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Dieser Schweizer fährt an der Ski-WM für Ghana

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Es liegt ein Stück weit ausserhalb, hier ist nichts von Weltmeisterschaft zu spüren, keine Volunteers, die herumspazieren, keine Journalisten. Es ist nicht so zentral wie das House of Switzerland und nicht so pompös wie jenes der Österreicher. Aber es existiert: das House of Ghana, zwölf Personen wohnen darin, über Airbnb haben sie es gemietet. Draussen hängt eine grosse ghanaische Flagge, drinnen wird zu Mittag gegessen.

Der Besucher ist kein Störenfried, er wird gleich eingeladen, als er Carlos Mäder und sein Team überrumpelt. Älplermagronen gibt es beim Team Ghana. Ghanaer ist hier aber nur einer, und auch er redet Schweizerdeutsch: Mäder ist 40 und stammt aus dem Kanton Obwalden, wie fast alle Kollegen am Tisch, «ein Klassentreffen», sagt Mäder. Er ist die ghanaische Nationalmannschaft an dieser Ski-WM.

Früher Fussball, jetzt Ski

Mäder kam als Kojo Benya Brown in Cape Coast zur Welt, einer Stadt im Süden des Landes, am Golf von Guinea. Aufgewachsen aber ist er in der Schweiz, mit acht Monaten wurde er adoptiert. Seine leibliche Mutter hat er ausfindig gemacht, sie lebt in Nigeria, Mäder schickt regelmässig Geld, er sei Stammkunde bei Western Union. Sein Vater lebt nicht mehr. Früher wollte er Fussballer werden, spielte in der U-21 bei Luzern, klappte nicht, jetzt fährt er also Ski. Als er seinen Pass beantragte und den ghanaischen Behörden von seinem Vorhaben erzählte, legte ihm einer die Hand auf die Schulter und sagte: «Du weisst schon, dass es hier keine Berge gibt?»

Der Schweiz-Ghanaer ist das, was man an einer Wintersport-WM gerne als Exoten bezeichnet. Das stört ihn nicht. Er wisse, dass er sich nicht mit den Athleten vergleichen könne, die schon im Sommer auf den Gletschern trainieren und für den Sport leben. «Ich habe einfach Fun am Skifahren und komme ein bisschen um die Tore», sagt er.

Schon 3000 Franken gesammelt

Nur um es in Schweden ein bisschen lustig zu haben, ist Mäder nicht hier. Erstens will er sich für den Riesenslalom vom Freitag qualifizieren, am Donnerstag hat er die Chance dazu, sogar Verwandte aus den USA werden dabei sein. Und zweitens, der eigentlich wichtigere Grund, der 40-Jährige sammelt Geld. Mit seinem Engagement unterstützt er das Projekt «Hope for Ghana», 3000 Franken kamen letzte Saison zusammen, und auch in dieser ist er auf gutem Weg. «Hope for Ghana» ist ein Hilfsprojekt für bedürftige Kinder, vor einigen Monaten wurde auch die erste Schule gegründet.

Mäder erzählt viel und er erzählt gerne. Bald reist er zum Beispiel wieder nach Ghana, um Präsident der Ghana Ski Association zu werden. 2022 will er das westafrikanische Land auch an den Olympischen Spielen vertreten. Etwas, was 2018 nicht klappte, weil er nicht genügend FIS-Punkte vorwies. Er habe die Idee schon länger mit sich herumgetragen, auch seine Kollegen haben ihn dazu animiert. Es begann die Suche nach Sponsoren, die meisten sind aus Goodwill dabei. Zu Beginn seiner Karriere steuerte Mäder selbst noch einiges bei, er arbeitet sonst im Marketing, heute geht das mit den Sponsoren ganz gut, sagt er. Ausgerüstet wird er von Nordica, genau wie Super-G-Weltmeister Dominik Paris oder der deutsche Slalomspezialist Felix Neureuther. Zudem darf er oft mit den Junioren vom Obwaldner Skiverband mittrainieren.

Einer wollte seinen Anzug kaufen

Aber Mäder und sein Team schlagen sich im House of Ghana auch mit anderen Dingen herum, Klassentreffen eben, sie fragen sich, wie sie das Eishockey-Derby zwischen Lugano und Ambri-Piotta vom Freitag schauen können, Mäder ist Lugano-Fan. Und während sie sich so beraten, bauen zwei Kollegen draussen eine Schneebar, der Nachbar kommt mit dem Bagger und hilft. Am Sonntag soll noch ein bisschen gefeiert werden, dann geht die WM zu Ende.

In Ghana wird wahrgenommen, was Mäder macht, so erzählt er es. Jemand habe ihn auf Instagram gefragt, ob er seinen Skianzug kaufen kann. Seine Antwort: «Dafür ist es in Ghana etwas zu warm.» Nach dem Mittagessen hat das Team dann einen freien Nachmittag. Die Gruppe macht sich auf, um zusammen den Team-Event zu verfolgen. In Uniform, schwarze Mäntel, mit der Flagge und der Aufschrift Team Ghana aufgestickt. Mit dem Taxi gehts ins Zentrum dieser WM. Beim Einlass fragt ein Volunteer nach einem Selfie. Ein bisschen Berühmtheit für den Exoten.