Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Widerstand gegen den britischen Premier
Die Rebellen nehmen Johnson unter Beschuss

Er will möglichst schnell wieder die Kontrolle über die laufenden Ereignisse erlangen: Premierminister Boris Johnson am Morgen nach dem Misstrauensvotum. (7. Juni 2022)
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Obwohl Grossbritanniens Premierminister Boris Johnson am Montagabend ein Vertrauensvotum in der Tory-Fraktion für sich entschied, fand er sich anderntags unter weiterem scharfem Beschuss seiner Rebellen. Die an Zahl stetig zunehmenden Gegner des Parteichefs bei den Konservativen haben ihm «höchstens bis zum Parteitag» Anfang Oktober Zeit gegeben – und bereiten sich auf ein weiteres Misstrauensvotum schon in diesem Sommer vor.

Bemüht darum, möglichst schnell wieder die Kontrolle über die laufenden Ereignisse zu erlangen, erklärte Johnson bei einer Kabinettssitzung am Dienstagmorgen, er sei «äusserst stolz» auf all das, was seine Regierung geleistet habe und leiste. Das Kabinett will noch diese Woche eine ganze Reihe von Gesetzesinitiativen, etwa zur Wohnungspolitik, zur Verbrechensbekämpfung und zur Reduktion der Lebenshaltungskosten vorstellen im Parlament.

Irlands Aussenminister warnt

Medienberichten zufolge will Johnson jetzt auch bestätigen, dass das mit Brüssel vereinbarte Nordirland-Protokoll des Brexit-Abkommens künftig aufseiten Londons ignoriert werden soll, dass seine Regierung also bereit ist, bestehende Verträge zu brechen. Das hat bereits zu alarmierten Stimmen in Dublin geführt, wo Irlands Aussenminister Simon Coveney gestern warnte, die Krise in der Tory-Führung führe womöglich zu einer gefährlichen Verhärtung der Position des Premierministers in Sachen Nordirland-Protokoll.

«Wir sind eine Regierung, die sich um die wichtigsten Anliegen der Menschen in unserem Lande kümmert», meinte hingegen Johnson. «Wir machen weiter und kommen unserem Auftrag nach.» Zuvor hatte er erklärt, seine Partei könne sich «kein unnötiges politisches Drama» leisten. Die Konservativen dürften nicht vergessen, «dass wir unter meiner Führung den grössten Wahlsieg der letzten vierzig Jahre errungen haben.» Von einem sei er überzeugt: «Das Beste steht uns noch bevor.»

Selenski ist froh

Im Übrigen bekräftigte Johnson, sein Land werde weiter Stärke zeigen in der Welt und unter anderem die Ukraine mit neuen britischen Waffensystemen unterstützen. Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski reagierte auf Johnsons Abstimmungssieg ausgesprochen froh. «Darüber bin ich sehr glücklich», sagte er am Dienstag. «Boris Johnson ist ein wahrer Freund der Ukraine. Das ist eine grossartige Nachricht für uns.»

Vizepremier Dominic Raab und andere Minister Johnsons beschworen die Gegner Johnsons eindringlich, nun «eine Linie in den Sand zu ziehen». Johnson habe das Vertrauen der Fraktion «klar und entscheidend gewonnen». Die Unterlegenen müssten sich nun auf die Einheit der Partei besinnen: «Schliesslich bindet uns, was unser politisches Programm betrifft, jede Menge zusammen.»

Dieser Appell vermochte aber die Attacken gegen den Premierminister nicht zum Verstummen zu bringen. Tobias Ellwood, der prominente Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Unterhaus, erklärte, Johnson blieben «höchstens noch ein paar Monate» im Amt.

Jeremy Hunt hat Ambitionen

Als personelle Alternative zu Johnson präsentierte sich diese Woche offener denn je der frühere Aussen- und Gesundheitsminister Jeremy Hunt, der bei der Wahl zum Parteivorsitzenden von 2019 noch gegen Johnson unterlegen war. Hunt erklärte, seine Partei brauche «Wandel – sonst verlieren wir». Johnsons Kulturministerin Nadine Dorries liess sich zu heftigen Ausfällen gegen Hunt hinreissen. Hunt habe «noch nie bei irgendetwas recht gehabt», meinte sie zornig. Er habe als Minister kläglich versagt.

Populärster Tory-Politiker ist – letzten Umfragen des Yougov-Instituts zufolge – unter Tory-Wählern noch immer Schatzkanzler Rishi Sunak – obwohl der sich jüngst mit seiner Haushaltserklärung sehr negative Schlagzeilen einhandelte. Der dem moderaten Flügel zugezählte Hunt und Aussenministerin Liz Truss, eine stramme Rechtskonservative, geniessen ebenfalls gewisse Sympathien in der Partei.