AboDonna Leon im Gespräch «Ehrgeiz? Hatte ich nie!»
Die Bestsellerautorin veröffentlicht einen neuen Brunetti-Krimi. In einem Kloster in Müstair verrät sie, was der Erfolg aus ihr gemacht hat – und warum sie jetzt in der Schweiz lebt.
Brunetti
Wie kommt es, dass eine Schriftstellerin in ihren Büchern ständig einen Mann ins Zentrum stellt? Ist das tolerierbar, von wegen Gender- und Identitätspolitik? «Ich schrieb den ersten Brunetti vor 30 Jahren», sagt Donna Leon. «Da war das noch kein Thema. Und wäre denn eine Frau als Kommissarin – in Italien! – eine Autoritätsperson?» Eine rhetorische Frage, selbstverständlich. Aber sie liest die naheliegende Antwort aus meinen Augen. «Sehen Sie!» Und dann erzählt Donna Leon, wie sie überhaupt – mit fast 50 – auf die Idee kam, einen Krimi zu schreiben: «Es war reine Nachahmung. Ich wollte auch mal probieren, ob ich das kann.» Und zwar aus einem Gedankenspiel heraus: Es war an einem Abend in Venedigs Opernhaus La Fenice. Donna Leons Begleiter empörte sich, dass man den Dirigenten eigentlich umbringen müsste. «Ich machs für dich, aber in einem Roman», meinte sie scherzhaft. So entstand «Venezianisches Finale». Sie zählt ihre Vorbilder auf, nennt sie «elders and betters» – die Älteren und Besseren: Raymond Chandler, Ross Macdonald, Dashiell Hammett, Ruth Rendell, Charles Dickens. Und sie betont: «It was always glorious fun to do» – das Schreiben sei immer ein herrlicher Spass gewesen.