Sarah Palins Prozess gegen die MedienEine Täterin wähnt sich als Opfer
Sie wollte Vizepräsidentin werden, sie ist weitgehend vergessen gegangen. Jetzt hat Sarah Palin auch noch gegen die «New York Times» verloren.
Die ehemalige republikanische Vizepräsidentschaftskandidatin hatte gegen die «New York Times» 2017 wegen Verleumdung geklagt. Am Dienstag hat ein Geschworenengericht in New York gegen ihren Antrag entschieden. Der Fall gibt in den USA viel zu reden, weil es um nichts weniger geht als um den Schutz der Meinungsfreiheit, der in Amerika besonders hoch gehalten wird. Selbst Extremisten dürfen ihre Ansichten ungehindert verbreiten.
Eine Gegnerin im Fadenkreuz
Der Anlass zur Klage liegt über zehn Jahre zurück. Bei einem Amoklauf im Jahre 2011 in Arizona waren sechs Menschen gestorben und die demokratische Politikerin Gabby Giffords schwer verwundet worden. Kurz zuvor hatte Palins Aktionskomitee ein Bild von Giffords in einem Fadenkreuz gezeigt. Die «Times» brachte dieses Bild und das Attentat in einen Zusammenhang. Dass der Attentäter das Inserat überhaupt gesehen hatte, liess sich aber nicht beweisen. Schon am nächsten Tag entschuldigte sich die «Times». James Bennett, damals für die Meinungsseite der Zeitung verantwortlich, sagte vor dem New Yorker Gericht, er bereue seinen Fehler «seither beinahe jeden Tag».
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Weder die Entschuldigung noch die Reue genügten Sarah Palin. Wie sie während des Prozesses ausführte, sieht sie sich als Opfer eines linken, elitären Journalismus. Und fühlt sich im Kampf gegen die Zeitung als David gegen Goliath. Im Kreuzverhör gelang es ihr allerdings nicht, die von ihr behaupteten Negativfolgen des Artikels für ihre Karriere zu belegen. Zudem befanden die Geschworenen, die amerikanische Verfassung würde Journalisten auch dann beschützen, wenn sie einen unabsichtlichen Fehler begehen würden. Eine böswillige Absicht konnten sie im Leitartikel der «Times» nicht erkennen.
Sarah Palin sieht ihren Ruf als politische Kommentatorin und Beraterin beschädigt. Dazu hat sie selber einiges beigetragen. Dass sie als Mitglied der Tea Party rechtsextreme Meinungen vertritt und sich ausgesprochen ausfällig über politische Gegner geäussert hat, steht ihr natürlich zu. Dass sie aber wenig von der Wahrheit hält und noch weniger von der Realität versteht, liegt in ihrer Verantwortung.
Sie hielt Afrika für ein Land und gab die Nähe von Alaska zu Russland als Beleg ihrer aussenpolitischen Kompetenz aus.
Die landesweite Karriere der ehemaligen Gouverneurin von Alaska hatte furios begonnen, als John McCain sie Ende August 2008 zur Vizekandidatin kürte, um gegen Barack Obama und John Biden zu gewinnen. Er habe das auf Druck der Partei getan, hiess es lange. Aber wie der «Times»-Journalist Jeremy Peters in einem neuen Buch nachweist, stimmt das nicht; McCain war entscheidend an Palins Nominierung beteiligt gewesen. Und hat damit indirekt zur Trumpisierung der Republikaner beigetragen – ausgerechnet er, der Donald Trump so gehasst hat. Zunächst schien der Coup zu gelingen. Die Unbekannte aus dem Nordwesten Amerikas erwies sich in ihren Auftritten als telegen, meinungsklar und ausgesprochen schlagfertig.
Aber schon bald musste McCain, der als Politiker immer mit Anstand aufgetreten war, seinen überhasteten Entscheid bereuen. Denn je häufiger Palin sich äusserte, desto offensichtlicher wurde ihre Inkompetenz. So hielt sie Afrika für ein Land statt für einen Kontinent, gab die Nähe von Alaska zu Russland als Beleg ihrer aussenpolitischen Kompetenz aus, brachte Namen, Daten und Funktionen durcheinander, machte politischen Gegnern haltlose Vorwürfe und wurde schon während der Kampagne zum Gespött.
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Die gemeinste Parodie gelang Tina Fey von der Satiresendung «Saturday Night Live», der zupasskam, dass sie Palin auf fatale Weise ähnlich sieht. In einem ihrer Sketche simulierte die Komikerin eine ausserordentlich gewundene, komplett sinnfreie Stellungnahme der Politikerin zur Gesundheitsreform. Worauf sich im Direktvergleich zeigte, dass die Parodie ein Zitat gewesen war.
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