Kommentar zur KonzernverantwortungDieses Nein ist kein Freipass
Die Konzernverantwortungsinitiative scheitert am Ständemehr wegen ihrer weitgehenden Forderungen. Die Verantwortung der Konzerne bleibt jedoch bestehen.
Es hat nicht geklappt – trotz jahrelanger Vorbereitung, 80’000 Fahnen und einem Millionenbudget aus Spendengeldern. Die Konzernverantwortungsinitiative war der Stimmbevölkerung zu extrem, besonders in den ländlichen Kantonen in der Deutschschweiz. Das Volksbegehren scheitert deshalb klar am Ständemehr. Von der Stimmbevölkerung wurde es knapp angenommen. Für die Initianten aus dem links-grünen Lager ist das ein grosser Erfolg. Sie machen rund zwanzig Prozent mehr Stimmen als üblich.
Die Befürworter haben alles versucht, um die Initiative mit ein paar bürgerlichen Unterstützern und einer Kampagne der Kirchen moderat aussehen zu lassen. Sie haben ihre eigenen Forderungen sprachlich relativiert und teilweise zurückgenommen. Sie haben versucht, ihre Initiative als «Selbstverständlichkeit» hinzustellen und zu vermeiden, über die im internationalen Vergleich gar nicht so selbstverständlichen Details zu sprechen. Genützt hat es nichts. Der Souverän will nicht, dass Schweizer Firmen zweimal verklagt werden können: im Ausland und zu Hause.
Das bedeutet hingegen nicht, dass international tätige Konzerne keine Verantwortung tragen müssten. In einer globalisierten Wirtschaft gehen sie wie nie zuvor Risiken ein, auch hinsichtlich der Einhaltung von Menschenrechten und Umweltstandards. Wer im Ausland tätig ist, steht deshalb durchaus zu Recht im Scheinwerferlicht von lokalen und internationalen Nichtregierungsorganisationen und damit der Öffentlichkeit. In diese Richtung geht der Gegenvorschlag, der jetzt in Kraft treten kann.
Die Konzernverantwortungsinitiative wird die politische Landschaft mehr verändern als alle Initiativen der letzten zwanzig Jahre.
Nun aber auch das Recht zu internationalisieren und Schweizer Gerichte Sachverhalte in Entwicklungsländern beurteilen zu lassen, ist offenbar das falsche Vorgehen. Es führt kein Weg vorbei an der Stärkung der Institutionen vor Ort, besonders der Justiz. Die Schweiz hätte bei diesem Thema viel Know-how zu bieten – und gerade bei den NGOs, die hinter der Initiative stehen, findet man dazu meist wenig bis gar nichts.
Doch die Konzernverantwortungsinitiative wird die politische Landschaft mehr verändern als alle Initiativen der letzten zwanzig Jahre. Der Abstimmungskampf wird Forderungen nach Transparenz bei der Finanzierung von Kampagnen Schub verleihen. Die Kirchen haben mit Steuergeldern zum ersten Mal in grossem Stil Abstimmungskampf gemacht, was ebenfalls nicht ohne Folgen bleiben wird. Und bei den NGOs hinter der Initiative ist klar, dass sie steuerabzugsfähige Spendengelder für eine Abstimmungskampagne verwendet haben – dies, obwohl der Staat Steuererleichterungen nur gemeinnützigen und politisch neutralen Organisationen zukommen lassen sollte. Und die blosse Ablehnung durch die Stände wird zu einer Debatte über das Ständemehr führen – und darüber, welchen Minderheitenschutz eine Demokratie braucht, um eine offene Gesellschaft zu bleiben.
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