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Flucht aus Afghanistan
Die Taliban wollten sie töten

Zarifa Ghafari nach ihrer Landung in Deutschland und der erfolgreichen Flucht aus Afghanistan.
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Als die neue Bürgermeisterin Zarifa Ghafari an ihrem ersten Arbeitstag ins Büro kam, standen da wütende Männer, die Stöcke schwenkten und sie bedrohten. Ghafari musste in Sicherheit gebracht werden, es brauchte einen starken Willen und viel Geduld, bis sie mehrere Monate später endlich ihr Amt antreten konnte.

Zarifa Ghafari wurde im Jahr 2018 zur Bürgermeisterin der 35’000-Einwohner-Stadt Maidan Shahr ernannt. Sie war nicht nur eine der ersten Frauen Afghanistans in dieser Position, sondern mit damals 26 Jahren auch die jüngste Bürgermeisterin des Landes.

Hoffnungsträgerin der westlichen Medien

Wie in Afghanistan üblich, wurde Ghafari nicht demokratisch gewählt, sondern sie bewarb sich um den Bürgermeisterposten und wurde schliesslich vom mittlerweile geflohenen Ex-Präsidenten Ashraf Ghani berufen. Das gefiel den westlichen Medien, stets auf der Suche nach Hoffnungsträgerinnen – aber weniger den Männern am Ort.

Ghafari wurde 1992 als Tochter einer Lehrerin und eines Offiziers der afghanischen Armee geboren. Sie hat Wirtschaftswissenschaften studiert und setzt sich schon seit einigen Jahren für die Rechte von Frauen ein, zum Beispiel, indem sie einen Radiosender speziell für Hörerinnen ins Leben rief und die Nichtregierungsorganisation Assistance and Promotion of Afghan Women gründete. Sie beschreibt sich selber als Menschenrechtsaktivistin, für ihr Engagement wurde sie mehrmals ausgezeichnet.

«Sie werden kommen und mich töten.»

Zarifa Ghafari.

Im Juni gab Ghafari den Posten als Bürgermeisterin aus Sicherheitsgründen auf und trat eine Stelle beim Verteidigungsministerium an. In den Tagen nachdem die Taliban die Macht im Land übernommen hatten, meldete sie sich mit dramatischen Worten: «Ich sitze hier und warte darauf, dass sie kommen», sagte sie in einem Interview. «Sie werden wegen Leuten wie mir kommen und mich töten.»

Ghafari hat schon mehrere Mordversuche der Taliban überlebt und ist überzeugt, dass ihr Vater wegen ihres politischen Engagements sterben musste. Er wurde im November 2020 vor seinem Haus erschossen.

Es ist also nicht das erste Mal, dass Ghafari dem Tod begegnet. Auf die mögliche Hinrichtung zu warten ist aber etwas anderes. Am Ende blieb ihr nichts übrig, als zu fliehen – und zu hoffen, auf dem Weg zum Kabuler Flughafen nicht enttarnt und festgenommen zu werden.

Ihr Traum heisst Afghanistan

Vergangene Woche hat Zarifa Ghafari es über Pakistan und die Türkei nach Deutschland geschafft. Sie ist mit ihrer Familie am Kölner Flughafen gelandet, wurde von Ministerpräsident und Kanzlerkandidat Armin Laschet begrüsst und wohnt nun bei Verwandten in Düsseldorf. Ghafari wurde vom deutschen Aussenministerium als schützenswerte Person eingestuft, obwohl sie nicht für die deutsche Militärmission gearbeitet hatte.

Eine Frau unter Männern: Zarifa Ghafari, als sie noch Bürgermeisterin der Stadt Maidan Shahr war. 

Ihr Traum heisst aber nach wie vor: Afghanistan. «Ich würde so gern dorthin zurückgehen, wenn es nur möglich wäre», sagte sie in einem Interview nach ihrer Ankunft.

Sie und ihre Familie seien nicht als Migranten in Deutschland. Sondern um sich für jene afghanischen Bürger und Bürgerinnen starkzumachen, die nicht ihre Wohnungen verlassen und ihre Meinung äussern können. Von hier aus werde sie alles tun, um weiterhin für die Frauenrechte zu kämpfen. Dafür sei sie sogar bereit, mit den Taliban Gespräche zu führen. «Wenn sie regieren wollen, müssen die Taliban akzeptieren, dass die Frauen in Afghanistan sich verändert haben», sagt sie.

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