Schweizer Start-up Digitale Hilfe für besseres Schreiben
Die Browser-Erweiterung Witty aus Zürich soll dabei helfen, integrativer zu schreiben. So funktioniert es.
Sprache verändert sich kontinuierlich und fordert damit eine fortlaufende Anpassung von allen, die regelmässig schreiben. Ein Aspekt, der auch bei dieser Zeitung immer wieder zur Diskussion steht, ist die Inklusivität in Wort und Schrift. Vom Gendern bis hin zum Gebrauch inklusiver oder zum Vermeiden von ausschliessenden oder herabwürdigenden Begrifflichkeiten stellt uns der mit dem Zeitgeist zusammenhängende Wandel regelmässig vor neue Herausforderungen.
Das Zürcher Start-up Witty Works will in dieser Hinsicht zu einem besseren Schreiben verhelfen, mittels einer einfachen Erweiterung im Webbrowser namens Witty (aktuell verfügbar für Chrome, Edge und Firefox). Für den persönlichen Gebrauch oder in kleinen Teams bis zu drei Personen ist der Dienst gratis, für grössere Nutzergruppen, beispielsweise in Unternehmen, gibt es verschiedene Angebote.
Ist die Erweiterung installiert, weist sie bei allem, was man im Webbrowser schreibt, auf Grammatik- und Rechtschreibfehler hin, macht Stilvorschläge und zeigt mit konkreten Beispielen auf, wie man integrativer schreiben könnte. Wer mag, kann weiter gehende Erklärungen lesen. Für den individualisierten Gebrauch kann man eigene Regeln festlegen und für das Team ein eigenes Wörterbuch erstellen. Der Dienst funktioniert derzeit für Deutsch und Englisch.
Ganz nebenbei stellt sich ein Lerneffekt ein
Beispielsweise achtet Witty auf eine gendergerechte Sprache, die auch Personen aus der LGBTQIA+-Community anspricht. Es weist auf ethnisch und religiös neutrale Ausdrucksweisen hin und hilft, ableistische Sprache – also solche, die (meist ungewollt) Menschen mit Behinderungen ausgrenzt oder herabsetzt – zu vermeiden.
Im Business-Kontext zeigt Witty ausserdem auf, wie man schreibt, ohne bestimmte Gruppen abzuschrecken. So werden beispielsweise Wörter – wie «Herausforderung», «stark» oder «expertise» im Englischen – markiert, die auf eine übermässig kompetitive Firmenkultur hinweisen und so gewisse Talente einschüchtern könnten.
Manches davon wirkt auf den ersten Blick etwas pedantisch. Nutzt man Witty allerdings etwas länger, zeigt sich, wie tief mögliche Diskriminierungen in unserer Alltagssprache verankert sind – oft, ohne dass sie von uns beabsichtigt sind oder gar bemerkt werden. So stellt sich ganz nebenbei auch ein Lerneffekt ein. Und wenn manches im Kontext des eigenen Textes als nicht änderungswürdig erscheint: Das Tool macht nur Vorschläge, die ganz ähnlich wie Hinweise auf Rechtschreibfehler einfach ignoriert werden können.
Die Integration in Google Docs soll noch im Januar erfolgen
Hinter Witty steht ein Team aus Zürich um die Gründerin und CEO Nadia Fischer und Gründer und CTO Lukas Kahwe Smith. Um die Hinweise so akkurat wie möglich zu halten, arbeitet das Unternehmen mit mehreren Inklusivitätsprofis zusammen. Zur Kundschaft, welche die Hilfestellung nutzt, gehören nach eigener Auskunft Microsoft, Siemens, Ford oder die Deutsche Bahn. Auf der Website wird erklärt, was inklusive Sprache ist, und beispielhaft demonstriert, wie sie wirkt.
Einen kleinen Haken gibt es allerdings: Die Browser-Erweiterung funktioniert noch nicht überall im Netz. Für Google Docs, wo dieser Text geschrieben wurde, soll eine Integration noch im Januar erfolgen, teilt das Unternehmen auf Nachfrage mit. In der Web-Version von Microsoft Outlook läuft Witty, allerdings nicht in der Desktop-Applikation. Eine Lösung sei in Arbeit, aber nicht ganz trivial.
Eine Übersicht über die Programme und Dienste, die man mit der Korrekturhilfe nutzen kann, findet sich hier. Ausserdem gibt es einen Online-Editor, in den man – nachdem man sich ein kostenloses Nutzerkonto erstellt hat – geschriebene Texte abfüllen und darin prüfen lassen kann.
Die Probe aufs Exempel mit diesem Text zeigt die Wirksamkeit des Tools auf: An zwei Stellen wurden Vorschläge von Witty umgesetzt.
Fehler gefunden?Jetzt melden.