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Einsam in Rümlang
So verhindert das Gesetz die Paarung von Waldrapp Rupert

Dazu wird es heuer in Rümlang kaum noch kommen. Vergangenen Sommer brüteten Waldrapp-Weibchen Rupert und Partner Enea zwei Küken aus. Enea ist unterdessen tot, Rupert allein in Rümlang. Ein Partner wird dem Vogel nicht gebracht werden.
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Am 8. April flog Waldrapp-Weibchen Rupert ins Industriegebiet Rümlang. Dieses kennt es vom letzten Sommer, als es zusammen mit Enea die beiden Küken Panhead und Knuckle grosszog. Doch nach der Rückkehr wird es hier kein Happy End geben für Rupert.

Denn seit das Waldrapp-Weibchen wieder daheim ist, wartet es vergebens auf seinen letztjährigen Partner Enea. Dessen Sender verschwand Mitte März in Italien vom Radar – die Verantwortlichen des Waldrappteams gehen davon aus, dass der seltene Vogel gewildert wurde. Das Waldrappteam ist verantwortlich für die Wiederansiedlung des vormals in Europa ausgestorbenen Vogels.

Keine Paarung, weil keine Bewilligung

Hinsichtlich Rupert und ihrer Zukunft löste das Waldrappteam am Montag vor Wochenfrist mit dem Inhalt eines Newsletters Kopfschütteln im Zürcher Unterland aus. Darin stand: «Für das Waldrappteam ist diese Situation auch deshalb sehr bedauerlich, weil Rupert mittels einer wiederholt erprobten Methodik gut mit einem anderen Männchen vergesellschaftet werden könnte.» Das heisst: Man könnte ein Männchen zu ihr bringen – oder Rupert zu einem Männchen. Möglicherweise käme es dann zur Paarung, und die beiden könnten eine neue Brutkolonie aufbauen.

Nur fehlt dazu das Einverständnis des Bundes, denn die Gesetze in der Schweiz sehen solches nicht vor. Geregelt ist der Fall im Bundesgesetz über die Jagd und den Schutz wild lebender Säugetiere und Vögel. Und dort ist nachzulesen, dass eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe erhält, wer vorsätzlich und ohne Berechtigung Tiere geschützter Arten einfängt. Um Rupert zu einem Männchen zu bringen, müsste sie aber eingefangen werden. Zu den geschützten Arten zählen in der Schweiz alle, die nicht gejagt werden dürfen – also auch der Waldrapp. Wenig hilfreich ist da auch, dass der Waldrapp in der Artenförderung hierzulande keine Priorität geniesst und seine Wiederansiedlung teilweise sogar sehr kritisch gesehen wird.

Ruperts Einsamkeit weckt Mitleid

Aber: Ein Tier ist ein Tier, und wenn es wie Rupert einsam ist, weckt das bei vielen Mitgefühl. So erkundigte sich ein Leser dieser Zeitung direkt beim Waldrappteam nach den Gründen, weshalb der Bund eine neue Kolonie verhindere. In der Antwort heisst es, im Falle von Rupert gelte das übliche Gesetz. Nämlich, dass ein Waldrapp beim Überfliegen der Schweizer Grenze als Wildvogel gilt. «Wir haben daher keinen Spielraum für Management-Massnahmen», heisst es in der Antwort des Waldrappteams, die dieser Redaktion vorliegt. «Wir hätten Rupert gerne zusammen mit einem Männchen in den Tierpark Goldau gebracht, um dort unter geeigneten Bedingungen eine neue Brutkolonie zu etablieren.»

Dies sei dem Team aber leider durch die Schweizer Behörden untersagt worden. Es bleibe nur die Hoffnung, dass Rupert nun zurück nach Überlingen fliege, wo sich eine ganze Kolonie von Waldrappen befindet. Dort würde sie folglich auch mit grösserer Wahrscheinlichkeit einen neuen Partner finden. Im Newsletter von vergangener Woche gaben sich die Verantwortlichen des Waldrappteams zuversichtlich, dass dieser Flug bald ansteht.

Bislang keine Anstalten zum Weiterflug

Rupert harrt seit gut zwei Wochen in Rümlang aus und unternimmt gelegentlich Ausflüge in die Region. So wurde sie auch schon am Flughafen gesichtet oder auf der anderen Seite des Flughafens auf Gemeindegebiet von Kloten und Bachenbülach. Laut Daten der App Animal Tracker ebenfalls in weiteren Flughafengemeinden wie Oberglatt – und im ebenfalls nahen Niederhasli. In diesem Gebiet hatte sich die Waldrapp-Familie auch im vergangenen Spätsommer und Herbst gelegentlich aufgehalten, bevor die vier südwärts flogen. Knuckle blieb darauf in Luzern, die anderen überquerten die Alpen.

Das Bewegungsschema von Rupert in den vergangenen zwei Wochen. Hier wurde das Waldrapp-Weibchen überall gesichtet.

Am Bodensee gäbe es mehr Waldrappen

In Überlingen am Bodensee befanden sich am Dienstag fünf Waldrappe, dazu zwei weitere leicht ausserhalb Überlingens und nochmals vier nicht allzu weit entfernt bei Weildorf. In der Schweiz gibt es derzeit zwei weitere der Ibisvögel – in der Westschweiz. Giorgia, die zusammen mit Rupert einen Teil der Strecke in den Norden geflogen war, und ein Männchen namens Oskar könnten dort ein Paar bilden. Sie finden aber seit Wochen nicht zueinander. Die Distanz zwischen den beiden beträgt rund 20 Kilometer. Dies gemäss der App Animal Tracker. Nicht erfasst sind dort aber zum Beispiel Knuckle und Panhead. Sie könnten sich beide ebenfalls in der Schweiz aufhalten – inkognito.

Rupert bei einem Ausflug nach Höri.

Alle diese Waldrappe stammen aus einem Wiederansiedlungsprojekt in Österreich. Die Europäische Union unterstützt das Projekt des Waldrappteams in Deutschland und Österreich mit ziemlich viel Geld. Zwischen 2014 und 2019 flossen 4,4 Millionen Euro, zwischen 2022 und 2028 werden es nochmals 6,5 Millionen sein.