Eindringlicher Appell aus Bergamo: «Nutzt die Zeit»
In der norditalienischen Stadt sind fast 400 Menschen am Coronavirus gestorben. Nun warnt Bürgermeister Giorgio Gori.
Bergamos Bürgermeister Giorgio Gori hat in einem Interview eindringlich vor zu grosser Sorglosigkeit im Kampf gegen das Coronavirus gewarnt. «Sorgt dafür, dass sich die Leute nicht mehr treffen, sondern auf Abstand gehen. Nutzt die Zeit gut, die ihr noch zur Verfügung habt», sagte er dem Spiegel. Sie seien am Anfang davon ausgegangen, dass es möglich sein könnte, einen relativ normalen Alltag weiterzuführen, wenn man den Mindestabstand von einem Meter einhalte. «Nach ein paar Tagen haben wir verstanden: Das reicht nicht.»
Die Situation in der Stadt nahe Mailand ist kritisch: Rund die Hälfte der über 30'000 Coronavirus-Fälle in Italien wurden in der Region erfasst, fast 400 Menschen in Bergamo sind daran gestorben. «Mehr oder weniger jeder von uns kennt hier inzwischen jemanden, der erkrankt oder gestorben ist», sagt Gori. Die Zahl der Kranken steige konstant, und die Spitäler seien am Limit. Ärzte und Pflegende arbeiteten rund um die Uhr, ohne zu schlafen. Viele hätten sich bereits angesteckt; es fehlen Schutzmasken, Schutzbrillen und Beatmungsgeräte.
Italien sei ein Modell für andere Länder. «Jetzt müssen auch andere realisieren, dass sie harte Massnahmen ergreifen müssen. Und ich will gar nicht erst von jenen reden, die gerade noch von einer angeblichen Herdenimmunität fantasiert haben», sagt der 59-Jährige in einer Anspielung auf Grossbritanniens Umgang mit dem Virus. «Ich kann nur hoffen, dass unsere Erfahrungen anderen als Beispiel dienen.»
Lombardei fordert Shutdown
Die Lombardei ruft die Regierung in Rom zu einem kompletten Shutdown auf. Der Gesundheitsbeauftragte der Region berichtet von dramatischen Zuständen in den Spitälern. «Es gibt keinen anderen Weg. Die Spitäler sind am Ende der Kräfte, es gibt keine Therapie gegen Covid-19», sagte der Gesundheitsbeauftragte der Lombardei, Giulio Gallera, im Interview mit der römischen Tageszeitung «La Repubblica».
«Die Zahl der Infizierten wächst weiter. Nicht nur ältere Patienten, sondern auch Menschen im Alter von 40 oder 50 Jahren werden eingeliefert, die beatmet werden müssen», so Gallera. Er protestierte, dass immer noch zu viele Menschen auf den Strassen unterwegs seien. «Das ist unannehmbar. Die Leute müssen zu Hause bleiben», sagte der Politiker.
Seit Beginn der Krise hat die Lombardei 350 zusätzliche Plätze auf den Intensivstationen zur Verfügung gestellt. «Das ist ein kleines Wunder; wir bitten um neue Beatmungsgeräte, um weitere Plätze auf den Intensivstationen schaffen zu können», sagte der lombardische Präsident Attilio Fontana im Interview mit Radio Capital am Donnerstag.
Fast 3000 Tote
Zugleich beschwerte sich auch Fontana, dass immer noch zu viele Personen unterwegs seien. «Ich sehe Menschen, die spazieren gehen, und andere, die sterben, weil sie nicht atmen können. Die Situation ist dramatisch. Diese Epidemie wächst auf besorgniserregende Weise», sagte Fontana.
Die Zahl der Todesopfer und der Infizierten in Italien ist am Mittwoch wieder stark angestiegen. 2978 Todesopfer wurden gemeldet, das sind 475 mehr als am Vortag. Noch nie war die Zahl der Toten an einem einzigen Tag so stark gestiegen. Die Zahl der Infizierten kletterte von 26'062 auf 28'719, was einem Zuwachs von 2648 entspricht, teilte der italienische Zivilschutz in Rom mit. 2257 Personen liegen auf der Intensivstation.
Conte droht mit Strafen
Der italienische Premier Giuseppe Conte hat für Italien eine Verlängerung der restriktiven Massnahmen zur Eingrenzung der Coronavirus-Epidemie angekündigt. Die bis zum 3. April verhängte Ausgangssperre soll verlängert werden. Der Premier drohte im Interview mit der Mailänder Tageszeitung «Corriere della Sera» (Donnerstagsausgabe) zudem mit schweren Strafen für jene, die gegen die Ausgangssperre verstossen.
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Die Lombardei, in der Bergamo und Mailand liegen, ist am stärksten von der Pandemie betroffen. Fast 2000 der Todesfälle traten dort auf. In der Nachbarregion Emilia-Romagna wurden bislang 458 Todesfälle verzeichnet.
SDA/ij
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