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Meinung

Analyse zu Trump-Schuldspruch
Mit dieser Taktik zertrümmern die Republikaner den Rechtsstaat

epa11382511 Supporters of former US President Donald Trump wave banners after Trump spoke at a press conference at Trump Tower the day after a jury found him guilty on all 34 counts in his hush money criminal trial in New York State Supreme Court in New York, New York, USA, 31 May 2024. Trump will be sentenced on 11 July 2024.  EPA/PETER FOLEY
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Es war einmal ein Amerika, da galten die Republikaner als die Partei von Recht und Ordnung. Zwar hielten sich auch ihre führenden Vertreter nicht immer an das Motto Law and Order, Richard Nixon zum Beispiel liess einst die Demokraten abhören wie einen feindlichen Staat und flog dabei auf. Doch immerhin trat er im Zuge der Watergate-Affäre als US-Präsident dann irgendwann zurück (hören Sie hier den Podcast zu Watergate und Trump).

Nixon verlor damals die Unterstützung aus den eigenen Reihen, der Amtsenthebung kam er zuvor. Ein Strafverfahren und eine Verurteilung blieben ihm später erspart, das ist bei Donald Trump nun ganz anders. Ihn bewahrten seine Leute im Kongress während seiner Amtszeit vor einem Impeachment. Und jetzt haben sie, jedenfalls öffentlich, kein Problem damit, dass ihr Spitzenkandidat für die Präsidentschaftswahl 2024 ein verurteilter Straftäter ist.

Die Lüge wird penetrant wiederholt

Trump hält sich für das Opfer einer linken Justiz, gesteuert vom Präsidenten Joe Biden, republikanische Mandatsträger sehen das genauso. Seit bald vier Jahren bereits schwadronieren Trump und seine Verehrer, dass ihm 2020 der Wahlsieg geklaut worden sei. Diese Lüge wird so penetrant wiederholt, dass sie sich in vielen Köpfen eingenistet hat. Nun verbreiten Trump und sein Gefolge die Mär, Biden wolle seinen Wahlgegner diesmal mit manipulierten Strafverfahren ausknocken. Die Justiz wird von den Republikanern zum Feind erklärt.

Natürlich darf ein Urteil kritisiert werden und ein Verurteilter in Revision gehen, tatsächlich ist der Fall ja ungewöhnlich: Kurz gesagt hat Trump einem Pornostar Geld überweisen lassen, damit diese Frau Sex mit ihm für sich behält, und die Zahlung dann in seinen Bilanzen als Anwaltskosten verschleiert. Mit solchen Manövern trug er dazu bei, 2017 ins Weisse Haus einzuziehen, nach New Yorker Reglement ist dieser Geschäftsbetrug im Wahlkampf eine Straftat.

So machen es Demagogen

Das System Trump wurde in dieser Verhandlung bestens dokumentiert, die zwölf Geschworenen sprachen den Angeklagten in sämtlichen Punkten schuldig. Trump dagegen schwieg drinnen im Gerichtssaal und schlief zuweilen ein, zog aber draussen dermassen gegen die Kammer zu Felde, dass ihn der Richter mit Strafzahlungen zur Mässigung auffordern musste. Er nutzt die Gesetze bis zum Letzten aus und greift deren Hüter an, wenn ihm die Paragrafen nicht mehr nützen. So machen es Demagogen, die Rhetorik fügt den USA schweren Schaden zu.

Er nennt den Staat unter Biden «faschistisch» und den Richter Juan Merchan «Teufel». Mal abgesehen davon, dass es vielleicht keine so brillante Idee ist, einen Richter, der noch am Strafmass feilt und einen theoretisch ins Gefängnis schicken könnte, in die Hölle zu verlegen: Trumps Redeschwall folgt einem Muster. Er tut so, als seien dieser Prozess und die übrigen Anklagen von Biden initiiert. Das soll all jene diskreditieren, die Trumps Skandale offenlegen wollen. Umgekehrt wartet er nur darauf, Rache zu nehmen.

Der Oberste Gerichtshof ist stramm konservativ

Richter Juan Merchan hält Trumps Riege unter anderem für verdächtig, weil er mal den Demokraten gespendet hat. Es waren 15 Dollar. Den Staatsanwalt Alvin Bragg und andere Ankläger halten Trump und seine Gemeinde für parteiisch, weil sie Mitglieder der Demokratischen Partei sind. Viele leitende Juristen der USA werden in ihre Ämter gewählt oder eingesetzt – das ist heikel, kommt in höchster Instanz derzeit allerdings den Republikanern entgegen. Die stramm konservative Mehrheit des Obersten Gerichtshofs wurde von republikanischen Präsidenten nominiert, drei der neun Mitglieder von Donald Trump. Sie kippten 2022 das Bundesrecht auf Abtreibung (lesen Sie hier, wie die Abtreibungsfrage die Republikaner spaltet).

Vor zwei Privathäusern des Richters Samuel Alito aus diesem Supreme Court wehten Flaggen, die sonst Trumps Hardliner vor sich hertragen; die umgedrehte US-Fahne ist ein Symbol der Wahlleugner. Seine Frau habe das Banner im Januar 2021 wegen eines Nachbarschaftsstreits gehisst, behauptet Alito. Die Frau des Kollegen Clarence Thomas wiederum steht Trumps Bewegung offiziell nahe, und der Richter selbst liess sich offenbar von rechtslastigen Gönnern Luxusreisen bezahlen.

Diese Männer beraten gerade, ob Trump für seine Amtszeit Straffreiheit zusteht, ein schauriger Gedanke. Das stört leitende Republikaner nicht, andere Prozesse gegen ihren Patron werden derweil immer weiter verschleppt. Das Muster ist klar: Wenn Trump angeklagt oder überführt wird, dann sind die Strafverfolger für seine Parteigänger befangen und korrupt; wenn die Justiz auf der anderen Seite des politischen Spektrums hart urteilt, preisen die Republikaner den funktionierenden Rechtsstaat.

Wozu Hetze führen kann, hat spätestens der 6. Januar 2021 gezeigt, als Trumps Hooligans das Capitol überfielen. Bei aller Wahltaktik sollte auch den Republikanern daran gelegen sein, dass der Kampf um die Macht nicht den Rechtsstaat zertrümmert.