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Senatswahlen in den USA
Ein historischer Verlierer

Er sieht aus wie ein Kennedy, benimmt sich aber nicht wie einer: Joseph Kennedy III.
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Hat ihm der Name Kennedy genützt oder geschadet? Man weiss es nicht. Sicher ist nur, dass Joseph Kennedy III einer der erlesensten Familiendynastien der Welt eine historische Niederlage beschert hat.

Ab 1947 hat mit Ausnahme von zwei Jahren mindestens ein Kennedy-Sprössling immer ein politisches Amt ausgeübt, und in ihrem Stammland Massachusetts galten sie bei Kongresswahlen als unbesiegbar. Bis Joseph Kennedy III vergangene Woche bei einer Vorwahl um eine Senatskandidatur in der Demokratischen Partei gegen den 74-jährigen amtierenden Senator Edward Markey verlor.

Joseph Kennedy III ist ein Grossneffe von Präsident John F. Kennedy, Enkel des ebenfalls ermordeten Justizministers Robert F. Kennedy und Sohn des langjährigen Abgeordneten Joseph Kennedy II. Der Politiker aus der vierten Generation sieht zwar aus wie ein Kennedy – gross, schlaksig, rötliche Haare, helle Haut, markantes Kinn – und tritt auf wie einer, nämlich ausgesprochen selbstbewusst.

Nur zwei Bier getrunken

Aber die familienüblichen Exzesse, Affären und Schicksalsschläge hat er nicht zu bieten. Erst zweimal im Leben habe er ein Bier getrunken, behauptet der 39-jährige zweifache Vater und angeblich vorbildliche Ehemann. Als er volljährig wurde und nachdem er an den Eliteuniversitäten Stanford und Harvard sein Jusstudium abgeschlossen hatte. 2012 wurde Joseph III ins Abgeordnetenhaus gewählt. Er ist der jüngste Politiker, der jemals im Namen der Opposition auf die Rede des amtierenden Präsidenten zur Lage der Nation geantwortet hat. Das war 2018.

Vergangenes Jahr ergab eine Umfrage, dass Joseph Kennedy den langjährigen Senator Markey geradezu aus dem Amt fegen würde. Weil sich Kennedy darauf entschloss, für den Senat zu kandidieren, wollte er bei den Wahlen fürs Abgeordnetenhaus nicht mehr antreten. «Meine Familie bedeutet für die Leute ganz unterschiedliche Dinge», sagte Joseph III in einem Interview. Aber die meisten hätten liebevolle Erinnerungen an die Kennedys, und sie würden anerkennen, wie viel sie für das Land getan hätten.

Genau daran zweifeln einige Kommentatoren. Joseph III habe die Wahl auch darum verloren, weil die Selbstverständlichkeit, mit welcher der Kennedy-Clan in Massachusetts auf den Kongress abonniert sei wie auf eine Tageszeitung, nur noch arrogant wirkte. Das Onlinemagazin «Politico» schreibt, es sei heute eher abstossend, was das Publikum auf Fotos und Videos aus den 1960er-Jahre-Glanzzeiten der Familie sehe: «Schnittig gekleidete Männer mit manchmal anzüglich blickenden Augen, unterdrückte Gattinnen, Cocktails und Zigaretten.»

Er widmete seinen Sieg der Jugend: Senator Edward Markey 

Trotzdem galt Joseph III bis vor kurzem als Nachwuchshoffnung der Demokratischen Partei. Dass er nun gegen einen 74-Jährigen verloren hat, ist bitter, und noch bitterer muss für ihn sein, wie gut Edward Markey bei jungen Wählerinnen und Wählern ankam. Im Wahlkampf zeigte sich der amtierende Senator überraschend vital und agil. Als elitäres Mitglied des Establishments konnte ihn ein Kennedy nicht denunzieren.

Aber was Markey den entscheidenden Schub verlieh, war, dass ihn eines der grössten politischen Naturtalente der letzten Jahre unterstützte, die demokratische Abgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez aus der New Yorker Bronx. Dafür hat sich der greise Politiker hinter deren «New Green Deal» gestellt.

Die spanische Zeitung «El País» schreibt, die bisher grösste Tragödie im Leben von Joseph Kennedy III sei es, für die Schlagzeile gesorgt zu haben: «Ein Kennedy verliert in Massachusetts.» Aber darüber könne man hinwegkommen.