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Schweiz – EU
«Die Schweiz ist nicht schwach»: Zürich mischt sich in die Europapolitik ein

Zürich mischt sich in die Europapolitik ein: Die Europaflagge zwischen der Schweizer und der Zürcher Flagge auf dem Dach eines Trams.

Am Montagmorgen im Zürcher Kantonsrat: ein bisschen Untergangsstimmung. Es geht um die Europäische Union und den Bundesrat, der die Verhandlungen mit der EU im Mai 2021 abgebrochen hat.

«Wenn der Bundesrat schon keine Aussenpolitik macht, dann ist es jetzt an der Zeit einzuspringen», sagt Kantonsrat Michael Zeugin, grünliberaler Treuhand- und Immobilienunternehmer aus Winterthur, vorne am Rednerpult. «Dass die Verhandlungen mit der EU gestoppt wurden, ohne vorher die Kantone zu informieren, ist ein Riesenskandal. Das ist verfassungswidrig.»

Zusammen mit Vertreterinnen von Mitte-links-Parteien hatte Michael Zeugin bereits im Mai einen Vorstoss eingereicht. Er fordert, der Zürcher Regierungsrat solle einen runden Tisch zwischen Kantonen und Bundesrat lancieren. Thema: «Eine verlässliche und belastbare Zusammenarbeit mit der Europäischen Union».

Michael Zeugin nennt den Begriff «Wirtschaftsmotor Zürich». Schliesslich bestünden 120 Verträge des Kantons mit der EU, die alle irgendwann auslaufen. Zum Beispiel der Vertrag über Horizon Europe, das bislang wichtigste Förderprogramm wissenschaftlicher Forschung in der Geschichte der EU (und für die Zürcher Hochschulen das zweitwichtigste Programm, nach dem Schweizerischen Nationalfonds).

Zum Schluss seiner Rede meint Zeugin: «Es wird schwierig, unser Innovationsniveau und unseren Wohlstand zu erhalten.»

Wirtschaft und Forschung, die durch auslaufende Verträge mit der EU gefährdet sind. Diese beiden Punkte werden an diesem Morgen immer wieder als Argumente für den runden Tisch eingebracht.

Widerstand aus der SVP

Auftritt Marcel Suter. Der SVP-Politiker aus Thalwil – Unternehmensberater, Mehrwertsteuer-Rückerstattungs-Spezialist – nennt zunächst ein technisches Argument: Das Zürcher Kantonsparlament sei nicht der richtige Ort, um über die EU zu reden. «Aber es freut uns», fährt er fort, «dass wir eingeladen werden, über unser Lieblingsthema zu reden. Die Schweiz» – Marcel Suter spricht wohl vom Bundesrat – «hat also einen Vertrag zurückgewiesen, der mindestens teilweise inakzeptabel war.» Dann kommt Suter auf Zeugins Aussagen zu sprechen, wonach Wirtschaft und Forschung nun bedroht seien. «Wir können es drehen, wie wir wollen: Die SP und die Grünen sind das trojanische Pferd in der Schweiz, die die Verhandlungsposition der Schweiz im Voraus torpedieren und damit schwächen. Gehen Sie privat in eine Verkaufsverhandlung – Sie sehen, ich passe mich ihnen an, ich rede von einem Velo – und sagen Sie, dass es rostig und alt ist? … Die Schweiz ist kein rostiges, altes Velo, sondern ein Rennvelo … Ja, die Beziehung zur EU ist auch für Zürich sehr wichtig, aber lassen Sie die zuständigen Gremien ihre Arbeit machen.»

Jacqueline Fehr, die SP-Regierungspräsidentin, lehnte den «runden Tisch Europa» im Namen des Regierungsrats ebenfalls ab. Bereits heute seien Kantone und Bund im Gespräch. Ähnlich sah es die FDP.

«Ja, Marcel Suter», sagte daraufhin SP-Kantonsrat Markus Späth, pensionierter Kantonsschullehrer aus Feuerthalen, «die Schweiz ist nicht schwach, sie ist stark. Sie ist dann stark, wenn wir alle am selben Strick ziehen: Bund und Kantone.» Was der Bundesrat in den letzten Monaten zur Europapolitik geboten habe, sei ein Trauerspiel. Und Zürich komme in der Europafrage nun mal eine gewichtige Stimme zu.

Am Ende unterlagen FDP und SVP. Sie brachten 73 Nein-Stimmen zusammen. Mitte-links kam auf 94-Ja-Stimmen. Nun muss der Regierungsrat handeln. Zürich mischt sich in die Europapolitik ein.