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Vom Acker an die Bande
Er sortierte Kartoffeln – jetzt will er Fribourg zum Titel führen

Trainer Lars Leuenberger von Fribourg-Gottéron gestikuliert energisch während eines Eishockeyspiels gegen die SCL Tigers.
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In Kürze:
  • Im Dezember übernahm Lars Leuenberger in Freiburg von Patrick Emond.
  • Unter Leuenberger gewann Gottéron am Spengler-Cup den ersten Titel in 87 Jahren.
  • Fribourg lag auf Rang 11, schaffte aber noch die direkte Playoff-Qualifikation.
  • Gottéron gewann das erste Playoff-Spiel in Bern in der zweiten Overtime mit 4:3.

Sie wurden belächelt und verhöhnt, galten im hiesigen Eishockey als «die Titellosen». Nie zuvor hatte Gottéron eine bedeutende Trophäe gewonnen. Bis kurz vor Weihnachten Lars Leuenberger übernahm. Neun Tage später sicherte sich Fribourg am Spengler-Cup den ersten Titel in seiner 87-jährigen Geschichte. Und nun gelingt dem Team zum Playoff-Auftakt in Bern gleich das Break. Zufall? Kaum.

Leuenberger weiss, wie man gewinnt. 2016, nach der Entlassung von Guy Boucher, führte er den SCB von Rang 8 zum Meistertitel. Doch noch vor dem Playoff entschied der Club, in der darauffolgenden Saison auf den Finnen Kari Jalonen zu setzen. Leuenberger selbst machte seinen Abgang nach der Halbfinal-Qualifikation publik.

An einem strahlenden Märztag sinnierte der Uzwiler über die Chancen von Schweizer Trainern. «Wir müssen selbstbewusster auftreten – wie die Nordamerikaner. Einem Kanadier traut man mehr zu», meinte der damals 40-Jährige und hoffte auf den Erfolg des frisch ernannten Nationaltrainers Patrick Fischer. «Dann sehen die Leute, dass es funktioniert. Es könnte der Durchbruch für uns Schweizer sein.»

Neun Jahre später sitzt Leuenberger wieder in der Frühlingssonne – diesmal im idyllischen Naherholungsgebiet in seiner Wohngemeinde nahe Bern. Inzwischen führte Fischer die Schweiz zweimal zu WM-Silber. Leuenberger wurde mit Bern Meister, vertrat in Biel eine Saison lang den an Krebs erkrankten Antti Törmänen und erreichte mit Olten zweimal den Swiss-League-Final. Nun hat er auch Gottéron auf Erfolg getrimmt.

Bei Leuenbergers Ankunft lag die Mannschaft seines Vorgängers Patrick Emond auf Rang 11 und stand ohne Selbstvertrauen da. Der Nothelfer hauchte ihr neues Leben ein, schaffte die direkte Playoff-Qualifikation und machte Fribourg mit 2,1 Punkten pro Spiel zum besten Team der Liga. Gern hätten die Saanestädter Leuenberger schon früher verpflichtet, doch der ehemalige Stürmer, der ab der kommenden Saison als Assistent von Roger Rönnberg bei Gottéron unterschrieben hatte, lehnte zunächst ab.

Trainer Lars Leuenberger vom SC Bern jubelt mit dem Pokal während der Meisterfeier in der Post-Finance-Arena nach dem Gewinn des Eishockey-NLA-Playoff-Finals.

Das Duo wollte gemeinsam starten. «Wenn du mitten in der Saison einspringst, kann es gut gehen – oder auch nicht. Im schlimmsten Fall wird es schwierig, danach weiterzumachen. Davor hatte ich Respekt», gesteht Leuenberger. «Als ich jedoch sah, dass es bei Gottéron nicht mehr vorwärtsging, fühlte ich mich verpflichtet, zu helfen.»

Nächste Saison ins zweite Glied zurückzukehren, sei kein Problem. «Ich sehe darin keinen Rückschritt», betont der Ostschweizer. «Die Zeiten, in denen Assistenztrainer nur Pucks herumschoben, sind längst vorbei. Heute hat jeder seine feste Rolle.» Mit Rönnberg, dem vierfachen Champions-League-Sieger und zweifachen Meister mit Frölunda, steht er schon jetzt im Austausch, er hat ihn auch in Schweden besucht.

