Chat-Panne in den USA«Signalgate» wird zum Testfall, ob FBI und Justiz Trump etwas anhaben können
Die Regierung redet ihre Panne mit fadenscheinigen Argumenten klein. Nun wurde eine erste Klage eingereicht – an den Richter, der mit Donald Trump arg im Clinch liegt.

- Sicherheitsberater Mike Waltz vermochte die versehentliche Signal-Einladung nicht plausibel zu erklären.
- Screenshots belegen die Weitergabe sensibler militärischer Zeitpläne für Huthi-Angriffe.
- FBI und Justizministerium zeigen bislang keine Bereitschaft zur Untersuchung der Sicherheitspanne.
- Der Kongress fordert nun eine Überprüfung durch die Pentagon-Aufsichtsstelle.
Der Sicherheitsberater geriet in Erklärungsnöte, als er zu seiner Rolle in der bisher gröbsten Panne der zweiten Amtszeit von Donald Trump befragt wurde. In der Signal-App auf seinem Telefon richtete Mike Waltz eine Chatgruppe zur Vorbereitung von Luftschlägen gegen die Huthi-Rebellen ein. Und lud dazu neben 18 hochrangigen Regierungsvertretern auch Jeffrey Goldberg ein, den Chefredaktor der Zeitschrift «The Atlantic». Goldberg las tagelang mit, wie Trumps Leute den Militäreinsatz vorbereiteten und über die europäischen Verbündeten lästerten.
Warum Waltz die Telefonnummer von Goldberg überhaupt gespeichert habe, wollte Fox-Moderatorin Laura Ingraham wissen. Diese Frage versuche er jetzt von den besten Technikern des Landes beantworten zu lassen, antwortete Waltz. «Jeder hat einen Kontakt, bei dem es heisst, er sei eine Person, und dann eine andere Telefonnummer, aber man hat noch nie zuvor mit ihm geredet.»
Die 4-Punkte-Verteidigung von Donald Trump
Das Gestammel überzeugte nicht einmal Laura Ingraham, die wohl niemand einer überaus kritischen Haltung zu Trump bezichtigen würde. «Wie ist die Nummer auf Ihr Telefon gelangt?», hakte sie nach. Die Antwort von Mike Waltz, dem wichtigsten Berater des US-Präsidenten für Sicherheitsfragen: «Wenn man den Kontakt von jemand anderem hat, und dann wird es, und dann, irgendwie wird es hineingezogen.»
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Der Auftritt war Teil des Versuchs der Trump-Regierung, die inzwischen Signalgate getaufte Panne mit der Signal-App kleinzureden. Die Verteidigung umfasst vier Elemente.
Es seien keine geheimen Informationen ausgetauscht worden über die Signal-App, die dafür nicht zertifiziert ist.
Die hochgesicherten Kanäle seien zu umständlich zu bedienen; wenn es schnell gehen müsse, sei Signal die beste Variante.
Goldberg sei kein vertrauenswürdiger Journalist, es sei nicht auszuschliessen, dass er sich «irgendwie» selbst in den Chat eingeschleust habe.
Joe Biden habe die Huthis zu lange gewähren lassen, die Luftschläge seien Belege von Trumps Stärke.
So weit ist das eine typisch trumpsche Abwehrstrategie, die er schon früher stets anwendete, wenn er unter Druck kam: Abstreiten, Verwedeln, Gegenangriff, Lügen.
Wer kann Donald Trump noch zur Verantwortung ziehen?
Neu kommt die Frage hinzu, ob die Regierung Trump 2.0 überhaupt noch dazu gezwungen werden kann, Rechenschaft abzulegen. Wer überprüft, ob die 18 Topshots die Wahrheit sagen? Das Weisse Haus scheint sich in semantische Feinheiten flüchten zu wollen. Verteidigungsminister Pete Hegseth, Sicherheitsberater Mike Waltz und Präsidentensprecherin Karoline Leavitt beteuerten, der Chat habe keine «war plans» enthalten. Der englische Ausdruck bezeichnet Operationspläne. Daraufhin veröffentlichte «The Atlantic» am Mittwoch eine Reihe weiterer Screenshots aus dem Chat.
