Vorzeitiger AbgangDominik Kahun wechselt per sofort vom SC Bern nach Lausanne
Trotz Vertrag bis 2027 ist die Zusammenarbeit zwischen dem Stürmer und dem SCB nach vier Jahren zu Ende.

- Dominik Kahun und der SC Bern lösen ihren Vertrag mit sofortiger Wirkung auf.
- Neue ausländische Stürmer verdrängten Kahun in der Hierarchie beim SC Bern.
- Der Weg von Trainer Jussi Tapola zum Erfolg harmoniert nicht immer mit der Vorstellung von Romantik im Spitzensport.
Es passiert zwar ganz am Ende der Transfer-Deadline, aber dennoch kommt es nicht mehr überraschend. Die Wege von Dominik Kahun und dem SC Bern trennen sich per sofort. Der 29-jährige Stürmer und der Club haben den Vertrag bis 2027 aufgelöst. Gleichzeitig unterschrieb Kahun beim Lausanne HC ebenfalls bis 2027 und wechselt per sofort zum LHC.
Was ist geschehen?
Kahun hatte sich in seinen ersten drei Saisons im SCB als zuverlässige Offensivkraft etabliert und Jahr für Jahr fast exakt einen Skorerpunkt pro Spiel erzielt: 125 in 128 Spielen. Zum Bruch dieser Konstanz kam es bereits im letzten Playoff, in dem Kahun in den sieben Spielen gegen den EV Zug nur ein Assist gelang. In der aktuellen Saison tauchte er offensiv dann fast komplett unter: Zwei Tore und sieben Assists in 24 Spielen und mit einer Minus-7-Bilanz der Tiefstwert im Team entsprachen bei weitem nicht mehr dem, was auch Kahun von sich selbst erwartet.
Von allen drei neuen Import-Stürmern überflügelt
Auf den ersten Blick lässt sich der Einbruch simpel analysieren: Kahun und Trainer Jussi Tapola – das passte nicht mehr zusammen. Das ist aber zu kurz gedacht, schliesslich gelangen dem Stürmer unter dem Finnen bereits letzte Saison in 47 Qualifikationspartien 50 Punkte. Es war sogar Kahuns produktivstes Jahr der Karriere.
Zum Verhängnis wurde ihm aber die neue Import-Situation im SCB. Mit Austin Czarnik, Victor Ejdsell und Waltteri Merelä kamen auf die aktuelle Saison hin gleich drei neue ausländische Stürmer, die ihm allesamt den Rang in der Hierarchie abliefen.
Czarnik ist aktueller Liga-Topskorer und abgesehen von seinen physischen Defiziten als kleiner und leichter Center ein dominanter und kompletter Stürmer in allen Situationen. Gemeinsam mit Ejdsell und dem Schweizer Marco Lehmann bildet er statistisch die beste Linie der ganzen Liga, was Spieldominanz und Chancenverhältnis angeht.
Merelä schliesslich ist mit 19 Treffern nicht nur bester SCB-Torschütze, sondern mit seiner physischen Wucht auch ein vielseitiger Antreiber und unabhängig seiner Linienpartner ein richtig mühsamer Gegenspieler. Er könnte zudem die perfekte Ergänzung zu Neuzuzug Miro Aaltonen werden und damit für eine zweite offensiv starke Berner Linie sorgen.

Aaltonens Zuzug bereits für den Rest der aktuellen Saison wegen des Kokainfalls bei seinem früheren Club Kloten (er wäre ab 2025/26 sowieso nach Bern gekommen) dürfte bei Kahun endgültig für Gedanken um eine vorzeitige Vertragsauflösung bereits während der laufenden Spielzeit gesorgt haben. Dies, obwohl er bis zum letzten Wochenende, an dem er zweimal überzählig war, den Willen zum Verbleib bis zumindest Saisonende demonstrierte. Oder es zumindest so kommunizierte.
