Interview mit SVP-Nationalrat«Die SRG hat heute zu viel Geld»
Für Gregor Rutz läutet das Nein zum Medienpaket einen medienpolitischen Richtungswechsel ein. Er ist Teil eines Komitees, das die SRG-Abgabe mittels einer Volksinitiative senken will.
Das Medienpaket ist gescheitert. Läuft die Zeit der kleinen Zeitungen jetzt ab - wie dereinst die der Postkutsche?
Das glaube ich nicht. Viele kleine Zeitungen haben eine treue Leserschaft. Und die bestehenden Zustellvergünstigungen bleiben ja erhalten. Aber: Wir stecken in einem digitalen Strukturwandel. Und diesen können und dürfen wir nicht einfach aufhalten. Denn ein Strukturwandel ist an sich nichts Schlechtes: Neue Technologien sind immer mit wirtschaftlichem Fortschritt und einem Zusatznutzen für die Kundschaft verbunden. Der Bund muss die Rahmenbedingungen für den Wettbewerb schaffen, er darf aber nicht darüber entscheiden, welche Art der Berichterstattung förderungswürdig ist.
Braucht es dafür ein neues, schlankeres Medienpaket?
Nein. Ich sehe die staatliche Förderung von Medien generell kritisch und propagiere von daher sicher kein neues Paket. Wie die Zukunft der bestehenden Zustellförderungen aussehen soll, müssen wir diskutieren. Wichtiger dünkt mich jetzt jedoch die Kernfrage: Was soll und was darf der Staat im Medienbereich überhaupt machen? Hier müssen wir über den Service public und damit auch über die SRG reden.
«Das Volk will weg von staatlichen Subventionen, hin zu mehr Selbstverantwortung und Wettbewerb.»
Sie haben eine Initiative, welche die SRG-Abgaben reduzieren will, in der Pipeline. Welche Chancen rechnen Sie sich aus?
Ein solches Projekt hat gute Chancen. Denn das heutige Votum zur Medienförderung ist auch so zu lesen, dass sich die Bürger eine stärkere Zurückhaltung des Staats wünschen. Der Entscheid ist gewissermassen ein Votum für einen medienpolitischen Richtungswechsel: Das Volk will weg von staatlichen Subventionen, hin zu mehr Selbstverantwortung und Wettbewerb.
Ursprünglich strebten Sie eine Gebührenhalbierung an. Nun ist plötzlich nur noch die Rede von einer Senkung von 335 auf 200 Franken. Weshalb?
Es ist noch zu früh, um über Frankenbeträge zu reden. Wichtig ist, dass wir endlich den Grundversorgungsauftrag der SRG klar definieren – von den Aufgaben leitet sich dann der Finanzbedarf ab. Ich bin überzeugt: Die SRG ist heute in zu vielen Bereichen tätig, die nichts mehr mit Grundversorgung zu tun haben. Das kann sie machen, weil sie heute zu viel Geld hat.
Was lässt Sie glauben, dass die Bevölkerung die SRG jetzt eher schwächen würde als 2018, als sie die No-Billag-Initiative regelrecht abgeschmettert hat?
Es geht nicht darum, die SRG zu schwächen. Sondern ganz nüchtern zu fragen: Was muss als Service public von der öffentlichen Hand garantiert werden, und was kann man dem Markt überlassen? Für den Kunden ist es besser, wenn er selber entscheiden kann, ob er ein Netflix-Abo will oder lieber Serien auf SRF schaut.
Welche Teile des SRG-Programms würden Sie den Privaten überlassen?
Ich denke vor allem an das Onlineangebot der SRG. Dieses ist von hervorragender Qualität. Da die SRG hierfür aber Gebührengelder einsetzen kann, führt dies zu massiven Wettbewerbsverzerrungen. Die SRG-Newsportale sind die Hauptkonkurrenz für private Angebote – nicht Facebook oder Google.
«Wenn es das Bedürfnis gibt nach klaren politischen Standpunkten, dann gibt es keinen Grund, solche Angebote zu verhindern.»
Aus vielen Lagern ertönt jetzt der Ruf nach einer technologieneutralen Medienförderung. Könnten Sie sich dafür erwärmen?
Sicher nicht! Wir können doch nicht einfach Geld in alle Kanäle buttern und dann schauen, was dabei herauskommt. Radio und Fernsehen werden staatlich unterstützt, weil sich private Medienunternehmen früher die notwendige Infrastruktur nicht leisten konnten. Heute kann man auf jedem Berggipfel Onlinenews und Livestreams von zahllosen TV-Sendungen empfangen. Das Gebot der Zeit muss deshalb lauten: Die Medienförderung einschränken statt ausbauen.
Wird es für Medien wirtschaftlich eng, können sie entweder aufgeben – oder sich von Mäzenen aufkaufen lassen, die oft eine politische Agenda verfolgen. Ist dieses Revival der Parteipresse erstrebenswert?
Ich glaube, man muss hier den Markt einfach spielen lassen. Wenn es das Bedürfnis gibt nach klaren politischen Standpunkten, dann gibt es keinen Grund, solche Angebote zu verhindern. Gleichzeitig tut sich dadurch ja eine neue Nische auf für andere Formate, die betont neutral sind. Am Schluss hat derjenige Erfolg, der es gut macht.
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