Über Alertswiss warnten die Behörden vor dem Rauch. Die Bevölkerung wurde aufgefordert, Fenster und Türen zu schliessen. Um 4 Uhr kam die Entwarnung, dass das Feuer gelöscht sei.
Medienrummel und Verunsicherung
Am Morgen danach hat sich die Aufregung der Nacht gelegt. Passanten spazieren am verkohlten Gebäude vorbei, sprechen mit den Medien, die nun zahlreich vor Ort sind, mit Kameras und Mikrofonen. Das Interesse der Journalistinnen und Journalisten hat denn auch nicht nur mit dem niedergebrannten Schopf zu tun, sondern damit, dass exakt vor einem Monat nur eine Strasse weiter an der Hintergasse mehrere leer stehende Gebäude gebrannt hatten.
Die betroffenen Liegenschaften sind nur rund 80 Meter voneinander entfernt. Bewohnerinnen und Bewohner wurden evakuiert und können zum Teil bis heute nicht in ihre Wohnung zurück. Anfang März wiederum verursachte ein Brand in einer Lagerhalle in Elgg einen grossen Sachschaden.
Das Interesse hat aber auch damit zu tun, dass vor zwölf Jahren in Elgg rund dreissig Brände gelegt wurden. Mithilfe eines DNA-Abgleiches konnte ein damals 25-jähriger Feuerwehrmann überführt werden, der neunzehn der Brände gestand. Der Täter hatte damals unbewohnte Gebäude angezündet. In kurzen Abständen brannten unter anderem ein Jagdhaus, eine Reithalle, ein Stall, ein Vereinslokal und eine Tankstelle.
«An diese Brandserie erinnern sich die Leute selbstverständlich, wenn es wieder brennt», weiss auch Gemeindepräsidentin Ruth Büchi-Vögeli. Sie ist an diesem Dienstagmorgen ebenfalls beim Brandort, spricht mit den Medien und den Passanten und Passantinnen. «Offiziell aufgeboten wurde ich dieses Mal nicht, die Feuerwehr konnte die Leute unkompliziert ins Restaurant Obertor evakuieren, es brauchte mich nicht zusätzlich», erzählt sie. Von dem Brand erfahren habe sie durch ihren Sohn, der bei der Feuerwehr sei. «Als ich zur Brandstelle kam, war der Brand schon gelöscht, die Rettungsdienste hatten die Situation unter Kontrolle.»
Zum zweiten Mal evakuiert
Besonders erschreckend waren die Ereignisse der Nacht für die Anwohnenden im Gebäude gleich nebenan. Denn dort leben im Moment Personen, die bei den Bränden vor einem Monat ihre Wohnung verloren haben. Eine ältere Frau schaut zum Fenster raus. Ihren Namen möchte sie nicht in der Zeitung lesen. Erzählen tut sie trotzdem: «Es ist grausam. Schon wieder bin ich nachts erwacht, weil es taghell war im Zimmer. Aus dem Fenster sah ich nur noch ein Flammenmeer. Glut und Funken flogen durch die Luft. Ich habe die Jacke angezogen, den Hund gepackt und bin raus.»
Die Anwohnenden wurden kurzzeitig im Restaurant Obertor untergebracht. «Wir konnten aber nach wenigen Stunden zurück in die Wohnungen», erzählt die Anwohnerin weiter, bevor sie sich in die Wohnung zurückzieht, zum Putzen. «Es ist alles voll Asche.»
Eine Passantin bleibt derweil auf der Strasse vor der Brandruine stehen, sichtlich erschüttert. Auch sie war bereits vom letzten Brand betroffen, erzählt sie, und musste damals evakuiert werden. «Es kommt alles wieder hoch, die Angst, der Stress.» Ihr Mann ist gefasster, er war beim Brand selber damals nicht zu Hause. Er erzählt: «Bis heute können wir erst einige Zimmer unserer Wohnung wieder bewohnen. Vor einer Woche haben wir immerhin wieder Zugang zu unseren Kleidern erhalten.»
Unklar, ob die Brände zusammenhängen
Die Angst, dass wiederum ein Brandstifter hinter den Bränden stecken könnte, schwinge in den Köpfen der Anwohnerinnen und Anwohner von Elgg mit, das spüre sie in den Gesprächen, sagt Gemeindepräsidentin Büchi-Vögeli. «Ein Anwohner sagte mir heute Morgen etwa, dass er jetzt wohl besser seinen Schopf jeweils abschliesse. Halb im Scherz, aber halt doch.» Der Gemeinderat sei sich der Verunsicherung in der Gemeinde bewusst, sagt Büchi-Vögeli weiter, und werde diskutieren, ob entsprechend etwas unternommen werden kann respektive muss.
Bei der Polizei stehen die Ermittlungen noch am Anfang. Die Kantonspolizei Zürich sicherte Spuren und befragte mehrere Personen. Wenn der Schutt weggeräumt ist, können die Brandspezialisten weitere Untersuchungen machen, sagt Roger Bonetti von der Kantonspolizei. Nach Schätzungen der Polizei beträgt der Sachschaden mehrere Zehntausend Franken. Der betroffene Schopf befindet sich am Rand des historischen Dorfkerns und ist im Schutzinventar nicht als ortsbildprägend eingetragen. «Brandstiftung ist gemäss ersten Erkenntnissen nicht ausgeschlossen», sagt Bonetti. Ob ein Zusammenhang zwischen den Bränden vom März oder sogar jenen von vor zwölf Jahren besteht, könne noch nicht gesagt werden.
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