Olympia-HauptprobeEin Schock zur rechten Zeit?
Die Schweizer Ruderer wollen in Tokio eine Medaille gewinnen. Nach der Hauptprobe auf dem Rotsee ist klar: Bis dahin ist es noch ein langer Weg.
Es hätte aus Schweizer Sicht das Schlussbouquet des Weltcup-Wochenendes auf dem Rotsee werden sollen, stattdessen wurde es die grosse Enttäuschung. Jeannine Gmelin schaffte es im olympiafinalwürdigen Feld nie, mitzuhalten. Nach einem Viertel der Distanz lag sie fast vier Sekunden im Hintertreffen, und der Rückstand wuchs kontinuierlich weiter an. Und es half natürlich nicht, dass sie auf der Aussenbahn 6 auch noch ins Fahrwasser der Motorboote geriet. «Ihre Gegnerinnen haben sehr schnell begonnen, Jeannine schaffte das nicht. Und sie hat dann die so wichtige Dynamik des Rennens gar nie richtig gespürt», analysierte Verbandsdirektor Christian Stofer.
Am Schluss blieb Gmelin abgeschlagen der letzte Platz: «Ich bin gerade etwas geschockt», sagte die Zürcherin im TV-Interview, «die Analyse der Renndaten wird uns aber wertvolle Informationen geben.» Schon im Vorlauf und im Halbfinal hatte sie sich schwergetan, den Einzug in den A-Final schaffte sie erst mit einem rasanten Schlussspurt.
Diametral anders war der Rennverlauf bei Roman Röösli/Barnabé Delarze. Der Doppelzweier legte los wie die Feuerwehr und führte nach 500 Metern überraschend. Die Pace konnte das konstanteste Schweizer Männerboot aber nicht ganz durchhalten – Platz 5 war das Endresultat.
«Das i-Tüpfelchen fehlt»
In den letzten Jahren verging kaum ein Wettkampf ohne Schweizer Medaillengewinn. Klar konnte Stofer mit dem Saisonhöhepunkt auf Schweizer Boden nicht uneingeschränkt zufrieden sein: «Das i-Tüpfelchen fehlt. Insgesamt fällt die Rotsee-Bilanz mit 3 A-Finals, 6 Top-10-Klassierungen und dem Olympiaquotenplatz vom letzten Wochenende aber positiv aus.» Weil sich Patricia Merz/Frédérique Rol in extremis das Olympiaticket sicherten, kann Swiss Rowing wie angestrebt mit vier Booten nach Tokio reisen. Der Vierer ohne Steuermann der Männer komplettiert das Team.
Nun trennen sich die Wege wieder. Gmelin wird für den letzten Trainingsblock nach Portugal dislozieren. Die drei anderen Boote bestreiten in zwei Wochen im italienischen Sabaudia das letzte Weltcuprennen, das im Vergleich zum Rotsee deutlich schwächer besetzt sein wird. Dort können sie alle noch einmal unter Wettkampfbedingungen an ihren Defiziten arbeiten, sei dies der Start, die Konstanz oder der Schlussspurt. Nachher gibt es eine Kürzestpause von drei Tagen, anschliessend beginnt das Olympiatrainingslager. Anfang Juli schliesslich soll der Tross nach Japan reisen, um sich vor Ort den Feinschliff zu holen und sich ans feuchtheisse Klima zu gewöhnen.
Bis zur Abreise muss Stofer wie alle Olympiareisenden noch etliche Fragen klären: Wie gestaltet sich der Transport der Boote? Wie verschiebt sich das Team im Land, wenn es nicht in die Hochgeschwindigkeitszüge darf? Welche Forderungen des Playbooks – eines umfangreichen Dokuments, das allen Akkreditierten vorgibt, was sie dürfen und vor allem was sie nicht dürfen – sind besonders schwierig umzusetzen? Aktuell steht auch der Abflugtermin noch nicht fest. «Der Flug, den wir ursprünglich gebucht hatten, ist mittlerweile abgesagt worden», sagt Stofer. Allen Unwägbarkeiten zum Trotz hat Stofer eine klare Forderung: «Es ist für alle der Höhepunkt nach fünf Jahren Vorbereitung. Sie müssen wissen, dass es keine perfekten Zustände geben wird.»
Diesmal sind die Schweizer eher Aussenseiter
Im Vergleich zu Rio 2016 wird die Schweizer Delegation weniger im Fokus stehen. Damals war der Leichtgewichts-Vierer um Mario Gyr als Weltmeister und klarer Favorit angetreten, ein solcher Leistungsausweis fehlt diesmal: «Man erwartet uns nicht in den Toprängen.»
Intern sind die Ziele aber unverändert hoch. Alle vier Boote sollen in die Top 8, und dazu soll ein Highlight kommen, sagt Stofer: «Wir wollen eine Medaille gewinnen und können dieses Ziel erreichen.» Er fügt an: «Dafür muss aber alles passen.»
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