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Parteitag der Republikaner
Die Pandemie überlässt Trump seiner Frau Melania

«Als Bürger verdienen wir von unserem Präsidenten totale Ehrlichkeit»: Melania Trump über ihren Ehemann, der sich im Anschluss an ihre Rede im Rosengarten des Weissen Hauses bedankt.
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Die Pandemie? Längst abgehakt. «Es war schlimm», sagte Donald Trumps Wirtschaftsberater Larry Kudlow, ganz so, als wäre das Coronavirus in den USA unter Kontrolle, ganz so, als wären nicht alleine am Dienstag wieder mehr als 1200 Amerikaner an den Folgen des Virus gestorben.

Fast 180’000 Corona-Tote hat das Land zu beklagen, Millionen Menschen sind noch immer arbeitslos, die Wirtschaft steckt in einer Rezession. Doch auch am zweiten Abend der Convention der Republikaner waren die Pandemie und die Zerstörung, die sie anrichtet, zunächst bloss eine Randnotiz – etwas, das man wie Larry Kudlow in der Vergangenheitsform behandelt.

«Es war schlimm»: Wirtschaftsberater Larry Kudlow über die anhaltende Corona-Pandemie.

Donald Trump und seine Partei stehen vor einer schwierigen Aufgabe. Sie müssen eine Mehrheit der Amerikanerinnen und Amerikaner davon überzeugen, dass es nicht die Schuld der Trump-Regierung ist, dass der Ausbruch des Virus die USA härter getroffen hat als die meisten anderen entwickelten Staaten. Nach der Hälfte des vier Tage langen Parteitags zeigt sich, dass die Republikaner das gar nicht erst versuchen. Statt über die Pandemie reden sie zumeist über ganz andere Themen: den «Sozialismus», der unter Trumps Gegner Joe Biden einziehen werde, das Chaos, das die Demokraten über das Land bringen würden, und am Dienstag besonders: den Kampf gegen christliche Werte, den Bidens Partei führe.

Das eigene Hardliner-Image glätten

Um diese und andere Botschaften ans Publikum zu bringen, macht Trump die Regierung zunehmend zu seiner persönlichen Wahlkampfmaschine. Er trat gestern erneut im Weissen Haus auf, dem Amtssitz des Präsidenten, der traditionell nicht für Parteizwecke gebraucht wird. Und er hielt dort nicht nur mehrere Ansprachen, sondern inszenierte gleich auch noch zwei offizielle Amtshandlungen für die Kameras seines Parteitags: Zuerst begnadigte Trump einen Bankräuber, danach wohnte er einer Einbürgerungszeremonie für fünf Einwanderer bei, die das US-amerikanische Bürgerrecht erworben hatten. Trump, der Präsident und Trump, der Kandidat: Er selbst macht diesen Unterschied längst nicht mehr, besonders nicht, wenn es ihm dabei hilft, das eigene Hardliner-Image etwas zu glätten.

Kein Wort zu Russland: US-Aussenminister Mike Pompeo schaltete sich von einer Dachterrasse in Jerusalem aus ein.

Im gleichen Stil ging es weiter. Aus Israel wurde US-Aussenminister Mike Pompeo zugeschaltet, der sich auf diplomatischer Mission im Nahen Osten befindet – auf Dienstreise also. Pompeo wandte sich von einer Dachterrasse in Jerusalem aus an die Zuschauer in den USA und lobte Trumps Aussenpolitik der vergangenen Jahre als grosse Erfolgsgeschichte. In Jerusalem steht bekanntlich die US-Botschaft, die Trump dorthin hatte verlegen lassen, um einen Wunsch seiner treuesten Wählergruppe zu erfüllen: der evangelikalen Christen.

«America First hat ihn nicht in jeder Hauptstadt der Welt beliebt gemacht», sagte Pompeo über Trump und seinen Leitsatz, «aber es hat funktioniert.» Unter Trump hätten die USA die «räuberische Aggression» Machenschaften Chinas sichtbar gemacht. Der Präsident werde die Kommunistische Partei in Peking für «das China-Virus» zur Rechenschaft ziehen. Im Atomstreit mit Nordkorea habe die US-Regierung «die Temperatur gesenkt» und das Regime von Pyongyang an den Verhandlungstisch gebracht. Die Nato sei heute stärker als zuvor, der Ausstieg aus dem Nuklearabkommen mit dem Iran habe Teheran geschwächt. Auffallend war, was Pompeo nicht ansprach: das Verhältnis zu Russland.

Umstrittene Auftritte vor amtlicher Kulisse

Noch bevor der Aussenminister diesen Werbespot begann, hatten die Demokraten im Kongress bereits eine Untersuchung gefordert. Es müsse geklärt werden, ob Pompeo gegen Gesetze und interne Bestimmungen des Aussenministeriums verstiess, indem er eine Rede zugunsten eines Präsidentschaftskandidaten hielt. Ähnlich äusserte sich auch Joe Biden: Pompeo habe mit seinem Auftritt nicht nur Steuergelder missbraucht, sondern auch die Arbeit der US-Diplomatie untergraben. Den Aussenminister – und mehr noch Trump – wird das allerdings kaum kümmern. Aus ihrer Sicht haben die Auftritte vor amtlicher Kulisse ihren Zweck wohl erreicht, und viele TV-Zuschauer werden sich ohnehin kaum für Ethik-Verstösse interessieren.

Auch für den nominellen Höhepunkt des Abends diente als Kulisse das Weisse Haus, genauer gesagt: der Rosengarten des Anwesens. Dort hielt Melania Trump eine halbstündige, über weite Strecken versöhnliche Ansprache, in der die First Lady dann doch noch etwas ausführlicher auf die Corona-Pandemie einging – als erste Rednerin an diesem Parteitag überhaupt.

Sie wandte sich an die vielen Amerikaner, die durch die Pandemie Angehörige verloren haben, und sagte: «Ihr seid nicht allein.» Der «unsichtbare Feind» sei über das Land gezogen und habe viele Menschen getroffen. Sie wisse, dass sich viele Leute fürchteten und sich hilflos fühlten. «Donald wird nicht ruhen, bis er alles in seiner Macht Stehende getan hat, um sich um alle zu kümmern, die von dieser schrecklichen Pandemie betroffen sind.»

«Ihr seid nicht allein»: First Lady Melania Trump wandte sich an Angehörige von Corona-Opfern.

Anders als alle anderen Redner verzichtete Melania Trump auf Angriffe gegen Joe Biden und die Demokraten. Dafür lobte sie ausgiebig ihren Gatten: Er sei eine «authentische Person, die dieses Land liebt». Trump sage, immer, was er denke, ob man es möge oder nicht. Für grossen Spott in den sozialen Medien sorgte sie, als sie sagte: «Als Bürger verdienen wir von unserem Präsidenten totale Ehrlichkeit.»

Diesmal schrieb sie ihre Rede selbst

Diesen Spott ist sich Melania Trump gewohnt. Beim letzten Parteitag vor vier Jahren war die Rede von Trumps Gattin vor allem dadurch aufgefallen, dass sie über weite Stellen einer Ansprache glich, die Barack Obamas Ehefrau Michelle acht Jahre zuvor gehalten hatte. Die anschliessende Kritik am Plagiat war vielleicht mit ein Grund, warum sich die First Lady seither mit öffentlichen Wortmeldungen zurückgehalten hat. Diesmal habe Melania die Rede selbst geschrieben, hatte ihre Sprecherin vor dem Auftritt betont – und zwar «jedes einzelne Wort».

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