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Neue Staatssekretärin
Eine Tellerwäscherkarriere bis an die Seco-Spitze

Will sich um Freihandelsabkommen, aber auch um nachhaltige Handelsflüsse kümmern: Helene Budliger Artieda. 
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Helene Budliger Artieda lacht gern. Ihr Lachen kann aber ebenso rasch versiegen. Zum Beispiel, wenn jemand unvorbereitet zu einer Besprechung mit ihr kommt. In solchen Momenten kann sie Angestellte gnadenlos in den Senkel stellen. Betroffene wissen: Ein zweites Mal darf das nicht passieren. Falls doch, wird es richtig unangenehm. «Helene Budliger ist keine Frau für diplomatisches Gesäusel», versichert eine Person im Eidgenössischen Departement für Auswärtige Angelegenheiten (EDA), Budligers derzeitiger Wirkungsstätte.

Mit ihrem forschen Auftreten, ihrer Durchsetzungsfähigkeit und ihren messerscharfen Analysen hat die 57-Jährige im EDA auf sich aufmerksam gemacht und sich Respekt verschafft. Genau diese Fähigkeiten wird sie auch in ihrer neuen Aufgabe brauchen, die der Bundesrat der aktuellen Schweizer Botschafterin in Thailand anvertraut. Die gebürtige Zürcherin ersetzt Marie-Gabrielle Ineichen-Fleisch als Chefin des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco). (Lesen Sie unseren Kommentar zur Ernennung: Die neue Seco-Chefin muss mehr liefern als die alte)

EU-Dossier neu beleben

Helene Budliger übernimmt eines der wichtigsten und mit 800 Mitarbeitenden auch grössten Ämter beim Bund. Sie kommt in ein Staatssekretariat, das derzeit stark gefordert ist. Einerseits natürlich wegen des internationalen Sanktionsregimes gegen Russland, um das sich das Seco kümmert. Im Seco fiel unlängst auch der Entscheid, der deutschen Regierung die Weitergabe von Schweizer Munition an die Ukraine zu untersagen.

Diverse andere Themen sind latent aktuell. Der Bundesrat will dem EU-Dossier neues Leben einhauchen, und auch das Seco wird bei der Revitalisierung der bilateralen Beziehungen gefordert sein. Zudem will die Schweiz ihre wirtschaftlichen Beziehungen auch zu anderen Staaten stärken, etwa über Freihandelsabkommen wie im Fall von Grossbritannien.

«Das Seco muss wirtschaftsnäher werden, als es in der Pandemie war. Da war es zu theoretisch unterwegs.»

Hans-Ulrich Bigler, Direktor Schweizerischer Gewerbeverband

Als Seco-Aufgabe etwas in Vergessenheit geraten sind die Herausforderungen auf dem Arbeitsmarkt. In den kommenden Jahren wird die Schweiz mit der Frage konfrontiert sein, was sie gegen den drohenden Fachkräftemangel tun will. Sollte der Ukraine-Krieg zur befürchteten Wirtschaftskrise führen, wäre das Seco sowieso sehr akut gefordert. Und natürlich wird sich das Seco auch mit dem Abschluss und der Aufarbeitung der Wirtschaftshilfen während Corona befassen müssen.

Hans-Ulrich Bigler, Direktor des Schweizerischen Gewerbeverbands, hat klare Erwartungen an die künftige Seco-Chefin. Er sagt: «Das Seco muss wirtschaftsnäher werden, als es in den Pandemiejahren war. Da war das Seco zu theoretisch unterwegs.» Erste Aussagen der designierten Staatssekretärin dürften Bigler zuversichtlich stimmen. Helene Budliger versprach bei ihrer Präsentation am Mittwochnachmittag, KMU von unnötigen administrativen Lasten befreien zu wollen und den Dialog in der Sozialpartnerschaft zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern zu pflegen.

Von der Sekretärin zur Botschafterin

Dass Helene Budliger völlig Fremdes anpacken und bewältigen kann, hat sie im Aussendepartement während Jahren bewiesen. Ihre Karriere in der Bundesverwaltung ist einzigartig. EDA-Quellen sprechen von einer veritablen «Tellerwäscherkarriere». Mitte der 80er-Jahre servierte sie als Sekretärin des Schweizer Botschafters in Lagos noch Kaffee. Nach weiteren Stellen in diversen Schweizer Auslandsvertretungen beschloss Helene Budliger die sogenannte Passerelle zu nehmen und sich im EDA für den konsularischen Dienst ausbilden zu lassen.

Ihre erste Stelle als konsularische Mitarbeiterin bekam sie in Peru, wo sie auch ihren künftigen Ehemann kennen lernte. Parallel dazu studierte sie in Kolumbien Betriebswirtschaft. Zurück in der Schweiz wurde sie von der damaligen Aussenministerin Micheline Calmy-Rey gefördert. Sie machte Budliger 2006 zur EDA-Finanzchefin und 2008 zur ersten weiblichen Amtsdirektorin in der Geschichte des Aussendepartements.

Alt-Bundesrätin Micheline Calmy-Rey (r.) förderte Helene Budliger Artieda intensiv. (Oktober 2008) 

Als Direktorin für Ressourcen war sie fortan Personalchefin aller Botschafter. Wenn auf den Auslandsvertretungen Dinge schiefliefen, landeten sie bei Budliger in Bern. Sie habe ihre Meinung auch den renitentesten Botschaftern klipp und klar ins Gesicht gesagt, erinnert sich ein EDA-Mitarbeiter. 

Helene Budliger verhalf den Botschaftern aber auch zu umfangreichen Finanzbefugnissen. Jeder Botschafter konnte fortan ein eigenes Budget erstellen und war für dessen Einhaltung verantwortlich. Dank Budliger musste er nicht mehr für den Kauf eines Handys einen zweiseitigen Antrag nach Bern schicken. Ein anderer, wenig populärer Auftrag der Direktorin für Ressourcen war, das weltweite Netz der konsularischen Vertretungen zu straffen, um so das EDA-Budget zu entlasten.

«Ich habe sehr gut mit Frau Budliger zusammengearbeitet.»

Micheline Calmy-Rey, Alt-Bundesrätin

Alt-Bundesrätin Calmy-Rey freut sich über Budligers Ernennung als Seco-Chefin. «Ich habe sehr gut mit Frau Budliger zusammengearbeitet», schreibt die Genferin. Sie sei enorm motiviert und engagiert.

Nach ihrer Zeit in Bern zog es Helene Budliger ins Ausland, diesmal als Botschafterin. 2015 übernahm sie die Botschaft in Südafrika, 2019 jene in Thailand. In Bangkok sorgte sie im diplomatischen Korps für Aufsehen wegen ihres Umgangs mit der Corona-Krise. Sie lud die Auslandschweizergemeinde regelmässig zu sogenannten digitalen Gemeindeversammlungen ein, in denen sie live via Facebook über Aktualitäten berichtete und Fragen beantwortete. So half sie Schweizerinnen und Schweizern inmitten der Covid-Wirren, sich wenigstens ein bisschen orientieren zu können.