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Meinung

Analyse zu Horizon Europe
Die Schweiz auf dem Abstellgleis

Ein Mitarbeiter des Swiss Plasma Center (SPC) an der ETH Lausanne (EPFL) justiert einen Temperatursensor am Fusionsreaktor. Das SPC ist Teil des Eurofusion Consortium.
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Es musste so weit kommen. Ab sofort und «bis auf weiteres» können Forschende in der Schweiz nur noch beschränkt an europäischen Forschungsprojekten teilnehmen – zu den lukrativen und prestigeträchtigen Einzelprojekten, den ERC Grants, haben sie gar keinen Zugang mehr. Am Montag degradierte die EU-Kommission die Schweiz zu einem «nicht assoziierten Drittstaat» beim – mit 95 Milliarden Euro äusserst üppig dotierten – EU-Rahmenprogramm für Forschung und Innovation Horizon Europe (2021–2027). Im Vorgängerprogramm Horizon 2020, das letztes Jahr zu Ende ging, hatte die Schweiz noch den Status «voll assoziiertes» Mitglied. Die Abstufung ist eine direkte Reaktion der EU-Kommission auf den Abbruch der Verhandlungen zum Rahmenabkommen durch den Bundesrat.

Eine fast identische Situation erlebte der Forschungsplatz Schweiz schon einmal, vor sieben Jahren. Nach Annahme der Masseneinwanderungsinitiative stoppte die EU-Kommission Forschenden aus der Schweiz den Zugang zu Fördergeldern aus dem Horizon-2020-Topf. Ein halbes Jahr später öffnete die EU diesen teilweise wieder (Status: teil-assoziiert). Doch erst 2017, als die Schweiz die Personenfreizügigkeit auf Kroatien ausdehnte, hatten hiesige Forschende – und auch KMUs und die Industrie – wieder vollen Zugriff auf EU-Fördergelder.

«Forschung, Innovation und Wissenschaft leben vom Austausch von Ideen und Projekten.»

Damals sprang das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation SBFI in die Bresche und übernahm die Finanzierung von Forschungs- und Innovationsprojekten, die sonst von EU-Geldern gefördert worden wären. Gleiches plant das SBFI auch in der aktuellen Krise; zumindest finanziell soll so der Schaden für Forschende in der Schweiz abgefedert werden.

Doch die monetäre Seite ist nicht der Kernpunkt der aktuellen Krise. Forschung, Innovation und Wissenschaft leben vom Austausch von Ideen und Projekten, von der Zusammenarbeit von Forschungsgruppen an verschiedenen Hochschulen, von der Interaktion von Akademie und Industrie. Keine andere menschliche Unternehmung ist so globalisiert wie die Wissenschaft. Die Plattform Nextstrain zum Beispiel ist eine von der Uni Basel koordinierte internationale Kollaboration, die zum Ziel hat, die Evolution von Krankheitserregern wie Sars-CoV-2 in Echtzeit zu überwachen. Finanziert wird Nextstrain u.a. vom ERC, dem Europäischen Forschungsrat.

«Auch die EU kann langfristig nicht auf eine Forschungszusammenarbeit mit der Schweiz verzichten.»

Wie wichtig gerade für die Schweiz solche Kooperationen sind, zeigen ein paar Zahlen. Allein im Rahmen von Horizon 2020 war die Schweiz an über 3500 Projekten beteiligt – obwohl sie zu Beginn ja ausgeschlossen war. Kein anderes Land war zudem erfolgreicher, was den Anteil bewilligter ERC Grants betrifft. Und nur sieben EU-Mitgliedsstaaten konnten bei Horizon 2020 letztendlich mehr Gelder einheimsen als die Schweiz.

Das alles wird nun schwieriger. Zumal die EU jungen Forschenden in der Schweiz indirekt, aber unverblümt rät, ins Ausland zu wechseln, um an Forschungsgelder zu kommen. Das dürfte erst mal zu einer grossen Unsicherheit führen – und mittelfristig möglicherweise auch tatsächlich zu einer Abwanderung von Talenten.

Der Bundesrat strebt zwar weiterhin eine Assoziierung an Horizon Europe an. Wie schnell das geschehen wird, ist aber völlig offen. Die Frage sei, sagt ETH-Ratspräsident Michael Hengartner, ob es schon reiche, wenn die Schweiz die zweite Kohäsionsmilliarde an die EU freigebe, oder ob es noch zusätzliche Anstrengungen brauche. Fest steht: Auch die EU kann langfristig nicht auf eine Forschungszusammenarbeit mit der Schweiz verzichten. Dafür ist der Wissenschafts- und Forschungsplatz Schweiz schlicht zu wichtig.

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