Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen
Meinung

Donald Trump und die Computer der Demokraten

Wie jetzt? Donald Trump verstrickt sich in Erklärungsversuche über den Wahlkampf von 2016. Foto: Jonathan Ernst (Reuters)
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Nach zweieinhalb Amtsjahren und trotz des umfassenden Untersuchungsberichts von Russland-Sonderermittler Robert Mueller glaubt Donald Trump noch immer nicht, dass sich Moskau zu seinen Gunsten in die US-Präsidentschaftswahl 2016 einmischte. Stattdessen offenbaren Trumps Telefonat mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski am 24. Juli sowie seine Bemerkungen bei einer Pressekonferenz mit Selenskyi am Mittwoch in New York, dass der US-Präsident die Ursprünge der Russland-Affäre in der Ukraine vermutet.

Trump glaubt offenbar ernsthaft, der Cyberangriff auf demokratische Computer während des US-Wahlkampfs 2016 habe etwas mit der Ukraine zu tun. Schon 2016 war er überzeugt, hinter den ukrainischen Dokumenten, die zum Rücktritt seines damaligen Wahlkampfmanagers Paul Manafort führten, stecke eine Kabale von Demokraten und korrupten ukrainischen Helfern.

Wo sind die Server abgeblieben?

Die Verschwörungstheorien des Präsidenten, die seit geraumer Zeit in rechten Medien wie Breitbart News kursieren, kamen beim Telefonat mit Selenski zum Tragen. Als Trump dem Ukrainer sagte, er wolle, dass dieser ihm einen Gefallen tue, brachte er nicht zuerst Ermittlungen gegen Joe Biden und dessen Sohn Hunter auf – sondern verlangte Hilfe bei der Aufdeckung einer vermeintlich von der Ukraine ausgehenden Verschwörung bei den Wahlen 2016. Selenski solle herausfinden, «was mit dieser Situation mit der Ukraine los ist, man sagt Crowdstrike … ich denke, dass ist einer von euren reichen Leuten … den Server, es heisst die Ukraine habe ihn», kurvt Trump gemäss dem Protokoll des Telefonats kreuz und quer durch diese Verschwörungstheorie. Crowdstrike ist eine im Silicon Valley beheimatete Cybersecurity-Firma, deren Mitbegründer Dimitri Alperowitsch russischer und nicht ukrainischer Abstammung ist. Das angesehene Unternehmen war 2016 vom Demokratischen Nationalkomitee (DNC) in Washington beauftragt worden, das Hacking des DNC-Computerservers aufzuklären. Crowdstrike kam zum Schluss, dass Russland verantwortlich war. Diese Einschätzung wurde später von US-Geheimdiensten sowie Sonderermittler Mueller geteilt. Trump plappert bei dem Telefonat mit Selenski hingegen eine bizarre Verschwörungstheorie nach, der zufolge der DNC-Server zur Vertuschung der wirklichen Schuldigen in die Ukraine abtransportiert wurde.

----------

Podcast: «USA: Entscheidung 2020»

Hören Sie sich die neuste Folge vom Podcast «Entscheidung 2020» mit USA-Korrespondent Martin Kilian und Auslandchef Christof Münger auch auf Spotify oder auf iTunes an.

----------

Er sieht sich im Recht

Bereits 2017 hatte der Präsident in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Associated Press behauptet, Crowdstrike befinde sich «in der Ukraine, das habe ich gehört, ich habe gehört, dass der Besitzer ein reicher Ukrainer ist». 2018 schob Trump nach: «Wo ist der DNC-Server und warum hat ihn das FBI nicht in Besitz genommen? Deep State?», twitterte er ominös. Der Server befindet sich weiterhin in Washington. Das FBI nahm ihn nicht in Besitz, weil Crowdstrike dem FBI Kopien von sämtlichen Daten auf dem Server übergeben hatte. Trumps absurder Unsinn geht aber noch weiter: Im Herbst 2016 hatte er Russland öffentlich aufgefordert, doch bitte herauszufinden, wo sich «30'000 E-Mails» befänden, die Hillary Clinton von einem privaten Server gelöscht hatte und um die sich seither zahlreiche Verschwörungstheorien ranken. Am Mittwoch wärmte der Präsident im Beisein von Selenski die Sache neuerlich auf: Clintons Server «könnte sich sehr wohl» in der Ukraine befinden, so Trump. Und deshalb sei es ja nur rechtens, wenn er Kiew um Hilfe angehe, wollte der Präsident damit insinuieren.

Demokraten wehren sich

Es sei «surreal», dass der Präsident die Rolle Moskaus beim Hacking des DNC-Servers noch immer nicht akzeptiere, meldete sich prompt DNC-Sprecherin Xochitl Hinojosa zu Wort. Was die Untersuchung des DNC-Vorfalls betreffe, «haben wir alle forensischen Beweise und Analysen dem FBI übergeben, und wie schon zuvor stehen wir hinter unseren Schlussfolgerungen, die von US-Geheimdiensten voll unterstützt wurden», äusserte sich Crowdstrike in einer Pressemitteilung zu Trumps haltlosen Unterstellungen. Dass der Präsident und sein Anwalt und Ausputzer Rudy Giuliani von Kiew eine Bestätigung ihrer Fieberfantasien verlangten und die Regierung Selenski auch deshalb unter Druck setzten, ist bemerkenswert. Offenbar sind beide nicht gewillt, der Wahrheit ins Auge zu sehen.