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Abstimmung vom 18. Juni
Wissenschaft bezieht klar Position für Klimaschutzgesetz – und riskiert etwas 

Das Klimaschutzgesetz soll helfen, den Ausbau erneuerbarer Energie massiv zu fördern: Installation einer Fotovoltaik-Dachanlage auf einem Wohnhaus in Berlin.
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Sie seien «besorgt» über die spürbaren Folgen des Klimawandels, schreiben die Forschenden von verschiedenen Schweizer Hochschulen und Forschungsanstalten. «Mit der Stellungnahme wollen wir erklären, warum wir das Klimaschutzgesetz unterstützen», sagt ETH-Klimaforscher Reto Knutti. Das Stimmvolk stimmt am 18. Juni darüber ab.

Die Wissenschaft, so heisst es in der Mitteilung, zeige heute eindeutig: Der Mensch hat seit der Industrialisierung vor allem durch die Verbrennung fossiler Brenn- und Treibstoffe die CO₂-Konzentration in der Atmosphäre um über 50 Prozent erhöht. Die Erdoberfläche hat sich dadurch um etwa 1,1 Grad erwärmt. In der Schweiz ist es um etwa 2,5 Grad wärmer geworden. Das führt zu mehr Hitzewellen, Starkniederschlägen und Dürren. Zudem nimmt die Schneebedeckung ab, und die Gletscher schmelzen beschleunigt ab. 

Schweiz mitverantwortlich für Klimawandel

Auch ein kleines, aber international stark vernetztes Land wie die Schweiz sei für den globalen Klimawandel mitverantwortlich, schreiben die Forschenden. «Die CO₂-Emissionen müssen weltweit bis 2030 halbiert werden und bis 2050 auf netto null sinken», sagt Knutti. Konkret heisst das eine praktisch vollständige Abkehr von fossilen Brenn- und Treibstoffen. Bisher hat nur der Bundesrat das Netto-null-Ziel festgelegt. Nun soll es auch in einem Klimaschutzgesetz verankert werden, zusammen mit verbindlichen Zwischenzielen und Richtwerten für Gebäude, Industrie und Verkehr.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sehen in der Abstimmungsvorlage ein wirksames und bezahlbares Instrument, um den Klimazielen des Pariser Klimaabkommens deutlich näherzukommen. Die Wirtschaft erhalte Planungssicherheit, und die Energiesicherheit werde gestärkt, weil unter anderem der Bedarf an fossiler Energie sinke und der Ausbau der erneuerbaren Energie gefördert werde. 

«Schweigen fordert einen viel höheren Preis für den Planeten.»

Reto Knutti, ETH-Klimaforscher

Klimaforscher Reto Knutti ist sich bewusst, dass die Stellungnahme seitens der Wissenschaft nicht ohne Risiko ist: «Sie könnte in gewissen Kreisen unsere Glaubwürdigkeit schmälern.» Schweigen fordere jedoch einen viel höheren Preis für den Planeten und unsere Gesellschaft. Knutti gehört zu den prominentesten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, welche die Stellungnahme unterschrieben haben. Er fiel in den letzten Jahren in der Öffentlichkeit auch durch pointierte Stellungnahmen auf – unter anderem auf Twitter.

«Krass wahrheitswidrig»

Das passt nicht allen. Knutti habe sich in jüngerer Zeit eher einen Ruf als Aktivist denn als Wissenschaftler gemacht, sagt Michael Graber, SVP-Nationalrat und Kampagnenleiter gegen das Klimaschutzgesetz. Grundsätzlich findet er die Aktion der Wissenschaftler jedoch legitim. Die Schweiz sei ein freies Land, wo sich auch vom Staat finanzierte Akademiker zu politischen Themen äussern könnten. «Aber die Wissenschaft darf die Politik nicht diktieren.» Und sie sollte immer auch redlich sein. Zu behaupten, das neue Gesetz erhöhe die Energiesicherheit, sei «krass wahrheitswidrig», findet Graber.

Knutti sieht sich durch solche Aussagen angespornt. «Nicht zuletzt kommt der modernen Wissenschaft auch die Rolle als Fakten-Checker zu», sagt er. In einer Zeit, in der vermeintliche Realitäten und gezielte Desinformation auf Plakaten und sogar auf offiziellen Parteiwebsites verbreitet würden, müssten Forschende mit ihren Expertisen klarstellen, was stimme und was nicht. Die 200 Forschenden wollen denn auch mit ihrer Stellungnahme «zu einer faktenbasierten Meinungsbildung» beitragen. Die Wissenschaft setzte sich auch vor der Abstimmung zum CO₂-Gesetz, das 2021 an der Urne gescheitert ist, aktiv dafür ein.