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Im Sold von Sonderinteressen
Die Lobby-Jobs der Parteipräsidenten

Ständerat Thierry Burkart kandidiert fürs FDP-Präsidium – und will oberster Lastwagen-Lobbyist bleiben.
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Laut Insidern bezieht FDP-Ständerat Thierry Burkart gegen 100’000 Franken jährlich als Präsident des Nutzfahrzeugverbands Astag. Das einträgliche Amt will er auch dann nicht abgeben, wenn ihn die FDP zu ihrem Parteipräsidenten wählt. 

Parteiintern führt Burkarts Beharren auf dem Astag-Posten zu scharfer Kritik: Vincenzo Pedrazzini, der lange FDP-Vizepräsident war, sagt, ein Parteipräsident müsse «zu hundert Prozent die Parteiinteressen vertreten». Burkart könne das nicht, «wenn er daneben bezahlte Interessenvertretungen wahrnimmt». Dazu muss man wissen, dass die FDP ihren Präsidenten mit 50’000 Franken jährlich entschädigt, dazu kommen Spesen in unbekannter Höhe.

Burkart unterscheidet sich mit seinem gut bezahlten Lobby-Posten von den meisten anderen Präsidenten der grossen Schweizer Parteien. Das zeigt ein Blick in das Register der Interessenbindungen des Bundesparlaments. Lobby-Mandate von der Grösse und Bedeutung von Burkarts Lastwagen-Engagement hat nur Mitte-Präsident Gerhard Pfister.

Das sind die Nebenämter und Bezüge der Parteipräsidenten:

Mattea Meyer, SP-Co-Präsidentin, und Cédric Wermuth, SP-Co-Präsident

«Wir haben bewusst andere Aufgaben abgegeben», sagen sowohl Mattea Meyer als auch Cédric Wermuth von der SP.

Mattea Meyer und Cédric Wermuth haben laut dem offiziellen Verzeichnis gar keine bezahlten Nebenämter. Die beiden werden fürs SP-Präsidium mit je 40’000 Franken entschädigt, Spesen inklusive. Sie sagen: «Wir haben bewusst andere Aufgaben abgegeben.» Das Kopräsidium sei mit viel Basisarbeit verbunden, worauf sie fokussieren würden.

Burkarts Verhalten beurteilen die beiden als «sehr ehrlich»: «Die FDP ist heute ja faktisch vor allem ein Zweckverband der Lobbyisten der grossen Konzerninteressen. Das versucht Burkart offenbar nicht mal mehr zu verheimlichen.»

Marco Chiesa, Präsident der SVP

Ohne wesentliche Lobby-Mandate: SVP-Präsident Marco Chiesa.

Der Tessiner Ständerat Marco Chiesa hat laut dem Register zwei bezahlte Nebenjobs: Stiftungsrat einer medizinischen Forschungsstiftung und Mitglied eines Beirats der Versicherung Groupe Mutuel. Die SVP zahlt nach eigenen Angaben ihrem Präsidenten kein Gehalt, sondern nur eine Spesenentschädigung. Über deren Höhe gibt weder die SVP noch Chiesa Auskunft.

Balthasar Glättli, Präsident der Grünen

«Die Partei hat Anrecht auf einen Präsidenten, der die Parteiposition vertritt», sagt Balthasar Glättli von den Grünen.

Als Vizepräsident des Schweizer Mieterverbands ist Balthasar Glättli nach seiner Wahl zum Präsidenten der Grünen zurückgetreten – und zwar ganz bewusst. Zwar seien die politischen Ziele des Mieterverbands und der Grünen «praktisch immer» deckungsgleich. Aber, sagt Glättli: «Die Partei hat Anrecht auf einen Präsidenten, der die Parteiposition vertritt.» Und das auch im «bei Mieterverband und Grünen sehr theoretischen Fall», dass die Positionen voneinander abweichen würden.

Präsident der Deutschschweizer Sektion des Mieterverbands ist Glättli allerdings nach wie vor. Dafür bezieht Glättli 6000 Franken im Jahr. Da die Sektion politisch nicht in Erscheinung trete, hält Glättli das für problemlos.

Zum Fall Burkart sagt Glättli, die FDP müsse sich die Frage stellen, ob ihr neuer Präsident bereit wäre, die Umwelt- und Klimapolitik der Partei zu vertreten, falls diese auch künftig nicht mit den Positionen der Astag übereinstimmen sollte. Im Gegensatz zur FDP hatte die Astag das CO₂-Gesetz abgelehnt.

Jürg Grossen, Präsident der Grünliberalen

«Man muss immer wissen, welchen Hut man gerade aufhat», sagt GLP-Präsident Jürg Grossen.

Der Berner Nationalrat Jürg Grossen hat zwei massgebliche Ämter: Präsident von Swisssolar, dem Verband der Sonnenergiebranche, und Präsident von Swiss E-Mobility, dem Dachverband für die Elektromobilität. Aus dem unbezahlten Amt im Vorstand von Swisscleantech, dem Wirtschaftsverband «klimatauglicher» Firmen, ist Grossen kürzlich zurückgetreten.

Zusammengezählt erhält der GLP-Präsident für die beiden Verbandspräsidien einen Betrag von «insgesamt rund 15’000 Franken» jährlich. Das ist allerdings immer noch weit mehr als sein Parteipräsidentenlohn von 2500 Franken inklusive Spesen.

Probleme oder Interessenkonflikte sieht Grossen zwischen seinen Lobby-Ämtern und dem Parteipräsidium nicht: «Die Ziele der beiden Verbände stehen absolut im Einklang mit der Politik der Grünliberalen.» Er sieht in der Verknüpfung der Verbandsämter mit der Politik auch Vorteile. «Aber man muss immer wissen, welchen Hut man gerade aufhat.»

Gerhard Pfister, Mitte-Präsident

Mitte-Präsident Gerhard Pfister ist Präsident des Verbands der Zementindustrie und Präsident des Schweizer Casinoverbands.

Der Zuger Nationalrat erhält mit 100’000 Franken jährlich nicht nur den grössten Präsidiallohn aller Parteien. Er sitzt auch in deutlich mehr Verbandsvorständen und Verwaltungsräten als die anderen Parteipräsidenten.

Davon stehen zwar die meisten im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Inhaber einer Privatschule. Aber zwei Mandate stechen heraus: Pfister ist Präsident des Verbands der Zementindustrie und Präsident des Schweizer Casinoverbands, also der Glücksspielbranche. In beide Ämter wurde Pfister in den letzten zwölf Monaten gewählt. Wie hoch die Entschädigung für die Ämter ist, will Pfister nicht sagen.

Der Mitte-Präsident sieht keinen Grund, sich zu erklären: Die Mandate von Parteipräsidenten seien öffentlich, Präsidenten würden von Delegiertenversammlungen gewählt. Und: «Wer meint, ein Mandat vertrage sich nicht mit dem Amt des Präsidenten, oder dem Präsidenten nicht zutraut, dass er das Parteiwohl am stärksten gewichtet, soll halt einen andern Parteipräsidenten wählen – oder noch besser selbst kandidieren.»