Darunter war ein Eintrag des Verteidigungsministers mit den Startzeiten für die erste Welle von F/A-18-Kampfjets und das Abfeuern der Raketen auf eines der Ziele im Jemen. In den Chat gestellt eine halbe Stunde vor dem Abheben der Jets. Die Zeitschrift betitelte das nunmehr als «attack plan», als «Angriffsplan», was das Weisse Haus wie ein Eingeständnis einer Übertreibung behandelte. Fachleute widersprechen der Darstellung der Trump-Regierung: Der Zeitplan von Hegseth entspricht zwar nicht der gängigen Form eines Operationsplans, aber er besteht aus heiklen Informationen, die in der Regel als streng geheim eingestuft werden.
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Zu erwarten wäre, dass sich in solchen Fällen die Bundespolizei einschaltet. Bisher haben weder Justizministerin Pam Bondi noch FBI-Chef Kash Patel irgendwelche Absichten verlauten lassen, sich in Signalgate einzuklinken. Das war unter Joe Biden ganz anders. In seiner Amtszeit durchkämmten Polizisten seine Privaträume auf vertrauliche Akten. Die Ermittlung endete ohne Anklage in einem Schlussbericht, der Biden als alten, vergesslichen Mann beschrieb.
Donald Trumps Mühe mit geheimen Informationen
Zuvor war das FBI bei Donald Trump zu einer Razzia vorgefahren. Die Anklage wegen Geheimakten in Mar-a-Lago versandete. Aber sie trug dazu bei, dass Trump Dutzende Mitarbeiter der Ermittlungsbehörden hinauswerfen liess. Nun steht der erste Testfall bevor, ob FBI und Justizministerium die eigene Regierung noch durchleuchten dürfen, wenn Probleme auftreten.
Ermutigend sind die ersten Zeichen nicht. Sicherheitsberater Waltz etwa sagte, er bespreche die Sicherheitsprobleme mit Elon Musk, an allen etablierten Strukturen vorbei. Er behauptete, Goldberg nicht zu kennen, obwohl Fotos die beiden an einem Anlass zeigen. Der Präsident stellte sich dennoch hinter Waltz, nachdem er laut Medien zuerst sauer auf ihn gewesen war.
Trump selbst bewies in seiner ersten Amtszeit ein problematisches Verständnis zu Verschlusssachen. Unter anderem gab er dem russischen Aussenminister Sergei Lawrow heikle Informationen über den IS weiter, die von einem Partnerstaat stammten. Auf Twitter veröffentlichte er das Bild einer iranischen Raketenbasis, aufgenommen von einem geheimen Spionagesatelliten.
Der von Donald Trump verhasste Richter schaltet sich ein
Ein bisschen Druck kommt vom Kongress. Der Republikaner Roger Wicker verlangte am Mittwoch eine Untersuchung durch die Aufsichtsstelle des Pentagon. Der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses tat das im Gleichschritt mit Jack Reed, dem ranghöchsten Demokraten in dem Gremium.
Auch vor Gericht muss das Weisse Haus vielleicht Rede und Antwort stehen. Die Gruppierung «American Oversight» hat vor dem Bundesgericht in Washington eine Klage eingereicht; die US-Regierung habe mit dem Signal-Chat womöglich ihre Pflicht umgangen, die Amtsgeschäfte zu dokumentieren. Der Zufallsgenerator teilte den Fall Richter James Boasberg zu. Derselbe Richter, der ohnehin schon mit der Trump-Regierung im Clinch liegt, seit diese Migranten nach El Salvador abschob. Donald Trump hat bereits gefordert, der Kongress solle den Richter seines Amtes entheben – auch das ein Testfall für die Frage, inwiefern es ihm schon gelungen ist, Parlament und Justiz gleichzuschalten.
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