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Fackellauf erzürnt Pakistan
Diplomatischer Eklat an Schacholympiade

Diplomatische Provokation: Der indische Premier Narendra Modi spricht an der Eröffnungszeremonie der Schacholympiade in Chennai. 
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In Chennai wurde am Donnerstag die 44. Internationale Schacholympiade vom indischen Premierminister Narendra Modi eröffnet. Und wer sich von den vielen Verkleideten in Springer- und Turm-Kostümen, den Tänzerinnen und Tänzern in Schwarzweiss und den erwartungsfrohen Besucherinnen und Besuchern täuschen lässt, die durch das Jawaharlal-Nehru-Stadion zogen, könnte ein friedliches Festival erwarten. Nur ist Schach weniger Spiel als Kampf und eine Olympiade immer auch ein politisches Ereignis. Besonders natürlich in diesen Zeiten.

Die Schacholympiade ist als Mannschaftsturnier auch ein Prestigewettbewerb, Grossmeister gelten als die klügsten Menschen der Welt, so wie Boxchampions als die stärksten gelten. Weswegen beide Disziplinen traditionell politisch instrumentalisiert werden. Indien reklamiert für sich, Mutterland des Schachs zu sein, die Figuren und ihre Bewegungsmuster seien Rekonstruktionen der alten Kriegsformationen, in denen der König auf einem Elefanten geritten sei, der von Kämpfern auf dem Boden gegen Angriffe habe geschützt werden müssen. Weswegen sich der König auf dem Brett frei bewegen kann, aber nur auf kleinem Raum. Allerdings wurde das Mutterland damals nicht als Indien bezeichnet und schloss auch Gebiete ein, auf denen heute Pakistan und andere Länder liegen. 

Schauplatz von globalen Grossproblemen

Der pakistanische Aussenminister aber beorderte am Freitag die Spieler seines Landes zurück, nachdem das olympische Feuer beim Fackellauf durch 75 Städte auch durch Jammu und Kaschmir getragen worden war. Die umstrittene Region gehört seit der Teilung beider Länder 1947 zu Indien, Pakistan erhebt aber Anspruch darauf. Auch sonst ist diese Schacholympiade ein indirekter Schauplatz von globalen Grossproblemen geworden. Nach zwei Jahren Pandemie sollte sie ursprünglich in Moskau stattfinden, wurde aber kurzfristig wegen des Angriffskrieges auf die Ukraine neu ausgeschrieben – Chennai bekam den Zuschlag. Gespielt wird nun aber bis 28. August in einem Dorf nahe der kleinen Nachbarstadt Mamallapuram, da Chennai noch im Juni unter einer heftigen Hitzewelle litt, die Tagestemperaturen von mehr als 40 Grad Celsius mit sich brachte. Die Veranstalter hatten Sorge, dass die empfindlichen Gäste aus gemässigteren Wetterregionen in Europa oder den USA umkippen könnten.

Als historische Ironie kann man werten, dass der Chef-Minister des indischen Bundesstaates Tamil Nadu, in dem Chennai liegt, ausgerechnet M. K. Stalin heisst. Der nicht russische Stalin erklärte also am Donnerstag, dass 22’000 Sicherheitsleute im Einsatz seien, um die friedliche Durchführung der Spiele zu sichern. Und da zu einer Olympiade auch ein Maskottchen gehört, stellte er noch Thambi vor, was auf Tamilisch «kleiner Bruder» bedeutet, wenig überraschend: ein Pferd.

Auch China und Russland fehlen

Mit grossem Stolz erklärte Stalin den Presseagenturen, dass die Behörden mehr als 2000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus 187 Ländern der Welt erwarten, minus Pakistan. Und minus China – wegen der Pandemie. Und minus Russland – wegen des Kriegs. China und Russland sind traditionell starke Schach-Olympia-Länder. Vielleicht erhöht das die Chancen der Inder, die sich zwar als Schach-Erfinder sehen, die Olympiade aber noch etwas seltener gewonnen haben als der Fussball-Erfinder England die Weltmeisterschaft.