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Mattea Meyer im Interview 
«Die SVP würde die Frauen am liebsten zurück an den Herd schicken»

Die Debatte um den Genderstern sei vorgegaukelt, sagt SP-Co-Präsidentin Mattea Meyer: «Dahinter steckt die Absicht, die Frauenrechte einzuschränken.»
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Frau Meyer, selbst der Rat für deutsche Rechtschreibung bewertet den Genderstern als ungeeignet. Da liegt doch die SVP mit der Forderung, diesen zu verbieten, nicht so daneben?

Vor ein paar Jahren wurde es von vielen als wahnsinnig stossend empfunden, dass man jetzt beispielsweise von Bürgerinnen und Bürgern sprechen sollte. Heute ist es eine Selbstverständlichkeit, dass die männliche Form nicht automatisch Frauen mitmeint. So wird es auch beim Genderstern sein. Er wird im Privaten ja niemandem aufgezwungen. Ich finde es aber angebracht, dass öffentliche Stellen in ihren Dokumenten versuchen, alle Menschen anzusprechen. Diskriminierungen und Gewalt gegen queere Menschen sind leider Realität. Dass sich die SVP derart obsessiv mit dem Genderstern auseinandersetzt, irritiert mich besonders angesichts der grossen Aufgaben wie der Bewältigung der Klimakrise oder des Kaufkraftverlusts.

Die Volkspartei greift damit ein reales Unbehagen in der Bevölkerung auf.

Die SVP schiebt den Genderstern vor, das ist eine vorgegaukelte Debatte. Dahinter steckt die Absicht, insbesondere die Frauenrechte einzuschränken … 

… aber die Woke-Kultur hat schon extreme Züge, wenn sie etwa weisshäutigen Musikern mit Rastalocken wie in Bern einen Auftritt verunmöglicht.

Damals wurde diese Diskussion völlig aufgebauscht. Man sollte sich in Erinnerung rufen, was «woke» ursprünglich bedeutet, nämlich mehr Bewusstsein für soziale Ungerechtigkeit und Rassismus. Ich wüsste nicht, wer da ernsthaft dagegen sein sollte. Wie man das angehen will, darüber können wir diskutieren. Die SVP aber will eine Verbotskultur etablieren.

«Die SVP versucht, gesellschaftliche Entwicklungen und Errungenschaften der letzten Jahrzehnte auszuhebeln.»

Nur weil sie den Genderstern verbieten will?

Die SVP ist auf einem regelrechten Feldzug gegen Fortschritt. Sie versucht, gesellschaftliche Entwicklungen und Errungenschaften der letzten Jahrzehnte auszuhebeln.

Zum Beispiel?

Die SVP will mit verschiedenen Initiativen das Recht auf Schwangerschafts­abbrüche einschränken. Das ist ein unhaltbarer Angriff auf die Frauen und ihr Recht auf Selbstbestimmung. Damit ist sie Teil einer globalen rechtskonservativen Bewegung wie in Polen oder den USA. Es macht mir Angst, dass sie von solchen Strömungen zu profitieren und die Rechte der Frauen und der queeren Menschen einzuschränken versucht. Dazu passt der Punkt im neuen Parteiprogramm, sich für die Abschaffung der Gleichstellungsbüros zu engagieren.

Wäre das wirklich so schlimm, die Gleichstellung ist doch auf guten Wegen?

Wir haben bereits einige Fortschritte erzielt, aber tatsächliche Gleichstellung haben wir noch nicht. Ein Drittel der Frauen haben immer noch keine Pensionskassenrente und sind dadurch von Altersarmut betroffen. Hunderttausende Frauen sind von sexualisierter Gewalt betroffen, wir haben Lohnungleichheit, Frauen leisten den Hauptteil der unbezahlten Betreuungsarbeit. 

Es laufen in vielen von Ihnen angesprochenen Bereichen ganz konkrete Bestrebungen, die Situation der Frauen zu verbessern. Braucht es da noch spezielle Büros?

Diese braucht es unbedingt, da sie zum Beispiel wichtige Statistiken liefern und wertvolle Sensibilisierungsarbeit leisten, denn wir sind noch längst nicht am Ziel. Es kommt nicht von ungefähr, dass vor vier Jahren am Frauenstreik 2019 eine halbe Million Frauen auf die Strasse gingen, um für mehr Gleichstellung zu protestieren. Es braucht die SP als Gleichstellungspartei immer noch als wichtigen Gegenpol zur SVP, welche die Frauen am liebsten zurück an den Herd schicken würde.

Ein hartes Urteil.

Was SVP-Programmchefin Esther Friedli im Interview mit dieser Zeitung gesagt hat, ist entlarvend. Was im Parteiprogramm steht, lässt zudem nur den Schluss zu, dass die Volkspartei insbesondere die Rechte der Frauen beschneiden will, indem sie ein sehr rückwärtsgewandtes Frauen- und Familienbild propagiert. Dagegen werden wir uns mit allen Mitteln wehren.