Der SCB brach ein Versprechen

Leuenbergers Karriere war nicht nur von stetigem Aufstieg geprägt. Beim SCB zeichnete er bis 2020 drei Jahre lang für die Sportstrategie verantwortlich – ein Job, der ihn erfüllte. Doch das Versprechen, ihn als Trainer wieder einzusetzen, wurde nicht eingehalten. Stattdessen holte der Club einen Kanadier, der die Spieler verwechselte – und bei dem alle froh waren, als sie während der Pandemie in Quarantäne mussten.

Groll hegt der Uzwiler dennoch keinen. Seine beiden Söhne spielen sogar in der Nachwuchsabteilung des SCB. «Natürlich», gesteht der 49-Jährige, «war ich enttäuscht, als sich der SCB für Jalonen entschied. Doch rückblickend ist es verständlich. Er brachte viel Erfahrung mit und war erfolgreich. Vielleicht hätte der SCB anders entschieden, wenn wir damals einen Lauf wie jetzt mit Fribourg gehabt hätten. Ich hatte den Erfolg am Ende der Saison.»

Sven Leuenberger, ZSC-Sportchef und Bruder von Lars, sagte unlängst im Eishockey-Podcast des «Blicks»: «Ich habe andere Clubs gefragt, weshalb sie meinem Bruder keine Chance gegeben haben. Ich weiss nicht, ob man es mir nicht sagen will, ob es überhaupt Gründe gibt oder ob es daran liegt, dass er Schweizer ist.» Darauf angesprochen, reagiert Lars gelassen. «In den letzten neun Jahren war ich nur eine Saison ohne Job. Sonst habe ich immer wieder Chancen und Anfragen erhalten – ich habe nur nicht alles nach aussen getragen.»

Leuenberger ist selbstkritisch, hinterfragt sich und seine Arbeit. Nach seiner Entlassung in Olten im Januar 2024 brauchte er Zeit, um die Enttäuschung zu verarbeiten. «Ich habe mir gut überlegt, was ich machen will, spürte aber schnell, dass ich im Eishockey bleiben möchte. Es ist mein Antrieb, mein Leben – das, was mir gefällt und was ich kann.»

In der Zwischenzeit arbeitete er als TV-Experte, verfolgte andere Projekte, bildete sich weiter – und half sogar auf einem Bauernhof aus. «Ich habe einem Kollegen bei der Kartoffelernte geholfen. Frühmorgens sassen wir beim Sonnenaufgang auf dem Wagen und sortierten Kartoffeln. Eine bereichernde Erfahrung.»

«Dann gibt es ein Erdbeben in Bern»

Gottérons Nothelfer gilt als fordernd, war aber stets bereit, neue Wege zu gehen und sich anzupassen. «Ich habe gelernt, mich selbst nicht zu wichtig zu nehmen, andere einzubinden und auch die Captaingruppe nach ihrer Meinung zu fragen. Früher wollte ich auch mal mit dem Kopf durch die Wand, heute gehe ich besser mit Niederlagen um.» Entscheidend sei, wie man sich präsentiere: «Entweder füllst du den Raum mit deiner Präsenz oder mit Worten. Mit meiner Grösse fülle ich ihn definitiv nicht», sagt Leuenberger und lacht. Er misst 1,72 Meter.

Die Begeisterung rund um Gottéron ist so gross wie schon lange nicht mehr. Bereits in der Qualifikation war die Arena stets restlos ausverkauft – ein Wert, den kein anderes Team erreichte. Das Zähringer-Derby entfacht nun zusätzliche Emotionen. Und das nicht nur bei Leuenberger, der 20 Jahre für den SCB tätig war und als Spieler, Assistent sowie Trainer Meistertitel feierte.

Gottéron gilt als Aussenseiter, konnte in den letzten zehn Jahren nur zwei Playoff-Serien gewinnen. «Der SCB ist unter Druck», sagt Leuenberger. «Wenn er die Serie nicht gewinnt, gibt es ein mittleres Erdbeben in Bern.» Trotzdem gibt er sich selbstbewusst: «Wir brauchen uns nicht zu verstecken und gehen an den Start, um zu gewinnen.»

Dieser Ehrgeiz begleitet ihn seit Kindesbeinen. «Mein Bruder ist sechs Jahre älter. Wer war als Kind wohl stärker? Natürlich er. Das hat mich geärgert, aber auch angespornt, besser zu werden.»