Studie zu Musik und SchlafAbendliche Ohrwürmer beeinträchtigen die Schlafqualität
Es kann kontraproduktiv sein, zur Entspannung noch Musik zu hören. Besonders penetrant sind Instrumentalstücke.
Manche Liedtexte und Melodien nisten sich in den Schädel ein, gehen später mit zu Bett, begleiten das allnächtliche schlaflose Wälzen, und gleich am Morgen ist er wieder da: dieser penetrante Ohrwurm, der elendigliche.
Nun haben Psychologen und Neuroforscher um Michael Scullin von der Baylor University in Texas eine Studie publiziert, die zeigt: Nächtliche Ohrwürmer sowie ihre fast ansatzlose morgendliche Fortsetzung sind ein verbreitetes Phänomen. Und, wie die Forscher im Fachjournal «Psychological Science» berichten, beeinträchtigen die «unfreiwilligen akustischen Eindrücke» die Schlafqualität. Es könnte also kontraproduktiv sein, zur Entspannung und Schläfrigwerdung noch Musik zu hören. Das jedoch werde von zahlreichen Fachgesellschaften und anderen Organisationen empfohlen, schreiben die Psychologen um Scullin.
Unter den Versuchsteilnehmern gaben 77 Prozent an, dass sie regelmässig von Ohrwürmern heimgesucht würden. Etwas mehr als 33 Prozent erlebten dieses Phänomen zu Zeiten, in denen sie zu Bett gingen, zu schlafen versuchten oder aus dem Schlaf erwachten. Wer intensiv und häufig Musik hörte, war demnach auch häufiger von nächtlichem Melodiebesuch betroffen. Laut eigener Auskunft störte das die Qualität des Schlafes. Derlei Eigenauskünfte seien jedoch mit Vorsicht zu geniessen, betonen die Psychologen. Die Selbstwahrnehmung über Tiefe und Erholsamkeit des Schlafes sei trügerisch, argumentieren sie.
Ohrwurmtaugliche Lieder im Schlaflabor
Um dieses Manko zu beheben, organisierte das Team Experimente im Schlaflabor. Dazu wurden die Probanden verkabelt, um zum Beispiel ihre Hirnströme während des Schlafes zu messen und so Daten zu sammeln, die aussagekräftiger als Selbstauskünfte sind. Bevor die Teilnehmer im Schlaflabor zu Bett gingen, wurden ihnen sehr eingängige, ohrwurmtaugliche Lieder vorgespielt: «Don’t Stop Believing» von Journey, «Call Me Maybe» von Carly Rae Jepsen und «Shake It Off» von Taylor Swift.
Einer Gruppe der Probanden wurden die Songs als Instrumentalversion serviert. Die Versionen ohne Text und Gesang störten die Nachtruhe stärker und erschwerten im Vergleich das Einschlafen – weil diese, so die Spekulation, auch das Auftreten nächtlicher Ohrwürmer befeuerten. Eventuell, weil Instrumentalversionen den Geist weniger anregen und dies Ohrwürmer erleichtere; oder weil das Hirn die fehlenden Textzeilen hinzufüge und den Song damit tiefer verankere, so die Forscher.
Etwa ein Viertel der Probanden wachte morgens quasi mit einem Ohrwurm im Kopf auf. Und wie die EEG-Messungen nahelegten, beschäftigt sich das Gehirn im Schlaf weiterhin mit Songs, mit denen es vor dem Einschlafen konfrontiert wurde. Wer Glück hat oder gar klug ist, hört vor dem Einschlafen wenigstens gute Musik.
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