Dass die Wege sich im Sommer trennen würden, schien aber bereits unvermeidlich. Nun bat Kahun angesichts des Interesses aus Lausanne und der Aussicht auf einen neuen Mehrjahresvertrag den SCB um die sofortige Vertragsauflösung. Dieser kam wohl auch wegen der speziellen Situation mit bald neun zur Verfügung stehenden Ausländern (nur sechs können pro Spiel eingesetzt werden) dem Wunsch entgegen.
Aaltonen ist nicht nur ein Wunschtransfer von SCB-Sportchef Patrik Bärtschi – er hatte den Finnen 2022 bereits in gleicher Funktion zum EHC Kloten geholt. Auch bei Trainer Tapola stand sein Landsmann bereits letzte Saison hoch im Kurs, dieser Transfer hat eine lange Vorgeschichte. Kahun dürfte erkannt haben, dass die Rolle des Nummer-1-Centers auch nächste Saison nicht mehr seine sein würde.
Zuletzt hatte ihn Tapola meist als Flügelstürmer eingesetzt, die temporäre Rückversetzung in die Mitte erwies sich als schnell wieder abgebrochenes Experiment. Es war nicht so, dass Kahun überhaupt keine Chance erhielt, sich als einer der fix eingesetzten sechs SCB-Ausländer zu etablieren. Doch in seiner neuen Rolle mit häufig wechselnden Linienpartnern und «nur» noch als Flügelstürmer agierend, fand sich der Deutsche kaum noch zurecht.
Tapolas Weg – inklusive «My way or the highway»-Mentalität
In den sofortigen Abgang Kahuns lässt sich vieles interpretieren. Zum einen sicher, dass der Umbau der Mannschaft ganz im Sinne von Tapola weitergeht. Der Finne hat seit seiner Ankunft im Sommer 2023 bereits sehr vieles verändert und bewirkt. Der SCB ist daran, sich wieder in der Spitzengruppe der National League zu etablieren, er hat dies in den letzten beiden Saisons auch mit dem Einbau mehrerer junger Spieler geschafft, obwohl der SCB über keine bemerkenswerten Supertalente bei den Youngsters verfügt. Bei der besonders herausfordernden Heranführung junger Verteidiger beweist Tapola zudem Geduld und erlaubt den Spielern auch Fehler, wie das Beispiel Louis Füllemanns zeigt.
Dass Tapola seinen Weg aber mit einem klaren Plan und auch der «My way or the Highway»-Mentalität geht und fast nur auf jene Routiniers setzen will, die seiner Idee des Eishockeysports entsprechen, kann als Kehrseite der Medaille bezeichnet werden. Oder auch als Preis des (erhofften) Erfolgs, den der SCB inklusive sportliche Führung offenbar gewillt ist zu zahlen.
Nicht zuletzt ist Kahuns Statusverlust aber auch dem knallharten Leistungsdenken geschuldet. Es würde aktuell absurd anmuten, für ihn Czarnik, Ejdsell oder Merelä aus der Aufstellung zu nehmen.
Es wird interessant zu sehen sein, wie sich Kahun in Lausanne schlägt und wie sich die Teamstruktur beim Leader durch seinen Zuzug verändert. Wer aber glaubt, dass Kahun beim LHC bloss darum längerfristig besser funktionieren wird als aktuell in Bern, weil er den Typ des Künstlers verkörpert, der nun allein seiner technischen Brillanz wegen alle Freiheiten erhalten wird, beleidigt fast schon die Arbeit von LHC-Coach Geoff Ward. Lausanne kam letzte Saison vor allem aus einem Grund dem Titel sehr nahe: taktische Disziplin, hart arbeitende Zwei-Weg-Spieler, die sich je nach Situation und Gegnerschaft auch fürs Zerstören nicht zu schade waren.
Und ebenfalls Futter für Gedankenspiele: Lausanne hat nächste Saison mit Antti Suomela, Czarnik (noch nicht offiziell bestätigt), Ken Jäger, Janne Kuokkanen (aktuell Saisonende wegen Verletzung), Théo Rochette, Benjamin Bougro, Jason Fuchs und nun auch noch Kahun gleich für zwei gute Mannschaften Center unter Vertrag – die wenigsten sehen sich lieber auf der Flügelposition …
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