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Regionalwahl in Deutschland
Ein Bremer Stadtmusikant verteidigt die Festung der SPD

Hat eine Vergangenheit als «Mucker»: Der Bremer Bürgermeister Andreas Bovenschulte spielt an einer Wahlkampfveranstaltung seiner SPD gross auf.

Seinen Job verdankt Andreas Bovenschulte dem Fiasko eines Parteikollegen. Mit dem blassen Carsten Sieling rutschten die Bremer Sozialdemokraten bei der Bürgerschaftswahl 2019 hinter die von einem glatzköpfigen Quereinsteiger angeführten Christdemokraten zurück – erstmals seit einem Dreivierteljahrhundert.

Weil die Grünen damals am Ende lieber mit der SPD weiterregierten, als mit der CDU zusammenzuspannen, und die Linkspartei ebenfalls regierungswillig war, blieben die Roten trotzdem an der Macht. Sieling, geschubst von seiner Partei, trat zurück und machte den Weg frei für Bovenschulte, der Bürgermeister wurde, ohne zuvor Spitzenkandidat seiner Partei gewesen zu sein.

Bremen ist das mit Abstand kleinste deutsche Bundesland. Im Stadtstaat, der im Wesentlichen Bremen und Bremerhaven umfasst und vom Bundesland Niedersachsen umschlossen wird, leben rund 700'000 Menschen.

«Bovi-Power für Bremen»

Der heute 57-jährige Bovenschulte, den alle in der Stadt nur «Bovi» nennen, erwies sich für seine Partei als Glücksfall. Der zwei Meter grosse Jurist, der aus einer Lehrerfamilie stammt, ist in der Hansestadt sehr präsent und kommt mit seiner fröhlichen Art bei den Leuten gut an. «Bovi-Power für Bremen» oder «Politik braucht Format» steht auf seinen Wahlplakaten, und der Politiker verkörpert die Slogans recht glaubwürdig.

Der Bürgermeister gilt in Bremen als eine Art Alleinunterhalter, und zu einem Teil hat das mit seiner Vergangenheit als Musiker zu tun: Als junger Mann zog Bovenschulte mit Gitarre und Bass über die Dörfer, spielte und sang als sogenannter Mucker für Geld auf Festen und Feiern. Seine Bands trugen Namen wie «Pfusch am Bau» oder «Exzess im Nachtexpress», er spielte Songs von den Beatles oder von Elvis, aber auch Kinderlieder, wie es halt kam.

70 Prozent sind mit ihm zufrieden

Auch heute greift Bovenschulte noch gern zur Klampfe und rockt den Saal, wenn es etwas zu feiern gibt. «Einen singenden Bürgermeister hat nicht jeder», meinte eine alte Frau im Wahlkampf. Zusammen mit Daniel Günther, dem christdemokratischen Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein, ist Bovenschulte heute laut Umfragen der beliebteste Landesregierungschef Deutschlands: 70 Prozent Zufriedenheit wurden zuletzt gemessen, ein ungewöhnlich hoher Wert.

Politisch ist er ein typischer Regierungsgenosse: pragmatisch, konsensfähig, nahe an Gewerkschaften und Industrie. Die Grünen, die von einer autofreien Innenstadt träumen und die beliebte «Brötchentaste» abschafften, das Gratis-Parkplatz-Ticket für den schnellen Einkauf, liess er aus Kalkül und mit Genuss immer wieder auflaufen. Während Corona galt Bremen deutschlandweit als Vorbild: eine Impfquote von 90 Prozent, Schulen und Kitas länger offen als anderswo, weniger Todesopfer als fast überall sonst.

Die Grünen hat er kleinregiert

Vor allem wegen Bovenschulte behauptet sich die SPD vor der Bürgerschaftswahl vom Sonntag in den Umfragen mit 30 Prozent knapp vor der CDU, die diesmal mit einem Milchbauern und einer 27-jährigen konservativen Klimaaktivistin antritt. Selbst wenn die Christdemokraten entgegen der Erwartung die Wahl gewinnen sollten, dürfte es ihnen wie 2019 ergehen: Sie finden wohl keinen Koalitionspartner.

Bovenschulte wiederum ist klug genug, nicht jetzt schon zu sagen, mit wem er nach gewonnener Wahl weiterregieren will. Eine Grosse Koalition mit der CDU schliesst er nicht aus. Das hat aber vor allem taktische Gründe: Anders als 2019 möchte er mit den Grünen diesmal aus einer Position der Stärke heraus verhandeln. Da kommt es ihm zupass, dass diesen – erstmals seit langem – Verluste vorausgesagt werden. In der Hauptstadt Berlin flogen sie zuletzt sogar aus der Regierung.