Kommentar zur Kita-UnterstützungEine Revolution – aber sie hat einen Haken
Eltern sollen 20 Prozent weniger für die externe Kinderbetreuung bezahlen. Die Pläne im Nationalrat helfen gegen den Fachkräftemangel, bringen aber das Budget aus dem Lot.
Gewöhnlich belegt die Schweiz Spitzenplätze in Rankings – hervorragende Lebensqualität, attraktiver Wirtschaftsstandort, intaktes politisches System. Ungewohnt ist daher das Resultat einer Unicef-Studie zur externen Kinderbetreuung. Die Schweiz belegt von allen OECD- und EU-Staaten den unrühmlichen viertletzten Rang. Es gibt hierzulande vergleichsweise wenige, qualitativ mangelhafte und vor allem zu teure Krippenplätze.
Die Folge: Vielen Eltern wird die Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit massiv erschwert. Betroffen sind vorab Frauen, die noch immer den Löwenanteil der Betreuungsarbeit stemmen. Dabei herrscht gerade in Bereichen wie Bildung und Gesundheit, in denen viele Frauen beschäftigt sind, ein teils gravierender Fachkräftemangel. Ungenügende Betreuungsangebote sind also auch ein volkswirtschaftliches Problem.
Deshalb ist die soeben in der zuständigen Nationalratskommission beschlossene Krippen-Offensive zu begrüssen. Eltern sollen bei der externen Kinderbetreuung finanziell um 20 Prozent entlastet werden. Zudem soll in die Aufstockung und Qualität der Angebote investiert werden. Kostenpunkt der Massnahmen: 770 Millionen Franken pro Jahr.
Das Parlament muss die Ausgaben priorisieren und redimensionieren.
Und hier liegt der Haken. In Zeiten klammer Bundesfinanzen schlägt eine Dreiviertelmilliarde stark zu Buche. Die Parlamentsmitglieder geben derzeit Steuergeld mit beiden Händen aus. Armee, Klima, Flüchtlinge, Verkehr – in diesen Bereichen sind Mehrausgaben in Milliardenhöhe geplant oder beschlossen. Dazu kommen hohe Ausfälle wegen anstehender Steuerreformen.
Das Parlament muss deshalb – trotz Wahljahr! – die Ausgaben priorisieren und redimensionieren. Das muss nicht primär auf Kosten der Krippen-Vorlage gehen, die im Frühling erstmals in den Nationalrat kommt. Doch in deren Fall stellt sich etwa die Frage, warum sich eigentlich die Wirtschaft, die von einem steigenden Arbeitsvolumen profitieren würde, nicht stärker engagiert. Wo bleiben neue Kita-Plätze in den mittleren und grossen Unternehmen? Warum fehlt hier die hochgelobte unternehmerische Eigeninitiative? Stattdessen lassen sich jetzt die Arbeitgeber von Familienpolitikern für ihre Kooperation bei der grosszügigen Vergabe von Staatsgeldern feiern – das passt nicht zusammen.
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