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Winterthur im Cup-Halbfinal
«Ein Trainer sollte nicht zu viel reden»

«Wir sind die Aussenseiter, aber nicht chancenlos.» Winterthur-Trainer Ralf Loose wünscht sich gegen Basel einen mutigen Auftritt seiner Equipe.
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Er geht sparsam mit Anweisungen um, er schreit nicht an der Seitenlinie. Manchmal steht er wie angewurzelt da, zeigt kaum eine Regung und ist so kein besonders dankbares Sujet für Fernsehkameras. Aber wenn er die Stimme erhebt, wenn er korrigierend eingreift, wird er gehört. «Er ist selten laut, aber geradlinig. Er sagt jedem ins Gesicht, was er denkt, ohne beleidigend zu werden», sagt Davide Callà. «Er ist keine Plaudertasche. Aber je nach Situation kann er die Zurückhaltung ablegen. Diese Mischung ist spannend», sagt Andreas Mösli.

Callà ist der Captain des FC Winterthur, Mösli der Geschäftsführer des Vereins, und sie reden über den Mann, der seit zwei Jahren als Trainer im Amt ist: Ralf Loose.

«Ich kann schon sehr emotional reagieren. Aber ich verliere nie den Anstand.»

Ralf Loose

Der 57-Jährige sitzt auf der Terrasse eines Restaurants neben dem Stadion Schützenwiese, und ein bisschen schmunzeln muss er schon. Das Bild des Braven, Zurückhaltenden, das stimmt für ihn nur teilweise. «Man sollte mal die vierten Offiziellen fragen», sagt er, «die würden vielleicht etwas anderes erzählen. Ich kann schon sehr emotional reagieren. Aber ich verliere nie den Anstand.»

Das grosse Dortmund-Talent

Vor dem Trainer Loose hat es den Spieler Loose gegeben. In Dortmund wächst er auf, beim BVB steigt er zum Profi auf, und die deutsche U-20-Auswahl führt er 1981 als Captain in Australien zum WM-Titel. Zum 4:0 im Final gegen Katar steuert er zwei Tore bei. Im gleichen Jahr debütiert er in der Bundesliga. 1987 zieht er weiter nach Düsseldorf, seinen Platz hat er in der Defensive, seine Rolle ist die des Strategen und Chefs der Mannschaft. Dazu passt eines seiner Hobbys: Schach.

Unter vielen namhaften Trainern spielt er. Branko Zebec, Karl-Heinz Feldkamp, Timo Konietzka, Erich Ribbeck, Pal Csernai und Aleksandar Ristic stehen auf der Liste. Dietrich Weise gehört ebenfalls dazu, «er war mein grösster Förderer.» Mit Weise wird Loose U-20-Weltmeister, dank ihm findet er 1996 nach Liechtenstein. Weise ist im Fürstentum Nationaltrainer, und er überzeugt seinen ehemaligen Spieler davon, im Nachwuchs als Ausbildner anzufangen. Von 1998 bis 2003 betreut Loose das A-Team.

Er wird Clubtrainer, die Reise führt von Siegen über St. Gallen, Augsburg und Dresden nach Münster, aber sein Rückzugsort bleibt Vaduz. Er behält seinen Wohnsitz, in dem er seine Ruhe hat. Als er vor zwei Jahren die Stelle in Winterthur erhält, pendelt er manchmal mit dem Zug, oft aber setzt er sich ins Auto, fährt 75 Minuten pro Weg – und lässt sich nicht stressen: «Ich geniesse die Fahrten.»

«Ralf Loose ist definitiv kein Laptop-Trainer. Er macht aus dem Fussball keine Wissenschaft, sondern setzt auf seinen Instinkt und sein Auge.»

Davide Callà

Vor Winterthur ist Loose zweieinhalb Jahre ohne Anstellung. Er ist in dieser Zeit viel unterwegs und bildet sich auf seine Weise weiter. Er beobachtet Berufskollegen bei ihrer Arbeit, Roger Schmidt in Leverkusen, er ist Gast bei Milan und Schalke, er besucht Louis van Gaal und Julian Nagelsmann. Oder er verbringt ein paar Wochen in China bei Felix Magath. Loose liebt das Spiel, «fussballverrückt» sei treffend. Aber er stützt sein Handeln nicht primär auf Daten ab, er gehört zu den Praktikern und vertraut seinem Gefühl. «Ralf Loose ist definitiv kein Laptop-Trainer», sagt Callà, «er macht aus dem Fussball keine Wissenschaft, sondern setzt auf seinen Instinkt und sein Auge. Für mich ist das ein Plus.»

Loose hat seinen eigenen Stil, Wissen zu vermitteln und ein Team zu führen. Elementares setzt er voraus, «ein Spieler muss auf unserem Niveau gewisse Dinge einfach beherrschen», findet er. Und: «Ein Trainer sollte nicht zu viel reden.» Also verzichtet er darauf, all seine Entscheide im Detail zu erklären: «Das macht bei mehr als 20 Leuten im Kader wenig Sinn. Führungsspieler, die ich auf die Bank setze, erfahren von mir aber schon meine Beweggründe.»

Ralf Loose hat seinen eigenen Coaching-Stil.

In Winterthur hat er seinen Vertrag um eine Saison bis Sommer 2021 verlängert. Und nun bietet sich die Möglichkeit, einen Pokal zu gewinnen. Der Cup-Halbfinal in Basel steht an, der Ehrgeiz, sich durchzusetzen und am kommenden Sonntag in Bern Meister YB im Final herauszufordern, ist spürbar. «Der 30. August ist reserviert», sagt Geschäftsführer Mösli, «ich sehe durchaus intakte Chancen, dass wir dabei sind.» Captain Callà sagt vor dem Match in Basel: «Alles raushauen und den Abend geniessen, dann kann das ein erfolgreiches Ende nehmen.»

Die dunkle Cup-Stunde 2005

Und Ralf Loose? «Wir sind die Aussenseiter, aber nicht chancenlos.» Er denkt an die Schlussphase der Challenge-League-Saison mit sechs Siegen in den letzten sieben Spielen, an den Vorstoss auf Platz 4. Und er wünscht sich von seiner Mannschaft vor allem eines: Mut.

Seine Lust auf den Final ist auch aus persönlichen Gründen riesig. Ihn verbindet mit dem Schweizer Cup ein dunkles Kapitel seiner Trainerkarriere. 2005 erlebte er mit St. Gallen in Küssnacht am Rigi beim 1:2 gegen die 2.-Liga-Inter-Amateure eine gewaltige Blamage. Mit dabei als Captain: Davide Callà, damals 21 – und nach 85 Minuten vom Platz gestellt. Loose nimmt es heute mit Humor: «Wenigstens weiss ich seither, in welcher Ecke der Schweiz sich Wilhelm Tells Hohle Gasse befindet.»

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