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Abschied von Elizabeth II.
Die letzte Reise der Queen

Der Sarg mit dem Leichnam der Königin wird zunächst nach Edinburgh gebracht. Im Morgensonnenschein verliess gestern ein 7-Wagen-Konvoi Schloss Balmoral in den Highlands.
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Am Sonntag begab sich Elizabeth II. auf die erste Etappe ihrer letzten Reise. Zu Beginn dieser Woche liegt sie, in ihrem Sarg unterm königlichen Banner, in der schottischen Hauptstadt Edinburgh aufgebahrt. Im Morgensonnenschein verliess gestern ein 7-Wagen-Konvoi Schloss Balmoral in den Highlands, wo die Queen drei Tage zuvor verstorben war. In einer sechsstündigen Fahrt gelangte der Sarg nach Holyroodhouse, im Herzen Edinburghs, der offiziellen Residenz britischer Monarchen in diesem Teil der Welt.

Von dort wird die tote Monarchin am Montag in einer feierlichen und von König Charles III. angeführten Prozession zu Edinburghs St-Giles-Kathedrale geleitet, wo die Schotten Gelegenheit haben werden, von Elizabeth Abschied zu nehmen, bevor ihr Sarg am Dienstag nach London geflogen wird.
Vor den Toren Balmorals hatten sich am Sonntagmorgen Bewohner der umliegenden Ortschaften versammelt, um einen ersten Blick auf den Sarg werfen und «ihrer» Queen ein letztes Farewell entbieten zu können. Vielen von ihnen war Elizabeth vertraut aus den zahllosen Besuchen in ihrem lebenslangen Lieblingsschlösschen, den vielwöchigen Aufenthalten in ihrer geliebten Sommerfrische, ihren Highland-Touren und regelmässigen Kirchgängen dort.

Wehmütig erinnerte sich der örtliche Pfarrer David Barr an die Jahre, in denen die Queen in Balmoral schlicht «die Krone an den Nagel hängen» und abschalten konnte. Sie selbst bekannte, dass sie in den schottischen Highlands immer besonders glücklich war. Eine um Elizabeth trauernde Einheimische, die 69-jährige Elizabeth Strachan, versicherte britischen Reportern am Wochenende, die Königin sei «zum Sterben in die Highlands gekommen». Dies sei schliesslich immer ihre Heimat gewesen, erklärte sie.

Tatsächlich betrachteten es die Schotten als fast selbstverständliches Privileg, dass die Königin zuerst in Schottland aufgebahrt und ihrer zuallererst dort gedacht würde. Tausende säumten die Route des Trauerkonvois von Balmoral nach Holyroodhouse. Bei der Ankunft des Sargs in Edinburgh bekundeten vorm schottischen Parlament Regierungschefin Nicola Sturgeon und andere hohe Repräsentanten Schottlands ihren Respekt.

«Zweifellos war sie ein wichtiger Teil des Kitts, des Zements, der die Nation zusammenhielt. Das aber fehlt nun.»

Adam Tomkins, Rechtsprofessor

Elizabeths unverhohlene Sympathien für Schottland, eine Sympathie, die über die Jahre immer mehr Schotten in gleichem Masse für sie empfanden, hatte Stellung und Ansehen der Royals im britischen Norden zu Lebzeiten der Monarchin wesentlich gestärkt. Umso besorgter zeigen sich nun manche Beobachter in der Frage der weiteren Entwicklung der über 300 Jahre alten Union zwischen England und Schottland.

«Zweifellos war sie ein wichtiger Teil des Kitts, des Zements, der die Nation zusammenhielt», meint der Glasgower Rechtsprofessor und frühere konservative Abgeordnete Adam Tomkins. «Das aber fehlt nun. Ich habe das Gefühl, dass dies ein Augenblick echter Verunsicherung, grossen Risikos und potenziellen Wandels für die Union ist.»

Ein letztes Farewell: Trauernde im schottischen Banchory. 

Die Sorge, die Unionisten wie Tomkins bewegt, betrifft nicht nur die erstarkte schottische Unabhängigkeitsbewegung unter der in Schottland regierenden Schottischen Nationalpartei (SNP) Nicola Sturgeons. Gegenwärtig wartet ganz Grossbritannien auf ein Urteil des Obersten Gerichts zur Frage, ob Sturgeon im nächsten Jahr auch gegen den Willen Londons ein zweites Unabhängigkeitsreferendum abhalten darf.

Verstärkt wird die Nervosität dabei durch eine jüngste Umfrage, der zufolge nur noch 45 Prozent der Schotten für den Erhalt der Monarchie sind (während diese Zahl im gesamten Vereinigten Königreich bei etwa 60 Prozent liegt). 36 Prozent der Schotten finden laut dieser Umfrage, dass das Ende der elisabethanischen Ära der ideale Zeitpunkt zur Einführung einer republikanischen Regierungsform ist.

Eine einzigartige Bühne für Charles

Immerhin böten der Tod seiner Mutter in Schottland und ihre Aufbahrung in Edinburgh vor der Überführung nach London «dem neuen König eine einzigartige Bühne» für sein Werben um persönliche Anerkennung, meint der Aberdeener Verfassungsexperte Michael Keating. Charles selbst will sich diese Chance jedenfalls nicht entgehen lassen. Und bei Hofe denkt man schon lange weiter in diesem Punkt. Dort hat man für den König eine regelrechte Tournee durch die einzelnen Teile des Königreichs in dieser Trauerwoche geplant.

Am Dienstag wird Charles so in Nordirland erwartet, wo mittlerweile selbst manche Protestanten Zweifel am Sinn weiterer Loyalität zur Krone – also zum Verbleib bei England – haben. Und am Freitag will er im walisischen Cardiff sein, um dort Beileidsgrüsse und Glückwünsche entgegenzunehmen.