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Ein Duell, das Italiens Zukunft prägt

Die gemeinsame Regierungszeit von Premier Conte und Lega-Chef Salvini ist vorbei. (20. August 2019) Foto: Yara Nardi/Reuters
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Für eine Premiere war Matteo Salvini ausnehmend gelassen, geradezu demonstrativ ruhig. Als die Fernsehjournalisten den neuen italienischen Oppositionschef vor dem Betreten des Senats umlagerten, wo die neue Regierung aus Cinque Stelle und Sozialdemokraten ihre letzte Hürde nehmen sollte, gelobte Salvini Mässigung. Er werde Giuseppe Conte, den alten und neuen Premier, nicht persönlich angreifen, wie man das vielleicht vermuten würde, nachdem ihn der vor zweieinhalb Wochen so vehement kritisiert hatte. «Ich denke nur an das Wohl der Italiener», sagte Salvini.

Er erhielt zwanzig Minuten Redezeit, und die schloss er mit den Worten: «Habt Spass!» Er sei bald zurück, seine Partei arbeite bereits an einem Regierungsprogramm. «Denn ihr könnt ein paar Wochen vor den Wahlen fliehen, vielleicht einige Monate. Doch irgendwann wird es Neuwahlen geben.»

Den neuen Premier nannte Salvini nicht Conte, sondern immer nur «Conte-Monti». Ziel ist es, den Italienern weiszumachen, dass Giuseppe Conte eine neue Version von Mario Monti sei. Der parteilose Wirtschaftsprofessor und ehemaligen EU-Kommissar hatte das Land vor sieben Jahren regiert, in einer absoluten Notsituation. Italien riskierte die Staatspleite, und Monti sollte es davor retten. Seither gilt er in europakritischen Kreisen als Inkarnation der Brüsseler Macht, der Finanz- und Bankenwelt, die dem italienischen Volk angeblich die Souveränität wegnehmen will. Monti ist Senator auf Lebenszeit, er hatte kurz vor Salvini gesprochen.

«Ich gebe mich gerne zufrieden mit der Zuneigung von Millionen Italienern.»

In seiner Rede räumte der Chef der Lega ein, dass das neue Regierungsbündnis legitim sei, wie es jenes war, an dem er bis Anfang August teilgenommen hatte: Es habe eine Mehrheit im Parlament. «Doch im Volk seid ihr in der Minderheit», fügte er an. Diese Behauptung widerspricht den jüngsten Umfragen. Addiert man die Werte der neuen Koalitionspartner mit jenen aus dem linken und grünen Spektrum, bringt es die neue Regierung auf eine Gunst von knapp 50 Prozent. Die Lega und ihre mehr oder weniger verbündeten Partner im rechten Lager stehen neu bei etwa 48 Prozent. Allerdings ist da Silvio Berlusconis bürgerliche Forza Italia mitgezählt, und die distanziert sich regelmässig von Salvini.

Er habe zwar einen Posten verloren, sagte Salvini, den des Innenministers. «Aber ich gebe mich gerne zufrieden mit der Zuneigung von Millionen Italienern.» Er sei immer sehr gerührt, wenn er auf der Strasse von Polizeibeamten und Feuerwehrleuten angehalten werde, die ihm sagten: «Sie werden immer unser Minister sein.» Der neuen Innenministerin, der parteilosen Luciana Lamorgese, stehe er gern mit seinem Rat zur Seite, wenn sie den wünsche. Doch fordere er sie auf, der Linken nicht klein beizugeben und seine Sicherheits- und Immigrationsdekrete zu entkräften. Er werde die Strasse mobilisieren gegen alle Versuche, Italiens Häfen wieder zu öffnen.

169:133 für die Regierung «Conte II»

In seiner Replik erinnerte Conte daran, dass Salvini nicht nur «alle Vollmachten» für sich gewünscht habe und Neuwahlen erzwingen wollte, obschon das Land vor einer Reihe schwieriger Entscheide stand. «Er wollte auch als Innenminister die Wahlen übersehen», sagte Conte. Aus den Rängen der Lega erhob sich der Chor: «Würde, Würde.» Die zwei früheren Regierungspartner schenken sich nichts. Conte gegen Salvini – dieses Duell dürfte die unmittelbare politische Zukunft Italiens prägen.

Bei der Vertrauensabstimmung stimmten 169 Senatoren für die Regierung «Conte II», 133 gegen sie. Bei voller Besetzung des Senats sind mindestens 161 Stimmen nötig für eine Mehrheit. Die kleinere Kammer des italienischen Parlaments ist traditionell Schauplatz von Machtkämpfen, sie war auch schon oft Ort von Regierungsstürzen. Da die neue Koalition aus Cinque Stelle, Partito Democratico und der linken Kleinpartei «Liberi e Uguali» es nur mit Mühe auf die Mindestzahl bringt, ist sie in Zukunft auf die Stimmen schwer steuerbarer Fraktionsloser, auf jene der Senatoren auf Lebenszeit sowie auf jene von Vertretern der autonomen Regionen oder auf die grossherzige Stimmenthaltung Zugeneigter angewiesen. Da droht immer der Sturz.