«Eine grossartige Show» hatten sie ihm versprochen
Donald Trump mit Grossfamilie in London – zu einem dreitägigen Staatsbesuch mit Pomp und Fanfaren.
Eines konnte Grossbritanniens Aussenminister Jeremy Hunt dem US-Präsidenten Donald Trump ohne weiteres versichern, als der in Stansted Airport mit Frau Melania die Gangway zum auf ihn wartenden Empfangskomitee herunterspaziert kam. Sein Land, sagte Hunt, werde «eine grossartige Show» für den Präsidenten ins Szene setzen – schon «weil Amerika unser engster Verbündeter ist».
Trump klopfte dem Minister ein paar Mal ermunternd auf die Schulter. Die «grosse Show» war genau das, was er sich von diesem Staatsbesuch versprochen hatte. Schliesslich waren ausser Melania auch sämtliche vier erwachsenen Kinder Trumps zu der London-Tour angereist.
Nicht nur für Ivanka und Donald Jr., sondern auch für Eric und Tiffany waren Plätze reserviert an der königlichen Tafel, beim Festbankett Königin Elizabeth II. für die US-Gäste im Buckingham-Palast am Montagabend. Er hoffe ja sehr, sagte Trump, dass seine Vier auch Gelegenheit hätten, mit Prinz William und dessen Frau Kate, dem Herzog und der Herzogin von Cambridge, etwas Zeit zu verbringen.
Für Trump selbst waren die Queen, Thronfolger Charles und Charles' Bruder Andrew – der «Handelsvertreter» der Windsors und ein leidenschaftlicher Golfspieler – als Begleitpersonal abgestellt worden. Mit ihrem perfekten Lächeln begrüsste die Monarchin den per Hubschrauber in ihrem Garten gelandeten Präsidenten. Prinz Charles, der zusammen mit Trump die Ehrengarde der Bärenfellmützen abzunehmen hatte, wuselte hinter dem Gast her, so gut es ging.
Ivanka, Jared Kushner und US-Botschafter Woody Johnson durften der Parade im Garten auf dem Balkon beiwohnen, während drinnen im Schloss der Lunch vorbereitet wurde. Freundlicher Sonnenschein fiel auf die Bilderbuchszenerie des Buckingham.
Vielleicht stimmte dieser Teil der «grossen Show» Trump ja auch versöhnlich, nachdem er sich zuvor in Tweets verärgert gezeigt hatte über die mangelnde Auswahl an US-Fernsehprogrammen, die ihm in der Residenz des US-Botschafters in Regents Park, wo er während des London-Aufenthalts wohnt, zur Verfügung stand. Nur den verhassten CNN-Kanal konnte er finden. Nicht sein Lieblingsprogramm Fox News.
Umso mehr Mühe gaben sich die Royals, auf dem für die Gäste ausgerollten roten Teppich ihren Part zu spielen. Die Königin persönlich führte den Präsidenten durch die königliche Sammlung, um ihm Glanzstücke mit amerikanischem Bezug zu präsentieren. Prinz Andrew begleitete Trump und seine Frau durch Westminster Abbey. Sodann empfing Charles, der Prinz von Wales, Donald und Melania zum Afternoon Tea in Clarence House. Dem Kronprinzen fällt, in Abwesenheit seines Vaters Philip, eine Hauptrolle zu bei diesem Staatsbesuch.
Er wird nicht nur seine Mutter beim traditionellen «Gegenbesuch» bei den Amerikanern am Dienstag vertreten, zum Gastmahl in der Botschafter-Residenz (falls Woody Johnson ohne Fox News bis dahin noch Botschafter ist). Auch beim Ausflug an die südenglische Küste, zu den britischen D-Day-Gedenkfeiern in Portsmouth am Mittwoch, steht Charles der Königin zur Seite. Ganz leichtfallen kann ihm dieser Einsatz nicht.
