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Altbacken
Die Landsgemeinde wurde verschoben, die Chrempfli nicht

Das Blumenmuster der Chrempfli nach Vorlage eines Bildhauers.
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Noch verschupfter als sonst steht die Linde auf dem Landsgemeindeplatz: In normalen Zeiten findet die Landsgmeend in Appenzell am letzten Sonntag im April statt, aber auch hier ist nichts mehr, wie es einmal war. Der politische Anlass wurde Corona-bedingt verschoben – zum ersten Mal überhaupt. Die Linde also stand für einmal nicht im Zentrum, und das ist wörtlich zu verstehen. Dafür rückten die Landsgmeend-Chrempfli ins Rampenlicht.

Weil keine Landsgemeinde mitnichten heisst: keine Chrempfli. Das Gebäck, das seinen Namen wohl vom Wort Krapfen hat, gibt es schon seit Jahrhunderten. Früher nur saisonal, heute das ganze Jahr über in den Appenzeller Bäckereien. Denn der Teig, hauptsächlich bestehend aus Eiern, Zucker und Mehl wie bei einem Biscuit, hat keine Mühe mit der Sommerhitze. Dass die Chrempfli ein Ganzjahresrenner sind, ist unter anderem den zahlreichen Touristen zu verdanken, die normalerweise durch Appenzells Gassen strömen.

Diesen Frühling blieben sie aus, und trotzdem gingen die Chrempfli weg wie … nun ja, frische Weggli. Natürlich hat jede Bäckerei ein eigenes Rezept, in der Bäckerei-Confiserie Böhli zum Beispiel duften sie nach Haselnüssen, Eiern und Anis, wenn sie aus dem Ofen kommen. Das Rezept stamme vom Grossvater, erklärt Bäckermeister Markus Sutter, der Anis runde mit der Haselnussfüllung den Geschmack ab. Mit einem Chräbeli haben sie aber nichts gemein, wie man vielleicht meinen könnte, im Chrempfli gibt die Haselnuss den Takt vor. Und die fröhlichen Melodien, die in den Teig hineingearbeitet werden, auch heuer, trotz allem: «Die Wochen vor der Landsgemeinde sind speziell. Aus lauter Vorfreude pfeifen wir manchmal das Landsgemeindelied», sagt Markus Sutter.

Böhlis Chrempfli zieren Blumen in einem Kranz. Vor dem Backen legt man Rondellen auf ein Holzmodel, auf dem das Sujet eingeschnitzt ist, drückt sie fest, füllt sie mit Haselnussfüllung und verschliesst sie wie einen Krapfen. Danach lässt man sie ungefähr zehn Stunden stehen.

Immer vier in einem Pack: Landsgemeinde-Chrempfli.

Der Bäcker erinnert sich, dass sein Vater noch andere Modelle verwendet hat, weil man diese Formen ja auch dann und wann erneuern muss. Und zwar mithilfe des Bildhauers Guido Neff, der für Böhli die Formen schnitzt. Aus Birnholz – das ist hart, zerspringt nicht und verträgt die Reinigung nach jeder Ladung Chrempfli gut.

Früher brachten die Männer ihren Frauen und Kindern nach der Landsgemeinde «Landsgmeend Chröm» – dazu gehören Chrempfli und Leckerli – heim. Das änderte mit der Einführung des Frauenstimmrechts, heute dürfen sie alle kaufen und zum Beispiel auf dem Bänkli unter der Linde essen. Nicht nur, wenn Landsgmeend ist. Die dieses Jahr übrigens voraussichtlich im September stattfindet.