«Fiese» Meghan entschuldigt, Prinz Harry allein
Denn beim Besuch Trumps im Vorjahr hatte der Prinz noch gefehlt. Beide, Trump und Charles, verbindet wenig. Schon Trumps Desinteresse am Klimawandel macht jede ernsthafte Debatte mit Charles, einem langjährigen engagierten Streiter in dieser Frage, ausgesprochen schwer.
Noch kitzliger war die Situation für Charles' zweiten Sohn, Prinz Harry, der ohne seine Frau Meghan zum Festbankett anrückte. Meghan Markle, die Herzogin von Sussex, war entschuldigt, vier Wochen nach der Geburt des kleinen Archie, ihres und Harrys Sohn.
In Wirklichkeit hatte man die US-Bürgerin bei Hofe vorsichtshalber aus dem Verkehr gezogen. Immerhin war es Meghan gewesen, die einmal erklärt hatte, wenn der «Frauenhasser» Trump in den USA Präsident werde, bleibe ihr wohl nichts anderes als Auswanderung.
Trump hatte sich dafür vor seinem Flug nach London mit der Bemerkung revanchiert, er könne kaum glauben, wie «fies» Meghan sich ihm gegenüber benommen habe. Anderntags behauptete er dann einfach, er habe Meghan «niemals fies genannt». Das hätten ihm bloss die Lügenbolde von CNN und «New York Times» zugeschrieben: Und wie fies die seien, wisse man ja.
Trump beleidigt Londons Bürgermeister und Labour-Chef
Meghan war freilich nicht die Einzige, die der Präsident der Vereinigten Staaten bei dieser Reise mit gehässigen Kommentaren verfolgte. Schon beim Anflug auf Stansted hatte er den Londoner Labour-Bürgermeister Sadiq Khan in einem Tweet einen «stümperhaften» und «saudummen» Politiker, eben «einen totalen Loser», genannt.
Mit diesem Verdikt reagierte Trump auf die Erklärung Khans vom Vortag, der US-Präsident sei «das eklatanteste Beispiel für die Gefährdung der Grundwerte, die in den letzten 70 Jahren unsere liberalen Demokratien definierten, durch einen wachsenden Rechtsradikalismus in aller Welt».
Ähnlich negativ hatte sich auch der Labour-Vorsitzende Jeremy Corbyn geäussert, der Trump vorwarf, wichtige internationale Verträge leichtfertig zu zerreissen, Klimawandel zu leugnen und rassistische und frauenfeindliche Reden zu halten. Seinen Boykott des Staatsbesuchs, warnte Trump, werde Corbyn noch bereuen. Damit habe er wahrlich «einen Fehler gemacht».
Ausser Corbyn blieben freilich auch der Chef der Liberaldemokraten, Sir Vince Cable, und der Speaker des Unterhauses, John Bercow, den Empfängen für Trump fern. Der Bischof von Liverpool, Paul Bayes, nannte Trumps Politik «giftig und gefährlich».
Baby-Trump-Ballon angekündigt
Für Dienstag werden Zehntausende von Demonstranten aus ganz Grossbritannien vor dem Parliament und auf Trafalgar Square erwartet. Mit Erlaubnis von Bürgermeister Khan darf auch der gehässige Baby-Trump-Ballon wieder über den Dächern Westminsters stehen, der schon im Vorjahr viel Gelächter ausgelöst hat.
Unterdessen warten Premierministerin May und 13 Tory-Kandidaten für ihre Nachfolge darauf, was ihnen bevorsteht, wenn sich Trump nach dem Zeremoniellen am Dienstag ums Politische kümmern will. Auf May glaubt Trump jedenfalls nicht mehr viel Rücksicht nehmen zu müssen. Auch sie zählt für ihn zu den «Losern». Er hielt nie viel von ihr.
Im Scheinwerferlicht der «grossen Show», die Foreign-Office-Chef Hunt Trump versprach, wird sich stattdessen Hunts Vorgänger im Amt, Boris Johnson, nach vorn drängen wollen. Trumps persönlicher Favorit – was für ein Zufall – startete pünktlich zum Beginn des Trump-Besuchs seine eigene Wahlkampagne, für den Einzug in No 10.
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